Der Rattenfänger von Zwolle
Es kam der große Tag der Präsentation, in welcher wir den Menschen vom Kloster zeigen sollten, was wir bisher lernten. Am Abend vor der Präsentation war aber noch große Aufregung! Und es gab den ersten Sehnsüchtigen Blick zurück nach Berlin…
Am Montag hatten wir unsere letzte niederländisch Stunde mit Joke. Am Ende eigentlich wollten wir in der letzten Stunde unsere Präsentation üben. Die Präsentation soll allen möglichen Menschen aus dem Kloster (Brüder, Schatzmeister, Putzfrauen,…) zeigen, was wir bisher an niederländisch können. Ich habe den Fehler gemacht und darauf vertraut, dass der Rest der WG sich Gedanken machen wird, während ich auf dem On-Arrival Seminar bin. Da das nicht der Fall war, saßen wir mit leeren Händen in der letzten Gruppen-Stunde.
Da Joke meinte, es sei besser die Präsentation schon am Montag fertig zustellen und nicht erst Dienstagabend um 21 Uhr, wollten wir alle zusammen produktiv sein.
Das alle beschränkte sich auf Mara, Timi und mich. Das Produktiv-sein beschränkte sich auf sechs Stichpunkte.
Und schon fing der Dienstag an. Schon lange arbeitete Bastiaan in Unterzahl. Denn eigentlich war die Stelle, in der er arbeitete, für zwei Personen ausgeschrieben. Aber ein Ende war in Sicht. Das Ende war dieser Dienstag. Wir lernten unseren neuen Tutor kennen. Nelleke ist ihr Name, irgendwo in den Dreißigern und lebt mit ihrer Frau in Amersfort (oder was anderes mit AM im Namen). Sie ist supernett und hat sofort mit uns rumgealbert. Wir haben also die üblichen Vorstell-Spielchen gespielt und das war auch schon der Vormittag und der Mittag von Dienstag. Nachmittags wollten wir dann seriös an unserer Präsentation arbeiten. Also sagten wir „Um 14 Uhr alle im Wohnzimmer treffen“.
Alle. Dieses Wort ist eigentlich ziemlich stark für seine Größe. Es beinhaltet jeden von uns. Wenn jemand sagt „alle“, dann sind es nicht nur Torben und Kevin. Nein, auch der Alexander ist gemeint. Jeder sollte sich angesprochen fühlen. Darum ist es eigentlich schade, dass dieses Wort so kurz ist. Im Englischen ist es sogar noch kürzer.
Vielleicht ist das der Grund warum alle im Dienstag um 14Uhr nur Timi und ich waren. Aber wir machten das beste draus, denn der Rest hat gesagt „macht was ihr wollt Hauptsache, ich muss nicht soviel tun“. Ein Plan wurde erstellt, der wasserdicht war wie eine Aldi-Tüte. Wir planten ein Drama welches Witz hatte, das Publikum mit einbezog und einfach war.
Als wir abends beim Abendbrot darüber redeten, wie und was wir Präsentieren werden, wurde der Plan abgelehnt. Eine Diskussion begann und endete damit, dass wir im Wasdom waren und Ideen probierten. Am Ende einigten wir uns auf etwas sehr simples, aber funktionierte. Wir haben genau das getan, wovon Joke uns abgeraten hatte. Die Präsentation am Dienstag um 21 Uhr fertigstellen.
Nach all der Aufregung wollte ich ins Bett gehen. Während ich im Bad meine Zahnbürste griff und darüber nachdachte, ob ich noch diese Woche neue Zahnpasta kaufen muss oder erst nächste (als Ergebnis kam raus, dass die Zahnpasta wahrscheinlich am Sonntag alle sein wird und ich deswegen unbedingt noch diese Woche welche kaufen muss), hörte ich sonderbare Geräusche in der Badewanne.
