Alltag? Wo?
Nora berichtet dieses Mal von ihrer Arbeit im Foyer l’Enfance und ihren Erlebnissen dort. Auch wenn, oder gerade weil die Schicksale der Kinder sie oft mitnehmen, macht sie ihre Arbeit gerne und ihr wird nun erst recht bewusst, wie gut sie es in ihrer Kindheit gehabt hat. Bei all dem kommt aber ihre Freizeit nicht zu kurz.
Wie versprochen hier nun ein etwas detailierterer Bericht: Das „Foyer l’Enfance“ in Strasbourg empfängt Kinder, die in so schwierigen Familienverhältnissen leben, dass die Behörden entscheiden, sie den Eltern wegzunehmen. In machen Notfällen kann das sogar über Nacht geschehen, da Situationen wie Missbrauch und Misshandlung, Alkohol und Drogen sowie Flucht und Obdachlosigkeit leider keine Seltenheit sind. Diese Kinder werden dann erst einmal im Foyer aufgenommen und erhalten zusätzlich ärztliche und psychologische Betreuung, denn fast immer hinterlassen diese Erlebnisse sowohl seelische als auch körperliche Spuren. Viele Kinder sind in ihrer geistigen Entwicklung um Jahre zurück und müssen Sonderschulen besuchen.
Trotz allem sehen sie in regelmäßigen Abständen und unter Aufsicht, ihre Eltern, denn letztendlich sollen sie an diese zurückgegeben werden. Das kann aber Jahre dauern und gelingt manchmal nie. In diesen Fällen kommen die Kinder in Pflegefamilien oder werden in andere Heime verlegt.
Die Betreuer sind zum größten Teil damit beschäftigt, die Termine der Kinder zu organisieren, sodass sie oft zu wenig Zeit haben, intensiv mit den Kindern zu spielen. Aber alle geben sich große Mühe und sind in ihrer Arbeit sehr kreativ.
Meine Aufgabe ist es nun, sie in diesem Teil ein bisschen zu unterstützen und den Kindern meine volle Aufmerksamkeit zu widmen. Ich spiele mit ihnen, wir werden basteln und malen, Ausflüge machen, aber auch beim Baden und Essen helfen.
Die Arbeit macht mir sehr großen Spaß, und es macht mich nach einer Woche schon traurig, dass zwei Kinder die Einrichtung demnächst verlassen werden. ;-(
Ich muss sagen, dass ich sie sehr aufgeschlossen mir gegenüber erlebe und mir ihre Geschichten dazu unfassbar vorkommen. Ich bin froh und dankbar, dass meine Kindheit so schön verlaufen ist.
Nun wisst Ihr im Großen und Ganzen, wo ich die nächsten zwölf Monate arbeiten werde und was ich so mache.
Letzte Woche war ich unterwegs, um mich um meinen Sprachkurs zu kümmern. Als ich jedoch das Programm der Volkshochschule gesehen habe, hatte ich auf viele andere Dinge mehr Lust, als auf Sprachunterricht. Also nachgefragt, und nun bezahlen sie mir wirklich einen Kursus im Aktzeichnen! Nicht schlecht, oder?
Auf meinen Streifzügen durch die Stadt hab ich jetzt endlich auch eine Bibliothek gefunden und kann meinen Lesehunger wieder uneingeschränkt stillen. Eine weitere erfreuliche Neuigkeit kam per Post in Form einer Einladung ins Haus geflattert: Ende September werde ich erst mal für eine Woche ans Mittelmeer fahren, denn in La Couronne in der Nähe von Marseille, gibt es ein Seminar für die französischen EFDler. Große Freude!
Neuigkeiten von dort und hier, gibt’s für Euch natürlich brandneu. Ich melde mich also wieder und hoffe, dass auch Ihr nicht aufhört, Euch bei mir zu melden.
Bis bald, mit lieben Grüßen, Nora