Dankbarkeit
Warum Dankbarkeit so wichtig ist und was besonders meine letzten Wochen damit zu tun haben. Was Polarlichter und eine Gruppe junger Menschen für mich bedeuten und warum ein Gespräch um Mitternacht mich so dankbar sein lässt.
In unserer heutigen schnelllebigen Zeit, in der es um Konsum und das Immer-schneller-und-immer-weiter-kommen geht, vergessen wir manchmal wirklich zu atmen. Einen Moment inne zu halten, die Luft zu spüren, die in unsere Lungen strömt, und für das dankbar zu sein, was wir in diesem Augenblick haben. Oft sehen wir nur diejenigen Sachen, die uns zu fehlen scheinen, anstatt all der Dinge, die uns im Alltag umgeben, die uns Leben lassen, die wir wir jedoch viel zu oft als selbstverständlich nehmen. Wenn wir morgens den Wasserhahn aufdrehen, fließt innerhalb von Millisekunden sauberes Trinkwasser. Wenn wir etwas essen wollen, müssen wir nur die kurze Strecke zum nächsten Supermarkt gehen und haben dort eine riesige Auswahl. Wenn uns im Winter kalt ist, brauchen wir nur die Heizung anzustellen. Im letzten Monat habe ich gelernt, dass es im Alltag einen großen Unterschied macht, wenn wir dazu im Kleinen unsere Einstellung, unser Verhalten ändern, dankbarer für alles sind und mit einer positiven Einstellung durchs Leben gehen.
Tatsächlich ist mein letzter Blogeintrag mittlerweile eine geraume Zeit her und seitdem habe ich viel erlebt, für das ich sehr dankbar bin. Neben Netflix hat mich nämlich auch mein Terminkalender etwas vom Schreiben abgehalten: außer einer Sache pro Woche stand zum Teil gar nichts darin. Natürlich könnte man jetzt meinen, dass ich doch also sehr viel Zeit gehabt haben müsste kreativ zu sein. Wenn in Großbuchstaben aber „Reise nach Kirunabisko“ (eigentlich Kiruna und Absiko in Lappland, aber Marylou hatte die Idee einfach alles ein ein Wort zu packen), „Stockholm und Åmål mit Family“, „Biathlon-WM mit Alex“, „Årsmöte GU Väst” und „Mid-Term Training“ die Seiten füllen, dann scheinen auch vier oder fünf Wochen nicht genug Stunden zu haben. Trotzdem habe ich mir aber die Zeit genommen, auch die kleinen Dinge zu genießen.
First of all: Auch wenn man in einem Nachtzug hoch in den Norden „nur“ einen normalen Sitzplatz und kein Bett gebucht hat, ist dem definitiv viel Gutes abzugewinnen. Schon alleine der Gedanke, überhaupt die Möglichkeit zu haben, nach Lappland zu fahren und beim Aufwachen tausend Kilometer weit entfernt vom Startpunkt in eine verschneite Landschaft zu gucken, zaubert mir ein Lächeln auf das Gesicht. Es ist trocken, es ist warm und eine Nacht mit etwas weniger Schlaf ist mit 19 Jahren auch kein Problem.
In Absiko hatten Marylou, Jonas und ich das Glück auf unserer Seite und konnten bei wolkenfreiem Himmel die Polarlichter sehen. Die Fotos sind zwar im Endeffekt besser geworden als das, was wir mit bloßem Auge wirklich sehen konnte und wahrscheinlich stellen sich die meisten die Nordlichter auch spektakulärer vor, aber trotzdem hat es etwas von Zauberei dort oben den sich immer wieder ändernden Formen zuzuschauen. Auch wenn ich weiß, wie dieses Naturschauspiel rein physikalisch zu begründen ist, verliert es für mich dadurch keine Spur seiner Magie. Im Gegenteil. Zu wissen, was in den Atomen abläuft, öffnet mir nur noch mehr die Augen, wie phantastisch die Natur und diese Welt eigentlich ist. Gleichzeitig lässt es mich aber auch fast verzweifeln, weil ich jeden Tag sehe, wie wir mit diesem Geschenk umgehen, wie wir ohne Rücksicht Lebensraum zerstören, unseren Müll überall verteilen, sodass herumliegende Plastiktüten und Zigarettenstummel zum Straßenbild gehören, und bewusst immer günstigere Produkte kaufen wollen ohne an die Folgen für die Umwelt und unsere Mitmenschen zu denken.