Ich drehte mich um. Schritt zur Badewanne. Beugte mich darüber. Und sah eine Maus! Die Maus war in die Badewanne gefallen und kam nicht mehr raus. Ich rannte also in die Küche holte einen Besen um die Maus in der Wanne im Schach zu halten. Nachdem auf mein Rufen keiner reagierte, schrieb ich mit der freien Hand Mara, dass sie und der Rest nach Unten kommen sollen. Nach einer zwei Minuten Debatte, warum vier Personen nach Unten kommen sollen und nicht einfach die Person die alleine ist nach Oben kommen kann. Überzeugte sie eine Sprachnotiz, in welcher man mich, kämpfend mit dem Ungeheuer, sagen hören kann, dass ich eine verdammte Maus hier habe und diese wohl kaum freiwillig mit mir hochkommen wird, um sich dort vor den Augen der Anderen fangen zu lassen. (Die Wortwahl war vielleicht nicht dieselbe, aber der Inhalt war es)
Also kam Kris und wir fingen die Maus mithilfe einer Einkaufstasche die Bestie. Die Maus war gefangen. Nun galt es zu Überlegen, was wir mit der Maus tun. Es gab am Ende zwei Optionen: 1. Entweder fünf Kilometer weit fahren und die Maus aussetzen (ethisch einwandfrei). 2. Oder Maus töten (ethisch grenzwertig).
Da Kris und ich die ausführenden Personen waren, konnten wir entscheiden, wie wir uns um die Maus kümmern. Wir gingen in den fünf Meter entfernten Klostergarten. Wenigstens starb die Maus an einem Gott erfüllten Platz….
Mittwoch war der große Tag. Unsere Presentatie war für 10:30 Uhr angekündigt. Doch vorher musste ich als einziger noch arbeiten. Beim Kaffee im Kloster mit ein paar der anderen Angestellten vom Kloster, hörte ich deren Erwartungen. Deren Erwartung für unsere Präsentation und unsere Präsentation waren eher wie Köpenick und Friedrichshain. Das eine mehr Eskalation und das andere ruhig und beschaulich.
Die Präsentation war am Ende, okay. Wir haben eine niederländisch Stunde nachgestellt und dat was het! Danach noch mit den Leuten reden und dann aufräumen.
Eigentlich hätte ich dann um halb 12 Uhr Feierabend gehabt. Leider habe ich am Vortag Bastiaan versprochen für ihn was zu kopieren. So viel kann das ja nicht sein, dachte ich…
Ich weiß nun wie man schnell, effektiv, möglichst umweltschonend große mengen an Papier kopiert. Ich sollte nämlich die Bücher für unseren neuen niederländisch Stunden, die wir nun bei Paula haben, kopieren. Drei Bücher mit ungefähr 150-200 Seiten jeweils. Ich habe mir irgendwann Mara ins Boot geholt. Ich habe ihr gesagt, dass ich im Kopierraum bin. Hätte ich ihr vorher gesagt wie viel ich kopieren muss, wäre sie wahrscheinlich nicht gekommen.
Nach fast zwei Stunden waren wir fertig und sind zu Bastiaan ins Büro gegangen. Es war cool mit ihm in einem anderen Rahmen zu quatschen. Ebenfalls habe ich Ansatzweise meinen Urlaub geplant!
Abends war ich noch beim Badminton. Das war echt gut. Zuerst eine Stunde Training und dann haben wir anderthalb Stunden irgendein Spiel gespielt, wo man immer im Doppel spielt , dann Teams mischt und ….ich habe das System nicht verstanden. Es war aber sehr gut um mal ein paar Leute kennen zu lernen. Ich bin zwar der Jüngste aber das ist okay für mich.
Bisher habe ich noch nichts vermisst von zu Hause was man seriös nennen kann. Es waren nur Dinge, wie zum Beispiel verschiedene Paare Schuhe zu haben, sich nicht selbst um die Wäsche zu kümmern, Club Mate oder Döner. Doch letzten Sonntag hat in Mötzow die TEN SING Ostwerkstatt 2015 begonnen. Ein Seminar von TEN SINGern für TEN SINGer. Die letzten beide Jahre war ich dort für Medienquatsch zu ständig und diese Jahr habe ich ein wenig geholfen. Ein wenig…Es ist verrückt zwar vieles mitzubekommen, aber auch wiederum gar nichts. So sehe ich zum Beispiel immer die ganzen Dropbox Änderungen und auch den einen oder anderen Facebookpost, aber das war es auch schon. Das ist der erste schmerzende Abstrich den wegen meines Auslandsjahres machen muss. Ein anderer ist vielleicht, dass ich auch für ein anderes komplett neues TEN SING Seminar angefragt wurde, im März. Da kann ich auch nicht.
Aber allein für die Sachen die ich bisher gelernt habe, für meine Erlebnisse und die Leute die ich traf, nehme ich das gerne ich kauf!
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