Das Altern - Angst oder Vorfreude?

Manchmal hat man das Gefühl, dass viele Leute auf ihre Pension warten. Sie zählen, wie viele Jahre sie noch arbeiten müssen, bis sie endlich in die Rente kommen.
Wie ein über 80-jähriger Mann es in meiner Freiwilligenstelle einmal formulierte: Ich habe seit über 20 Jahren Urlaub.
Genau so, erscheint uns die Pensionierung: Urlaub. Keine Arbeit. Unendliche Freizeit. Endlich kann man alles machen, was man schon lange machen wollte.
So ähnlich stelle auch ich mir die Zeit nach dem langen Arbeitsleben vor.

Doch ist einem wirklich bewusst, was es heißt alt zu sein? Ist einem bewusst, dass man Dinge, die man sein Leben lang ohne Probleme und mit Leichtigkeit machen konnte, dann vielleicht nicht mehr alleine oder nur sehr schwer machen kann? Man denkt oft, ja dann kann ich nicht mehr so gut laufen, aber das geht schon noch. Naja, aber was ist mit dem Hören, wenn man plötzlich nicht mehr gut hört. Fernsehen? Auf dem lautesten Level? Unterhaltungen mit anderen Leuten, wo man alle 5 Sekunden nachfragen muss, was der andere erzählt, weil man es so schlecht versteht? Lesen? Wenn plötzlich die Augen immer schlechter werden? Die Tür absperren, wenn man das Schlüsselloch nicht findet und nicht mehr so viel Feingefühl hat, den Schlüssel hineinzustecken? Den Müll ausleeren, wenn man nicht mehr so viel tragen kann? Einkaufen gehen, wenn die Taschen zu schwer sind?

Ja, das weiß man alles, aber sind wir uns bewusst, dass es wirklich so kommen wird oder mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit kommen kann? Durch meine Arbeit hier ist mir klar geworden, was es heißt, alt zu werden. Wenn man alt ist, merkt man jeden Tag, dass man noch älter wird. Man weiß, wie leicht einem alles früher ging, und jetzt nicht mehr. Wie soll man das akzeptieren? Kann man es akzeptieren?
Wir werden wahrscheinlich schneller mit dem Älterwerden konfrontiert, als uns lieb ist. Vielleicht sollten wir uns freuen, wenn wir einmal 40 sind, dass wir noch so jung sind und alle Sachen mit Leichtigkeit erledigen können.