Besuch aus Deutschland!
Karenaki hat Besuch aus der alten Heimat! Das hat ihr nicht nur erneut Gelegenheit gegeben, verschiedene Orte zu besuchen, sondern auch sprachliche Erfolgserlebnisse.
Jetzt werden wir mal wieder zu einer Pause gezwungen ;-), da die brauchbaren Computer belegt sind. Heute ist irgendwie ein blöder Tag, weil wir alle nicht so fit sind. Mozes war sowieso schon krank, Verena steckt sich immer an, wenn jemand krank ist, Ioanna fühlt sich auch ein bisschen kränklich und ich fühl mich auch nicht so pralle. Irgendwie schlapp. Außerdem ist es total kalt! Ich sitze hier mit einem Dreiviertelt-shirt, einer Kaputzenjacke, einem Wollpulli, Strickjacke, einem Schal und Stulpen und friere immer noch. Am Mittwoch soll es laut des web.de-Wetters noch kälter werden: 13 °C -> brrrrr. Ich bereue jetzt schon, dass ich nur meine gefütterte Regenjacke und nicht meinen schönen Wintermantel mithabe, zumal ich Regenjacken schrecklich finde.
So, genug des Jammerns! Ich hatte mal wieder ein echt schönes Wochenende! Wie Ihr ja wisst, haben mich Susanne und Ulli besucht! Das war ganz witzig, weil ich Freitag hier saß und gerade einen Artikel für den Youthreporter verfassen wollte, als Susannes Kopf um die Ecke guckte. Ich hab mich so gefreut! Davor war es irgendwie komisch. Ich wusste ja, dass die beiden mich besuchen kommen würden und hab mich darauf gefreut, aber irgendwie war der Gedanke auch ziemlich unrealistisch für mich. Es war irgendwie undenkbar, dass jemand aus meiner deutschen Welt so einfach in meine griechische Welt hereinspaziert. Aber dann waren sie ja da :-) und wir haben eine echt schöne Zeit zusammen verbracht! Freitagabend sind wir in einer sehr traditionellen und untouristischen, von meinem Onkel empfohlenen Taverna essen gegangen. Mhhm, war das lecker! Ich bin zwar schon die ganze Zeit in Griechenland, aber in unserer WG essen wir ja nicht wirklich griechisch. Das Essen in der Taverna war fast so gut wie das meiner Oma.
Nachdem wir alle mehr als satt waren, sind wir hoch nach Kryoneri gefahren. Das war schon eine kleine Herausforderung für mich. Ich bin zwar schon was weiß ich wie oft diese Strecke gefahren, aber immer nur als Beifahrerin. Ich hab mir natürlich nie den Weg gemerkt, hab ihn am Freitag zum Glück aber trotzdem gefunden beziehungsweise immer sehr schnell gemerkt, wenn wir falsch waren, weil mir die Strecke natürlich schon irgendwie bekannt ist. Na ja, jetzt bin ich sie einmal bewusst mitgefahren, so dass ich den Weg jetzt sicher weiß.
In Kryoneri hat meine Familie ein Gästehaus, in dem Susanne, Ulli und ich geschlafen haben. Da oben auf dem Berg ist die Schlafqualität so was von gut, ich wär am liebsten für immer dort geblieben ;-). Als ich morgens aus meinem Zimmer kam und die Treppen runter zum Frühstück gegangen bin, hatte ich ganz kurz so ein Knivsberggefühl - für alle, die schon mal auf dem Knivsi waren.
Während wir drei gefrühstückt haben was meine Tante zuvor so lecker vorbereitet hatte, hat uns diese ihre Lebensgeschichte erzählt. Das war auch für mich sehr interessant, da ich sie auch noch nicht kannte. Später sind wir nach Mykene gefahren. Ich denke, dass man nur dort hingehen sollte, wenn man sich für die damit verbundene Mytheologie interessiert. Diese hab ich zwar schon ausführlich in der Schule behandelt, aber größtenteils wieder vergessen. Da war es ganz hilfreich, dass sich Susanne ein bisschen in dieses Gebiet eingelesen hatte und uns so einiges erzählen konnte. Auf der Burg pfiff ein ganz schön kräftiger Wind und ein paar Regentropfen gab es auch, aber wenn man dem Wetter entsprechende Klamotten dabei hat, macht es einem auch nichts aus.
