Die Suche nach den Namen und Bildern
Ab dem 15. August startet mein weltwärts-Freiwiligendienst in Accra, Ghana. Dafür steht jetzt der Endspurt an und die Erwartungen und Motivationen sind groß. Doch auf was für eine prägende Suche begebe ich mich eigentlich? Zwischen Medi-Set und Abschiedsgrüßen... Was geht jetzt eigentlich ab?
Auf der Suche nach den Namen und Bildern
Darf ich vorstellen: Me din de Kojo! Na gut, für die etwas weniger Sprachverständigen: Ich bin " der am Montag geborene". Was genau das heißt? Erst einmal wohl nicht viel, außer dass mir der Name auf Twi, der verbreitetsten Akansprache in Ghana zusteht. Ehrlich gesagt bin ich äußerst cool damit. Kojo hört sich doch ganz angenehm an. Kommt einem locker fluffig von der Zunge und sicherlich auch gut an. Nur schade, dass mein Projektleiter in Ghana mich bereits vorgewarnt hat: In Jamestown, dem Stadtteil von Accra, wo ich eingesetzt werde, wird ganz zufällig eine der anderen 46 (und mehr) Sprachen Ghanas gesprochen. Hmm also doch nich Twi.....sondern Ga. Ich bin schon auf meinen neuen Alias gespannt!
Denn so vielfältig Sprache und Namensgebung auch ist, so wenig steckt doch in der Bezeichnung "der am Montag geborene". Denn das kann Atze Meier aus Buxtehude vielleicht ebenfalls von sich behaupten. Aber bin ich nicht eben Thomas oder Samo oder wie mích Freunde und Verwandte rufen? Wie also sollte man mich nennen?
Hier ergeben sich für mich gleich mehrere Punkte, die mich veranlassen ab dem 15. August in Jamestown>Accra>Ghana für ein Jahr mit dem weltwärts-Programm des BMZ unter der Trägerschaft der lkj) Sachsen-Anhalt durchzustarten. Ich werde dort in dem Online-Radio JT Live Radio arbeiten und gleichzeitig mit Hilfe des Kulturnetzwerkes "A World in Accra" versuchen die lokale Szene um weitere Workshops, Konzerte, Musikprojekte etc. zu bereichern, um damit vor allem die jugendliche Community auf das Projekt aufmerksam zu machen, einzubinden und vor allem selbst viel vom dortigen kulturellen Kontext zu lernen.
So, das wäre der Rahmen, aber das Bild, welches ihn füllt muss erst noch gemalt werden. Ja der Blick ist voller Erwartungen nach vorne gerichtet, auch wenn den Koffer bisher nur 2 Paar Schuhe und ein Medi-Set füllt. Aber dieser Blick liegt nicht nur auf dem Neuen, Fremden, sondern auch auf mir selbst. Denn von jetzt auf gleich raus aus dem Elternhaus und dem europäischen Kontext aufzubrechen, gibt einem auf jeden die Mögichkeit sich selbst auch nochmal neu zu erfahren und den inneren Kompass wie man so schön sagt, auszurichten. Eine Aufgabe fürs Leben, die in Ga-Mashie (Old Accra) aber sicherlich erheblich Fortschritte machen wird. Mal sehen was hinter diesem Namen, der Klassifizierung, dem Kojo steckt!!
Analog lässt sich diese Überlegung auch auf Afrika ausweiten. Wenn die Leute fragen wo ich hinrocke, legen die meisten für den Bruchteil einer Sekunde den Kopf schief, wenn ich mit Accra, Ghana antworte. Aber wenn ich dann den Zusatz "Afrika" hinterherschicke, nicken die meisten kennend. Ach ja ...Afrika! Wie jetz...Achja Afrika? Das ist doch auch nur ein Name für einen ganzen Kontinent, der immerhin 3-mal so groß wie Europa ist. Ja wir kennen Afrika. Aus dem was uns in den Medien berichtet wird, also meistens nichts...und dann immer mal wieder Katastrophen. Und im Geographie-Unterricht lernen wir noch, dass der Nil der 2.-längste Fluss der Welt ist und es einen großen Artenreichtum an Flora&Fauna in diesem "Afrika" geben soll. Aber ist das die Wahrheit? Wie kann es sein dass wir "Afrika kennen" aber von den 55 Staaten beispielsweise Dschibuti oder Ruanda nie gehört haben. Auch ich fasse gerne Afrika als ein fiktives Land zusammen, was mir aber nur zeigt, wie wenig ich von der Vielfalt dieses Kontinents weiß, wie wenig Ahnung ich von den vielen unterschiedlichen Ländern und kulturellen Kontexten habe. Da steht also ein weiterer Name: Ghana. Ein weiterer Rahmen, den es mit einem Bild zu füllen gilt. Ein Bild, was sich auf Grund von Erfahrungen sicher von dem des oben genannten Atze Meiers abgrenzen wird. Aber ein Bild was hoffentlich mehr erzählt als die Aufzählung Accra>Ghana>Afrika. Deshalb schreibe ich jetzt hier wohl auch bei youthreporter. Weil ich nicht nach "Afrika" fahre um Kinderaugen feucht zu machen, sondern um mit meinen Assoziationen aufzuräumen und zu lernen, wie es für Probleme auch andere Lösungswege gibt und wie ein Projekt unter mir fremden Umständen wachsen und leben kann. Erkenntnisse, welche ich vor allem beim 2-wöchigen Vorbereitungsseminar in Halle gewonnen habe, welches mich sicher für weitere Etappen gewappnet und die Sinne für Neues geschärft hat.
Davon will ich berichten und das ist sicherlich mehr als eine Geschichte und viel mehr als ich schaffen werde hier in diesem Blog zu verschriftlichen. Ich gebe mir Mühe, aber was ihr hören werdet bin ich, Thomas>Albrecht>Kojo aus Magdeburg>Deutschland>Europa in Jamestown>Accra>Ghana>Afrika. Ick bin gespannt, was für ein buntes Bild das wird, aber es wird sicherlich der "Gefahr der einzigen Geschichte" trotzen, wie die nigerianische Schrifstellerin Chimamanda Ngozi Adichie sie nennt. Gebt euch deshalb unbedingt ihre Rede im angefügten YouTube-Link, den sie bildet sicherlich eine Grundlage und Aufgabe meines Aufenthaltes.
https://www.youtube.com/watch?v=mgs2Do88zp0
Ansonsten steigt die Vorfeude, die Namen zu suchen und die leeren Flächen zu Bildern zu modellieren, beziehungsweise die Tonspuren des Radiokanals mit den Klängen des örtlichen Lebens zu versehen. Eine große Aufgabe für einen kleinen Jungen, aber lasst uns sehen wohin es führt! Und da man am Schreibstil merkt, dass ich zum ersten Mal dieses Medium namens "Blog" verwende, nutze ich doch gleich mal die Gelegenheit, um meine Oma zu grüßen..!
Ach und an der Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass ich nicht weiß wie regelmäßig ich hier zum Scheiben kommen werde und bitte euch um Nachsicht. Ich werde auch meine Romane immer mal durch paar Videobotschaften austauschen!
Stay informed and well
Grüße aus dem Reisekoffer
Thomas Kojo