Auf in die Natur
Im Oktober gab es viel zu entdecken und zu erleben – sowohl für die Kinder vom Peeteli als auch für mich.
Anfangen hat der Oktober mit Besuch aus Norwegen. Zuerst waren norwegische Familien mit ihren Kindern da, die für die Kids vom Peeteli einen „Happy evening“ veranstaltet haben. Das Wiedersehen war sehr groß. Angefangen hat der „Happy evening“ mit einem kleinen Programm aus Tanz und Schauspiel, danach ging es weiter mit Stationsarbeit. Diese bestand aus Strategiespielen, basteln, Beautysalon und Pizza backen. Die Pizza wurde am Ende natürlich auch mit viel Hunger verspeist. Die zwei darauffolgenden Tage waren wieder norwegische Freunde da, die jedes Jahr im Sommer ein Feriencamp in Norwegen für die Kinder organisieren. Auch hier war die Freude des Wiedersehens sehr groß. - Es wurde sehr schnell deutlich für mich, dass die Besuche eine sehr wichtige Rolle haben. Die Norweger kennen die Kinder seit sie klein sind, können jeden Fortschritt sehen und machen alles damit es den Kindern besser geht. – An diesem Tag wurde viel unternommen. Am Vormittag gab es eine Fotoshow vom letzten Sommerferiencamp, danach wurde selbstgemachter Hamburger gegessen und nach der kleinen Stärkung ging es weiter zu einer Wanderung (ein größerer Spaziergang) an einem nahegelegenen wunderschönen Strand mit Wald. Der einzige Nachteil war, dass das Wetter nicht so ganz mitgespielt hat aber dies war für uns kein Grund umzukehren denn am Ziel wartete das Versorgungsauto auf uns. Und so gab es am Ziel zum kalten Wetter einen heißen Tee und warmes Ragout.
Die Norweger haben auch vier Familien in ihren Wohnungen besucht um zum einen die Wohnsituationen einzuschätzen und zum anderen mit den Familien zu reden und sie wieder zu treffen. Ich durfte an diesen Besuchen auch mit teilnehmen. Für mich war dies ein wichtiger Punkt um besser zu verstehen warum die Familien die Hilfe vom Peeteli benötigen. Wir haben die Besichtigung bei einer Familie mit neun Kindern begonnen, die alle zusammen in einer Vierraumwohnung leben. Diese Wohnung war meiner Meinung nach die einzige, in der man ein fröhliches Leben leben kann. Dies hat man auch an dem Verhalten der Leute bemerkt. Ich weiß gar nicht, wie ich es euch beschreiben soll aber die Wohnsituation hat mit jeder Wohnung immer weiter abgenommen. Die letzte Wohnung war in einem Haus, bei dem ich immer dachte, dass es ein Einfamilienhaus sei. Aber nein, es war ein Haus mit insgesamt 10 Wohnungen. Unter Wohnung versteht man da das sich Küche, Bad und das Schlafzimmer in einem Raum befinden und sich eine Toilette auf dem Gang für mehrere Wohnungen befindet. Hier lebten Mutter, Vater und der jüngste Sohn. Mir wurde gesagt, dass sich die Wohnsituation dieser Familie im Vergleich zu früher schon verbessert hat. Ich glaube, ich stand die ganze Zeit wie eine Salzsäule da und wusste nicht was ich sagen soll und wie ich mich bewegen soll. Diese Besuche waren für mich auf jeden Fall sehr einprägsam und haben mir gezeigt, dass die Familien wirklich die Hilfe vom Peeteli benötigen.
Im Oktober hieß es für mich auch `auf zum On-Arrival Training`. Dies ist ein Seminar für alle Freiwilligen in Estland die einen Europäischen Freiwilligendienst mit Erasmus + durchführen. Natürlich gab es nicht nur ein Seminar dieser Sorte, sondern vier. In Estland befinden sich so viele Freiwillige aus der ganzen Welt, dass hätte ich wirklich nicht gedacht. Die Freiwilligen haben ihre Projekte in Kindergärten, Schulen, Jugendcentren und Kinderheimen. Mein Seminar fand in Tartu statt. Tartu ist nach der Hauptstadt Tallinn die zweitgrößte Stadt Estlands mit ca. 98.480 Einwohnern. Diese Stadt ist auch als Studentenstadt bekannt, denn hier befindet sich die größte Universität Estlands und dafür ist die Stadt auch berühmt. Auf dem 5-tägigen Seminar haben wir jeden Morgen einen kleinen Sprachkurs der estnischen Sprache bekommen und estnische Volkstänze gelernt zu tanzen. Danach ging es mit verschiedenen Themen weiter. Wir haben über unsere Projekte gesprochen, was wir erreichen möchten, wie wir unsere Ideen verwirklichen können und haben uns mit unseren Erfahrungen ausgetauscht. Dies war sehr gut, denn nun weiß man das man nicht der einzige ist dem evtl. etwas nicht so gelingt wie man es möchte, sondern dass es allen so geht. Auch haben wir etwas zu der Geschichte Estlands und besonders zu der singenden Revolution (1987-1991) gelernt und konnten dazu Fragen stellen, die uns beschäftigten. Da unsere Seminarleiter dies live miterlebt haben war es umso spannender.