> Oje Anna, Mozes übt gerade für seinen Tanzworkshop und jetzt muss ich mir ABBA "Dancingqueen" anhören. Ich will gar nicht wissen wie oft! :-(<</p>
Auf dem Rückweg sind wir noch in Nafplio vorbeigefahren. Dort konnten wir zugucken, wie eine ziemlich aufgedonnerte Braut von ihren genauso aufgedonnerten Freuden, Bekannten und Verwandten - ach ja, und vom nicht besonders herzlich aussehenden Bräutigam - empfangen wurde. Nafplio ist ein sehr reicher Ort. Da er unter Denkmalschutz steht, können es sich nur reiche Leute leisten, sich dort ein Haus zu kaufen und es zu restaurieren. Dafür ist Nafplio aber auch echt ein kleines Schmuckstück :-). Jede noch so kleine Gasse ist mit blühenden Pflanzen geschmückt, man sieht keinen Müll und der große Platz sieht aus wie "geleckt" (o-Ton Ulli). Okay, ich weiß nicht, wie der Rest aussieht, aber die Altstadt ist toll! Dies hat zur Folge, dass viele reiche und berühmte Leute in Nafplio heiraten. Jeder dritte Laden ist ein Schmuckladen und in einem Geschäft haben Susanne und ich eine Kerze für 200 Euro entdeckt! Wer kauft denn sowas?!
Sonntagmorgen haben wir ein bisschen länger geschlafen, in Ruhe gefrühstückt und sind dann noch ein bisschen durchs Dorf und zu einem kleinen Fluss spaziert. Als wir zurückkamen war mein Onkel schon dabei, den Kamin anzuschmeißen. Wir haben noch ein bisschen gequatscht und dann war die Zeit auch schon wieder um und Susanne und Ulli mussten wieder fahren. Der Abschied viel mir zum Glück leichter als gedacht. Aber es war sehr schön mit Euch! Ihr lest mein Tagebuch ja jetzt auch :-).
Ich dachte, der Abschied fiele mir schwerer, da Susanne und Ulli ja nicht einfach nur Susanne und Ulli sind, sondern ein Stück meines alten Lebens in Deutschland... Ich bin ehrlich gesagt froh, dass mich nur die Eltern meiner Freunde besucht haben und nicht meine Freunde selbst. Diese hätte ich bestimmt gar nicht wieder gehen lassen wollen. Aber im Frühling, wenn es nur noch ein paar Monate bin zu meiner Rückkehr sind, freue ich mich bestimmt sehr über Besuch ;-). Auch von Dir, Mama :-)!
Am Sonntag waren Kommunalwahlen in Griechenland, deshalb sind auch meine Großeltern nach Kryoneri gekommen. So haben mein Onkel, meine Tante, meine kleinen Cousinen, meine Großeltern und ich alle zusammen gegessen. Ich habe sogar Nudeln gegessen, die in Fleischbrühe gekocht wurden. Okay, dass Fleisch war draußen, aber ab und zu haben mir kleine Knochensplitter den Appetit genommen...
