Bombones de gaso
Die Geschichte mit den Gasflaschen, ein Kompliment von Bauarbeiter Julio und der erste Muskelkater vom Pilateskurs.
Heute ist zwar Feiertag in Deutschland, aber ich muss leider doch aufstehen. Das duschen spar ich mir, schon beim Haare waschen zieht es mir die Kopfhaut zusammen. Na und, dann nehme ich halt ein bisschen mehr Deo. Laetitia ist da ganz hart: die Verrückte duscht halt echt und kann hinterher sogar noch lachen. Aber zum Glück werden wir heute wieder Gas und somit warmes Wasser bekommen. Vorm Gehen wuchten wir eine silberne und zwei orangene Gasflaschen auf den Gehweg. Dafür, dass die leer sein sollen, wiegen die ganz schön viel. In der Küche ist auch noch eine leere, aber wir trauen uns nicht so ganz da rum zu probieren, wie man das Kabel abkriegt. Also gehen wir erst mal ins Telecentro, um José Luis zu fragen. Der meint cool, jetzt ihr bleibt ihr mal hier und zwischen elf und zwölf kommt der Gas-LKW, dann geht ihr in der Zeit in die Wohnung und passt auf, wann der vorbeifährt. Später will er uns zeigen, wie man die Gasflaschen wechselt, das ist ganz einfach. Um kurz vor elf laufen wir Richtung Wohnung und trauen unseren Augen kaum: die silberne Gasflasche ist weg! Na super, wie sollen wir denn das erklären? Vielleicht war die dann doch nicht ganz leer. Mist. Damit wir den LKW auch ja nicht verpassen, setzen wir uns auf die Stufen vorm Haus, holen sogar eine Decke, weil’s nach 10 Minuten ein bisschen kalt am Po wird. Da sitzen wir nun fast eine Stunde, gucken einem offenbar herrenlosen Hund zu und hoffen bei jedem lauten Motorengeräusch, dass es endlich der besagte LKW ist. Nada. Irgendwann kommt mal einer der Bauarbeiter mit seinem Bagger angefahren, es ist der, welcher immer am freundlichsten grüßt. Er kommt zu uns her und quatscht in einem Kauderwelsch, sodass ich grad noch so verstehe, dass der LKW schon um 10 vorbeigekommen ist. Das kann auch nur uns passieren. Dann sagt er, dass ich sehr schöne blaue Augen hätte. Jaja, das ist in Spanien eine Seltenheit. So kommt raus, dass ich aus Deutschland bin und dann stellen wir uns vor. Julio, so heißt unser neuer Bekannter, findet auch meinen Namen schön. Ja wunderbar, aber jetzt müssen wir wieder ins Telecentro und José Luis erklären, dass wir eine Flasche weniger und immer noch kein Gas haben. Erwartungsgemäß ist er auch nicht so erfreut. Dann müssen wir an die Tankstelle fahren zum Gas kaufen. Und nächste Woche sollen wir auf den Laster mit den silbernen Fässern warten und uns nicht aus dem Haus bewegen, bis der da war. Um halb zwei laden wir die orangenen Fässchen in den Kofferraum und düsen Richtung Repsol-Tankstelle. Alte ausladen, neue einladen, bezahlen, fertig. Die vollen „Bombones“ sind dann auch so schwer, dass Laetitia und ich zu zweit eine tragen müssen. Neue anschließen, die anderen auf den Balkon stellen und jaa, wir haben wieder warmes Wasser! Ich freue mich jetzt schon auf die heiße Dusche. Zum Mittagessen wollen wir uns ein hartes Ei für das Sandwich machen, aber leider sind wir a) hungrig und ungeduldig und b) uns nicht ganz sicher, wie lange man ein Ei im kochenden Wasser lassen muss, damit es ganz fest wird. So kriegen wir ein Frühstücksei und eine Riesensauerei. Nach unserer Mittagsschicht im Telecentro ziehen wir uns unsere Sportklamotten an und machen uns gespannt auf den Weg. Wir kommen wir genau richtig (also auf Deutsch: 5 Minuten zu spät) und wundern uns, dass auf einmal mehr als doppelt so viele Leute mitmachen, als am Montag da waren. Es geht los mit Übungen zu zweit mit einem Ball und einem Stock und dann auf der Isomatte. Im weitesten Sinne besteht Pilates wohl aus Übungen, damit man schöne Rücken- und Bauchmuskeln bekommt mit ein paar Yogaelementen, z.B. dass man die Augen zu macht oder ruhige Musik im Hintergrund. Schon auf dem Heimweg kann ich spüren, dass ich da morgen wahrscheinlich Muskelkater bekomme. Schulsport ist eben auch schon eine Weile her.