Von Abisko aus ging es für mich direkt weiter nach Stockholm, wo ich mich mit meinen Eltern und zwei von meinen Geschwistern getroffen habe. Oft bemerkt man erst, was einem fehlt, wenn man es nicht mehr hat und so ging es auch mir, als nach einigen gemeinsamen Tagen in Åmål wieder der Abschied anstand.
Während meine Familie also auf dem Weg nach Hause war, hieß es für mich ebenfalls Richtung Süden aufzubrechen. Meine Endhaltestelle hieß Halmstad in Skåne, wo das Wochenende über die Jahresversammlung der Grön Ungdom Väst stattfand. Neben interessanten Workshops waren es einmal mehr die Leute, die das ganze zu einer besonderen Erfahrung gemacht haben. Die Energie, die von einer Gruppe motivierter junger Menschen ausgeht, ist immer wieder berauschend und ein Teil davon sein zu dürfen, für mich ein großer Grund dankbar zu sein! Besonders in Erinnerung bleiben wird mir dabei wahrscheinlich ein ganz bestimmtes Gespräch, von denen es nebenbei bemerkt an diesen beiden Tagen eine Menge gab. Eigentlich hatten Anton, mit dem ich mir einen der Bungalows teilte, und ich vor, nur noch schnell unsere Betten zu beziehen, bevor wir den Abend oder besser gesagt die Nacht mit den anderen zusammen würdig ausklingen lassen wollten (was genau damit gemeint ist, könnt ihr euch selber ausmalen). Am Ende standen wir dann eine halbe Stunde später immer noch in unserer Küche und unterhielten uns über deutsche Geschichte. In solchen Momenten, in denen man einfach dieses „Wir“ und die Verbundenheit besonders unter jungen Europäern spürt, die gemeinsame Geschichte und das Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung den zukünftigen Generationen gegenüber, in solchen Momenten verspüre ich immer eine unfassbar große Dankbarkeit. Dankbarkeit, all diese Möglichkeiten zu bekommen, die Europa und die EU bieten, Dankbarkeit, in einem solchen Verständnis für die Vergangenheit und damit auch die Zukunft erzogen worden zu sein, Dankbarkeit, im Hier und Jetzt zu leben und all diese inspirierenden Menschen treffen zu können.
Letzteres trifft voll und ganz auch auf mein Mid-Term Training zu, von dem ich gerade wieder nach Hause fahre. Bei 12 Nationalitäten macht es schlussendlich keinen Unterschied woher man kommt, denn alle bringen eine solche positive Einstellung mit, dass ich jetzt voller Motivation in die kommenden fünf Monate starte. Ich habe über die unterschiedlichsten Freiwilligenprojekte hier in Schweden gehört, über viele gleiche Erfahrungen und Ängste, darüber sich selbst zu suchen und dabei auch andere zu finden.
Last but not least hatte ich die Möglichkeit mit meiner besten Freundin zur Biathlon-WM nach Östersund zu fahren. Übernachtet haben wir dort bei Freiwilligen, die ich vorher bei einem Networkmeeting kennengelernt hatte. Bei Wind und Schnee freut man sich selbst über die kleinsten Wärmepads (dank Alex hatten wir immer welche dabei) und nach 10 km Langlauf ist es einfach schön die Beine hochlegen und entspannen zu können. Also nicht immer das Negative sehen, sondern die schönen Dinge mehr schätzen!
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