Mit meinem Onkel und meiner Tante bin ich zum Wahllokal gegangen. Dort musste ich mal wieder hunderte von Küssen und Umarmungen über mich ergehen lassen. Als Kind fand ich das immer schrecklich (einmal habe ich mich sogar unter meinem Bett versteckt!), aber mittlerweile erinnere ich mich einfach daran, wie sehr sich die Leute darüber freuen, mich zu sehen. Ich bin immer aufs Neue erstaunt, dass es immer noch Verwandte gibt, die ich noch nie in meinem Leben getroffen habe! Diesmal habe ich einen Onkel meines Vaters kennen gelernt, der mal einen Schlaganfall hatte. Er tut mir so leid, weil er zwar alles versteht, was die Leute ihm sagen, er sich selbst aber nicht ausdrücken kann. Sein Wortschatz beschränkt sich auf vier Wörter und zu 99 % sagt er "Ghamotto" (= Scheiße). Wenn er etwas sagen möchte, dann hängt er ganz viele Ghamottos aneinaner und betont diese so, als seien es normale Wörter. Zum Glück gibt es Leute wie meinen Onkel, die versuchen zu raten, was er mitteilen möchte. Dann freut er sich immer so sehr, dass ihm die Tränen kommen. Andere gucken einfach nur blöd, so nach dem Motto: der checkt ja gar nichts mehr, aber das stimmt ja nicht. Auf jeden Fall hat er fast geweint, weil er mich so schön findet und weil ich aussehe wie mein Vater, den er ja auch schon immer kennt. Er hat uns zum Kaffee eingeladen. Vielleicht werde ich diese Einladung annehmen, wenn ich Griechisch kann.
Die letzte Nacht habe ich bei meinem Vater übernachtet, was mit meinem ersten Griechischeinzelunterricht verbunden war :-)!
Heute Morgen wurde ich noch mit Aprikosenmarmelade, Spanakopita, Essigoliven, Tomaten und Geschenken, die ich noch auspacken muss, von meiner Oma zugedeckt. Sehr praktisch war auch, dass mein Vater mich vorhin nach Korinth gefahren hat, so konnten wir nämlich noch beim Lidl vorbeifahren. Der ist leider sehr weit von unserer Wohnung entfernt! Aber ich habe dort unter anderem Käse, frische Vollmilch und Vollkornbrot eingekauft! Das Vollkornbrot ist zwar nicht frisch, schmeckt nicht so gut wie das zu Hause und ich will auch nicht wissen, wie viele Konservierungsstoffe es enthält, aber ich freue mich trotzdem sehr darüber!
Was meine Griechischkenntnisse angeht, hatte ich an diesem Wochenende auch einige Erfolgerlebnisse. Selbst wenn Susanne und Ulli auch "Jassas" gesagt haben, haben die Menschen meist auf meine Begrüßung oder Verabschiedung reagiert, das heißt, dass ich schon irgendeinen griechischen Klang in meiner Stimme haben muss :-). Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich meistens nicht "Jassas" sondern nur "Ja" gesagt habe, was man von Touris ja nicht unbedingt hört. Zudem konnte ich einem alten Mann am Straßenrand, bei dem wir Wein gekauft haben, klarmachen, dass wir keinen süßen Wein haben wollen. Als wir in der Taverna essen waren, bin ich in die Küche gegangen, um mehr Brot zu bestellen. Da hat mir der Besitzer und Kellner gesagt, dass ein anderer Gast in der Küche Deutsch spreche. Ich habe aber trotzdem nur Griechisch gesprochen, so gut ich es eben konnte. Da waren alle total begeistert und der Besitzer meinte zu den anderen "Sie spricht Griechisch", woraufhin ich natürlich sagte "Nur ein bisschen, aber ich lerne", ich möchte ja nicht total zugequatscht werden ;-). Es fällt mir aber auch wesentlich leichter, meine Griechischkenntnisse anzuwenden, wenn ich mit Leuten unterwegs bin, deren Griechisch genauso schlecht ist wie meines oder schlechter. Etwas gehemmt bin ich immer, wenn mein Vater, mein Onkel oder meine Tante dabei sind, die alle Deutsch können.
Was ich auch ein bisschen blöd finde, ist, dass meine Großeltern es nun überhaupt gar nicht mehr erwarten können, ehe ich mich richtig mit ihnen unterhalten kann. Wenigstens freuen sich die ganzen entfernteren Verwandten über jedes griechische Wort aus meinem Munde. Dass ich ein bisschen spreche und schon eine ganze Menge verstehe bedeutet für sie, dass ich Griechisch spreche ;-).
So, jetzt habe ich mich warmgetippt ;-)! Liebe Grüße ins warme Deutschland, so wie ich gehört habe, sollt Ihr ja einen echt goldenen Oktober haben.