Baguette, Capucins, WLAN
Seit fünf Wochen in Frankreich - ein kurzes Fazit.
Morgens aufstehen, Regenschirm schnappen, ein kurzer Fußweg zur Bäckerei um dort frisches Baguette und Croissances zu kaufen. Zurück über die Abkürzung durch den kleinen Wald gegenüber unserer Wohnung und das Frühstück mit heißem Tee genießen. Ein inzwischen typischer Wochenendstart in meinem neuen Leben in Frankreich.
Fünf Wochen vorher, Deutschland. Aufgeregt lege ich Kleidung und Schuhe heraus, bereit zum Einpacken. Von Zweifel geplagt ob die ganzen Sachen, die ich mitnehmen möchte, auch wirklich in den Koffer passen (taten sie nicht) und im Kopf eine tickende Uhr, die meine Zeit bis zur Abreise herunterlaufen lässt. Gleichzeitig wälze ich die selben Fragen wieder und wieder: Wie wird mein neues Leben in Frankreich aussehen? Werde ich mich gut mit meinen Mitbewohnerinnen verstehen? Was genau werde ich in meinem Projekt machen?
Inzwischen bin ich schon über fünf Wochen in Brest und konnte so manche Fragen beantworten.
Brest ist eine 120.000 Einwohner Stadt, die im äußerten westlichen Zipfel Frankreichs, in der Bretagne, liegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Stadt komplett zerstört und wurde in den 50er und 60er mithilfe von viel Beton wiederaufgebaut. Demnach waren meine Erwartungen an das Aussehen der Stadt ziemlich gering. Umso glücklicher war ich, als ich entdeckte, dass Brest eigentlich ganz schön ist. Ich vermute, dass auch die Bretonen gemerkt haben, dass Betongebäude nicht gerade das schönste Stadtbild schaffen und so wurden viele Projekte zur Modernisierung realisiert. So gibt es nun in der Innenstadt eine Straßenbahn, Wasserspiele und viele Blumen. Außerdem wurde eine Seilbahn gebaut, welche direkt in eines der coolsten Gebäude der Stadt führt, les Capucins. Hierbei handelt es sich um eine ehemalige Produktionshalle, die in einen Ort für Jugendliche umgewandelt wurde. Das Grundprinzip des Ortes: Mach, was dir Spaß macht. Du willst tanzen? Schließ dich den Break-Dancern an, die täglich ihre Moves zeigen. Inliner oder Skateboard fahren? Tu es, niemand stört sich daran. Musizieren? Setzt dich ans Klavier und spiel drauf los. Nebenbei kann man noch Crêpes genießen und die Médiatheque François Mitterand besuchen.
Wenn ich die Zeit nicht mit der Erkundung Brests verbringe, bin ich in der WG mit meinen Mitbewohnerinnen. Im Voraus wusste ich nur, dass ich für zehn Monate mit einer Italienerin und Armenierin zusammenwohnen werde, was nicht gerade viel Info war. Dementsprechend gespannt war ich, als ich beiden endlich kennenlernen durfte. Benedetta kommt aus der Toskana und Srbuhi direkt aus der Hauptstadt Armeniens. Wir verstehen uns wirklich super. Beide sind älter als ich, was aber kein Problem darstellt, im Gegenteil. Vor allem Bene hat schon viel Erfahrung im WG-Wohnen gesammelt und daher immer wieder gute Vorschläge und Ideen. Das Fernsehkabel knickt ständig ab? Bene hat Rat: Ein Päckchen Kaffee, zwei Stückchen Zucker Knete - et voilà - das Kabel ist stabilisiert. Somit steht dem abendlichen gemeinsamen Fernsehschauen nichts mehr im Weg und auch die Werbepausen nutzen wir immer sinnvoll, in dem wir uns über das jeweillige Verstandene austauschen und so unsere Wissenslücken füllen. Ein weiteres Ritual ist das gemeinsame sonntägliche kochen, wodurch ich bisher selbstgemachte italienische Pizza, Pasta und Lasagne kosten durfte. Einzig mit den Pancakes hatten wir so unsere Schwierigkeiten.
Probleme gibt es leider immer noch mit unserem WLAN in der Wohnung, dass vertraglich vorhanden sein sollte, es leider aber immer noch nicht ist. In den ersten drei Wochen haben wir sämtliche Free-WiFi Plätze in unsere Umgebung entdeckt (bester Platz: Place de FFI, vor einem Tabak-Shop). Srbuhi hat das WLAN-Problem am schwersten getroffen, da sie am meisten Bedarf daran hat, um mit ihren Nächsten zu sprechen. Nachdem sie täglich für mindestens zwei Stunden vor dem Tabak-Shop des Place de FFI stand und inzwischen von sämtlichen Passanten mit einem freundlichen „Bonjour!“ gegrüßt wurde, hat unsere Koordinatorin, die im selben Gebäude wohnt, uns Zugang zu ihrem WLAN gewährt. Leider reicht das WLAN nur bis ins Treppenhaus- und in unser Badezimmer. Was also tun? Genau, Stühle ins Badezimmer und endlich kostenlos mit Familie und Freuden chatten. Inzwischen ist das sehnlichst erwartete Modem angekommen, aber leider ist die Leitung in unserer Wohnung noch nicht aktiviert. Also immer noch kein WLAN. Stattdessen ist das Modem in einer bisher lehrstehenden Wohnung in unserem Wohnhaus angeschlossen und wir können jetzt dort das WLAN nutzen. Leider wird die Wohnung wahrscheinlich nächste Woche von dem Zuständigen des WLANs bezogen. Ich bin gespannt wie es weitergeht.
Eine weitere, leider noch bisher unbeantwortete, Frage ist die, was genau wir in unserem Projekt machen. Bisher hat man uns das Schulgebäude gezeigt und wir haben uns mithilfe von Präsentationen einem Teil der Schüler vorgestellt. Was genau wir aber in den restlichen neun Monaten machen werden, ist immer noch ungewiss - zumindest für uns.
Zusammengefasst: Ein neues, anderes, etwas chaotisches, aber schönes Leben. Trotz der Rückschläge mit WLAN und der Ungewissheit bezüglich der Arbeit, freue ich mich in Brest zu sein. Vor allem Bene und Srbuhi haben mich immer wieder aufgebaut und getröstet, wenn mal wieder etwas nicht so gelaufen ist wie erhofft. Es gibt nichts Schöneres, als abends in der Küche sitzend mit den beiden über die kleinsten Dinge zu reden und zu lachen. So wurde bereits meine bisherige Zeit in Brest zu einer unvergessliche Erfahrung.
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