Der sechste Monat - erleuchtet, hell, verdrießlich
Der etwas andere Monat Februar.
Bonjour mes amis,
Etwas verspätet wage ich nun den zweiten Versuch euch über meine Erlebnisse im Monat Februar zu berichten.
Nach meinem euphorischen und motivierten Hoch im Januar, kam erstmal ein kleines Tief im Februar. Es fing damit an, dass ich mich Anfang Februar erkältet hatte. Das war jetzt nicht weiter schlimm, aber wenn man das erste Mal weit weg von zu Hause krank ist, ist das schon eine Umstellung. Außerdem hat es auch nicht wirklich zur Entspannung beigetragen, zu Hause zu bleiben, weil dort der Hausmeister und die anderen Mitbewohner mal wieder ziemlich laut waren.
(Fun Fact: Als ich den letzten Blogpost geschrieben habe, war ich schon krank. Und jetzt auch wieder.) Dazu war ich von der gesamten Wohnsituation mit nicht vorhandener Privatsphäre etc. sehr genervt und hatte ein paar schlechte Tage an der Arbeit.
Zudem fiel dann eines Morgens auch noch meine Brille auseinander. Nachdem ich den ganzen Abend desselben Tages auf der Suche nach einem Optiker, der meine Brille reparieren kann, durch die Stadt gelaufen war, wurde ich nicht fündig. Zum Glück war der letzte Optiker aber so nett, mich an die Konkurrenz weiterzumpfehlen, wo ich dann auch am nächsten Tag hinfuhr (45 Minuten mit dem Bus). Dort konnte dann endlich das richtige Ersatzteil eingesetzt werden. Und es hat nicht einmal was gekostet. Aber genervt.
Trotz allem waren meine Wochenenden sehr schön und ich habe weitere positive Erfahrungen gemacht.
Am Freitagabend des ersten Februarwochenendes waren Klara und ich mit einigen netten Mitbewohnerinnen Tacos essen und danach noch in einer Bar. Es war lecker und außerdem ein sehr netter Abend. Am darauffolgenden Tag hatten wir viel vor. Zuerst sind wir nach Gent gefahren und haben uns dort mit Mathilde, Marlene und Cristella vom Seminar getroffen. Gemeinsam haben wir uns noch einmal die Stadt angeschaut und trotz Regen einen schönen Shopping-Nachmittag verbracht.
Abends sind wir dann nach Brüssel zu Joana gefahren, die einen marokkanischen Abend bei sich (in ihrer Aufnahmeorganisation) auf die Beine gestellt hatte. Es gab sehr viel gratis Couscous für alle und wir hatten gute Gesellschaft. Über 70 unterschiedlichste bekannte und unbekannte Menschen sind gekommen, um das lange vorbereitet Essen zu genießen. Es war auch sehr lecker, aber nicht ganz so gut, wie bei meiner Familie. Zu Trinken gab es marrokanischen Minztee, der wirklich exquisit war und später konnten wir echte marrokanische Süßigkeiten essen. Extrem lecker!!!
Das Highlight des Abends war dann ein Überraschungsgast: Die Bauchtänzerin. Diese sehr talentierte Frau hat uns gratis vorgetanzt und es war wirklich klasse. Es muss sehr schwer sein, zu lernen so aus dem Bauch heraus zu tanzen, wenn man das nicht gewöhnt ist.
Am Wochenende darauf war, wie ihr alle wisst, Fasching/Karneval. Dazu müsste man zuerst einmal sagen, dass das hier ganz anders gefeiert wird als bei uns: Nämlich wesentlich weniger.
Nachdem was ich mitbekommen habe, gehen die meisten Eltern nicht mit ihren Kindern auf den Faschingszug und die meisten Bewohner haben in ihrer Jugend nie Karneval gefeiert oder sich verkleidet. Das finde ich irgendwie schade. In den meisten Städten (z.B. Namur) findet überhaupt kein Umzug statt. Allerdings gibt es einzelne Faschingsparties bei denen sich dann glaube ich auch verkleidet und normal gefeiert wird.
Wir sind am Faschingssonntag nach Binche gefahren und haben uns dort mit anderen Freunden vom Seminar getroffen, um uns den Umzug anzusehen. Binche ist eine der Städte in Belgien, wo am meisten Karneval gefeiert wird. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Als wir ankamen waren in der ganzen Stadt bereits Konfetti verteilt und alles war voll mit extra für den Karneval angereisten Touristen.
