Der Torwächter
Melchior will am Wochenende ein Kinderheim besuchen. Doch am Eingang wird er von einem Wächter abgehalten. Und auch die Kinder, die ihm entgegenkommen, können daran nichts ändern.
Ein Sonntag im November.
Wir stehen vor dem roten Tor.
Der uniformierte Mann sitzt in seinem Wachhäuschen.
Sein Blick verrät die Unlust ins kalte Trübe zu treten.
Die Frage wer wir sind und was wir wollen stellt er
mit einem kurzen einmaligen Nicken.
Wir, mächtig des nonverbalen Verständnisses,
antworten mit gebrochenem Bulgarisch.
Nach seinem abwendenden Blick zu urteilen,
macht uns das nicht sympathischer.
Der Wächter des Heimes für elternlose Kinder.
Er teilt uns mit, die Direktorin ist am Wochenende nicht hier,
wir können nicht hinein.
Lautlos versickern die Worte in der Luft,
wir waren letzten Sonntag hier.
Er hält uns am Arm.
Wir, mit dem Wille diese Entscheidung zu wandeln,
stellen unseren Körper schwer und unbeweglich.
In diesem Moment rennen die uns vertrauten Kinder
auf den brüchigen Steinboden des Geländes.
Hellhohe "Strasti Patko" Rufe dringen zu uns vor
und rennen auf uns zu.
Der Herrscher des Tores ist schnell,
er breitet seine Arme zu einer Schranke aus
und drängt die Kinder zurück.
Lachen weicht vertrauter Enttäuschung.
Zwiegespalten mit hochköchelnder Aggression
gegenüber des Mächtigen,
wagen wir noch einen Versuch
und begrüßen die Kinder.
Die Reaktion beendet die Hoffnungen.
Mit kraftvollen Händen zieht er uns nach draußen,
schuppst uns auf die Straße und verschließt das Tor.
Zu lesen ist ein rätselhafter Ausdruck in Kinderaugen.
Der Torwächter wendet uns den Rücken zu.
Wir strecken ihm die Zunge raus und schneiden ihm Grimassen.
Lautes Kinderlachen erfrischt die Novemberluft.
Zu schnell wird dieses Lachen
durch einen lauten tiefen Schrei erstickt.
Jetzt hören wir hallend dumpfe Kinderschuhe,
rennend auf dem Asphalt.
Stille.
Die unumgänglich dicke Blasenwelt
abgehackter Farbfragmente schweigt.
Und ein Mann sitzt zufrieden in seinem Häuschen.
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