Auffallend abwesend
"Was in Frankreich von den Europawahlen zurückbleibt?" Okapi hält die wichtigsten Fakten der Europawahl in Frankreich fest und erklärt unter anderem, warum Sarkozy einen Denkzettel bekommen hat...
Vier Tage nach der Europawahl ist erschreckend schnell wieder Alltag eingekehrt. Haben bis Dienstag Abend die französischen Medien noch eifrig die Wahlergebnisse diskutiert und ihren Einfluss auf nationaler Ebene interpretiert, waren heute schon die Europaflaggen durch die Flagge der Haute Normandie ersetzt und die Plakatwände leer.
Was zu allererst ins Auge springt, wenn man die Ergebnisse der Europawahlen betrachtet, ist die hohe Anzahl der Nichtwähler. 59,5 % der Franzosen haben am Sonntag nicht gewählt.
Ein Student erklärt mir : "Europa hat doch das mit dem ganzen Bologna Prozess in Gang gebracht. Und jetzt müssen sich alle Universitäten umstellen und alles wird komplizierter und schlechter, ich seh keinen Sinn darin, für solch ein Europa zu stimmen."
Die Gewinner der Wahlen in Frankreich sind vor allem die konservative UMP (27,53 %) und die Grünen (15,36 %). François Bayrou, welcher 2012 als Präsidentschaftskandidat aufgestellt werden will, hat mit seiner Partei "MoDem" (Mouvement Démocrate) einen herben Rückschlag erlitten : 8,51 % erlangte der charismatische Politiker lediglich bei den Europawahlen. Auch die Sozialisten liegen weit unter ihren Erwartungen, 16,86 % der französischen Wähler stimmten für die PS. Die eigentliche Sieger dieser Wahlen sind jedoch die Grünen.
Daniel Cohn-Bendit, ehemaliger Studentenführer von ' 68, hat den Grünen nicht nur einen unerwarteten Erfolg verschafft, sondern scheint die Grünen neben PS und UMP zudem als drittstärkste Partei auf nationaler Ebene zu etalblieren. Im Département Seine Maritime brachen die Grünen die langjährige links-sozialistische Vorherrschaft und erzielten besonders in den beiden Grossstädten, Rouen und Le Havre, hohe Gewinne. Viele Rouennaiser vertrauten eher Eva Joly, welche besonders durch ihre Richtssprüche gegen Firmenkorruption berühmt geworden ist, als den unbekannten Gilles Pargneaux der Sozialisten.
Was in Frankreich von den Europawahlen zurückbleibt? Dass die Grünen die neuen Sozialisten zu werden drohen, dass Marine Le Pen von der "Nationalfront" ins Europaparlament gewählt wurde und dass man endlich Sarkozy einen Denkzettel geben konnte. Was Sarkozy mit den Europawahlen zu tun hat ? Zu viel. Zum einen zeigten die Franzosen durch eine Abwesenheit von ca.60 % ihrem Präsidenten, der bis Dezember 2008 den EU Ratsvorsitz hatte, wie sehr sich für seine Europapolitik interessierten. Und mehr als sieben von zehn Franzosen haben für Europalisten gewählt, welche nicht die UMP unterstützen. Insofern ist die Europawahl doch noch zu nationalen Zwecken instrumentalisiert geworden. Leider.