Während wir auf den Umzug gewartet haben, haben wir die Gelegenheit genutzt und uns schonmal das Städtchen angesehen. Es ist ganz niedlich mit einem großen Platz mit vielen historischen Gebäuden am Ende einer (für uns an diesem Tag interessanteren) langen Straße mit Kneipen und Bars.
Als der Zug dann losging, war es für Klara und mich erstmal ein wenig verwirrend, weil das hier ganz anders von statten geht, als wir es bisher kannten. Der Zug bestand aus lauter kleinen aufeinander abgestimmt verkleideten Fußgruppen. Manche von ihnen hatten auch Musikinstrumente und haben Marschmusik gespielt. Das war uns nicht fremd. Allerdings waren es auschließlich Fußgruppen und die Marschmusik hatte immer dieselbe Melodie. Zudem war alles ein wenig chaotisch, die Fußgruppen hatten keine bestimmte Ordnung und sind teilweise zurück gelaufen, da sie beim "tanzen" immer wieder die Richtung gewechselt haben. Das hat dann den ganzen Zug enorm verlangsamt.
Außerdem haben die Zuschauer, Konfetti auf die Menschen im Zug geworfen und man konnte auch selbst im Zug mitlaufen, wenn man wollte. Das haben wir dann auch zeitweise gemacht, aber dadurch sieht man dann eben nur eine Fußgruppe und deshalb haben wir uns dann später an die Seite gestellt.
Hinzu kommt auch, dass jedes Dorf an einem anderen Datum Karneval feiert. Es gibt also viele kleine Dörfer, wo auch mit Zug etc. gefeiert wird, das Datum ist aber für jedes Dorf unterschiedlich. Mancherorts wurde zum Bespiel erst dieses Wochenende Karneval gefeiert.
Da es sehr kalt war, sind wir dann danach Pommes essen gegangen. Das war wie immer lecker, aber es ist hier sehr schwierig eine Sauce auszusuchen, da es in jeder Pommesbude mindestens 20 Saucen gibt, wovon ich immer mindestens 10 nicht kenne.
Übrigens sind die meisten Leute hier an Karneval auch nicht verkleidet. Selbst in Binche. Ich allerdings war natürlich verkleidet undzwar mit einer pinken Federboa, pinkem Haarspray und einer rosa-roten Sonnenbrille (durch die wirklich alles schöner aussieht). Dafür bekam ich auch einige Komplimente. Bei uns wäre das ja noch ein kleines Kostüm, aber für Belgien war das schon viel.
Dasselbe Kostüm hatte ich dann auch am Faschingsdienstag an der Arbeit an. Das komplette Animationsteam hat sich nämlich verkleidet. Den Bewohnern hat das sehr gut gefallen und viele haben sich sehr gefreut und deutlich mehr gelacht als sonst. Das war auch für mich ein abwechslungsreicher und schöner Tag.
Aber jetzt genug vom Karneval. Es gab ja auch noch andere Beschäftigungen. Zum Beispiel haben wir am Wochenende danach mit den anderen Freiwilligen, die bei uns im Haus wohnen eine Tour in den unterirdischen Gängen der Zitadelle gemacht. Es war wirklich interessant auch mal ein paar Hintergrundinformationen und Jahreszahlen zu dem Ort zu bekommen, wo man schon so oft war (freiwillig oder nicht). Keine Angst, die Tunnel der Zitadelle waren sehr gut beleuchtet und der Guide hat die Führung vorallem mit Hilfe von Lichtprojektionen an die Wand gemacht. Diese neue Technik war sehr anschaulich und wirkungsvoll.
Übrigens war ausnahmsweise tatsächlich mehrere Wochen lang gutes Wetter. Die Sonne hat geschienen, der Himmel war blau und das aller Wichtigste: Es hat nicht geregnet! Das kommt einem Wunder gleich. Bei dem schönen Wetter sind wir dann noch ein bisschen durch die Stadt und auf der Zitadelle rumgelaufen und haben die Sonne genossen.
Am Abend wurde dann beschlossen noch in eine Bar zu gehen. Das war sehr unterhaltsam, weil wir nicht wussten, dass dort an diesem Abend ein Disney Lieder Abend war und ausschließlich Disney Songs gespielt wurden. Natürlich auf französisch. Einerseits war das wirklich cool, weil die Musik gut war und sich viele Leute als Disney Figuren verkleidet haben und wesentlich enthusiastischer und lauter mitgesungen haben als normalerweise. Andererseits konnten wir die Lieder auf französisch natürlich nicht mitsingen, da wir den Text nicht kannten und die anderen Gäste partout keine Disney Lieder auf englisch hören wollten. Naja es war trotzdem lustig.