Mit neuer Motivation ging es für mich gleich nach dem Seminar weiter zum ersten Feriencamp. Die Kinder hatten eine Woche Oktoberferien und wir sind mit ihnen vier Tage auf die größte Insel Estland namens Saaremaa ins Feriencamp gefahren. Dieses Feriencamp befindet sich in einem Wald und gehört dem Peeteli. Es wurde Anfang der 2000 von Schülern einer Deutschen Walddorfschule aus Hannover (https://www.waldorfschule-maschsee.de/schulleben/projekt-elagu-elu.html) erbaut. Diese Schule hat seitdem das Projekt `Elagu Elu` (www.elagu-elu.de) am Laufen und hilft dem Peeteli das Camp aufrecht zu erhalten. Das Camp besteht aus verschiedenen Holzhäusern, die fast alle mit einem Kamin zum Heizen ausgestatten sind. Davon zwei Schlafhäuser, mehrere Geräteschuppen, ein kleines Küchenhaus und ein Saunahaus mit einer größeren Küche und einem Speiseraum. Das Saunahaus ist noch ziemlich neu und auch von einer speziellen Firma gebaut wurden, da es besondere Vorschriften für solche Gebäude gibt. Aber alles andere ist mit Hilfe der deutschen Freunde entstanden. Darauf ist das Peeteli sehr stolz und die Kinder wollen am Ende des Camps nicht nach Tallinn zurück, sondern lieber im Camp bleiben. Vor dem Frühstück hieß es jeden Tag draußen versammeln und gemeinsam die estnische Flagge hissen. Dabei wurden den Kindern die Regeln für das hissen einer Flagge erklärt. Als wir im Camp angekommen waren, war mein erster Eindruck nicht ganz so überwältigend…das Wetter war nicht das beste und es war eise kalt. Aber schon am nächsten Tag war meine Motivation bei 100 %. Zum einen strahlte die Sonne und zum anderen hieß es den Wald und das Gelände aufräumen. Ich glaube ich habe mich noch nie so darüber gefreut Laub zu rechen, Äste aufzusammeln und alte Sträucher zu verschneiden. Auch die Kinder haben mitgeholfen. Am Anfang mit sehr viel Motivation und Spaß aber sie benötigten zwischendurch immer wieder einen kleinen Motivationsspruch um weiter zu machen und nicht aufzugeben, so wie im normalen Alltag auch. Wenn etwas schiefläuft oder man gerade keine Lust darauf hat muss man trotzdem weiter machen um voran zu kommen. Am Ende war es ein erfreulicher Anblick was man zusammen alles erledigt hat. Die Jungs hatten viel Freude daran die Motorsense zu schwingen und da das Dach eines Schlafhauses undicht war, musste dies auch repariert werden. Es war für alle eine sehr gute Abwechslung zum sonstigen Leben in Tallinn. Nicht immer nur drinnen im Sozialzentrum sein, sondern auch mal raus in die Natur und seine Freiheit genießen. Natürlich können die Kinder auch in Tallinn raus gehen aber das Sozialzentrum hat in der Stadt keinen wirklichen Ort um sich draußen auszutoben. Nach dem Abendessen im Camp hieß es dann auf in die Saune (nach estnischer Kultur natürlich mit Badesachen) und danach ab ins Bett. Am darauffolgenden Tag gab es einen kleinen Ausflug zur Steilküste Panga. Dies ist die höchste Klippe von West-Estland und einzigartig schön! Am letzten Tag im Camp hieß es nur noch alles aufräumen und winterfest machen. Nach wenigen Stunden waren wir wieder alle zurück in Tallinn.
Und hier sind wir jetzt wieder und bereiten mit großen Schritten alles für die Weihnachtszeit vor.
Bilder findet ihr auf dieser Seite:
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