Am nächsten Tag (immer noch schönes Wetter) war der Tag des "Grand Feu". Das ist ein großes Feuer, was veranstaltet wird, um den Winter zu verabschieden. Ironischerweise wurde es aber erst danach so richtig kalt.
Wir hatten darüber gelesen und wollten uns das Spektakel mal ansehen. Also haben wir uns an einem sonnigen Sonntagabend an den Anstieg eines kleinen Berges gemacht und an der Veranstaltung teilgenommen. Der Scheiterhaufen selbst war riesig (14m hoch) und es gab viele kleine Stände in der Straße, die daran vorbeiführte. Dort wurde unter anderem Glühwein verkauft. Das Event wurde von mehreren Vereinen, Marschkapellen und sogar einem Radiosender begleitet. Der hat aber eher gestört und unnötige, zusätzliche Musik im Hintergrund abgespielt.
Wir hatten uns eher eine kleinere Veranstaltung erwartet, wurden dann aber von einem Großerignis überrascht. Die Zeremonie lief folgendermaßen ab:
Die verschiedenen Marschkapellen laufen gemeinsam zum Scheiterhaufen und spielen dabei Musik. Wenn sie ankommen wird ein Lied gespielt und der Veranstaltungsleiter hält eine Rede. Anschließend sieht man dabei zu, wie alle anderen 6 Feuer in der Umgebung angezündet werden und schaut, ob man sie sehen kann. Dafür wird jedesmal ein Signal gegeben und der Schützenverein feuert Salutschüsse ab. Die Mitglieder der Kapellen spielen dazu Musik und tragen Fackeln. Wer alle 7 Feuer gesehen hat, wird das ganze Jahr lang von Hexen vor jeglichem Unglück beschützt.
Wenn es dann endlich soweit ist und das Grand Feu de Bouge angezündet werden soll, ist man schon relativ durchgefroren, aber gespannt. Auf die Spitze des Scheiterhaufens wird dann ein Schneemann aus Pappe gestellt, der symbolisch für den Winter steht und verbrannt wird. Nachdem das Feuer feierlich angezündet worden ist, gibt es ein großes Feuerwerk. Danach spielt die sehr lustig angezogene Kapelle weiter und man kann dem Schneemann beim Feuer fangen zusehen.
Ein so großes Feuer ist wirklich sehr schön und angsteinflößend zugleich.
Am letzten Februarwochenende habe ich mir auch wieder ein Lichtspektakel angesehen. Aber diesmal ein ganz anderes. Ich war nämlich mit Laurianne und Hélène beim Brussels Light Festival.
Wieder eine atemberaubende Erfahrung. Auf einer Route von mehreren Stationen überall im Stadtzentrum konnte man sich die verschiedenen Lichtinstallationen angucken und sich von etwas Helligkeit im Dunkel des Winters verzaubern lassen. Die Installationen und Projektionen waren wirklich einzigartig und wunderschön. Es war zwar etwas überfüllt und der Weg war trotz rot beleuchteter Straßenlaternen teilweise schwer zu finden und schlecht aufgezeichnet, aber es hat sich wirklich gelohnt und war sehr schön anzusehen. Später am Abend waren wir dann noch tanzen und haben unser Wochenende genossen.
In manchen Momenten erinnere ich mich an den Anfang meiner Zeit hier in Namur zurück und stelle fest, wie viel sich doch verändert hat. Das kommt mir wie ein anderes Leben sehr weit entfernt vor. Jeden Tag erlebe ich hier neue, wundervolle Herausforderungen und reise viel. Ich merke, wie ich wachse und langsam meinen Weg und meine Bestimmung finde. Es macht wirklich Spaß die immer weiter fortschreitende positive Entwicklung von Tag zu Tag zu sehen. Ich werde gelassener, stärker, bestimmter und eigenständiger. Das ist ein tolles Gefühl.
Nun sind wir auch "schon" am Ende dieses Blogeintrages angelangt. Immer wenn ich anfange den Blog zu schreiben, denke ich es sei doch gar nicht so viel und dann fallen mir zwischendrin immer wieder 1001 Begebenheiten ein. Ich hoffe es hat euch trotzdem Spaß gemacht den Blog dieses Monats zu lesen, auch wenn er wie immer zu lang ist.
Bis zum nächsten Mal!
Eure Leila
P.S. : Ich hoffe, dann ist endlich Frühling!