After the fire - ein Workcamp
Ihr erstes Workcamp ist zwar schon eine Weile her, doch Regentropfen hat nun den Youth-Reporter für sich entdeckt und möchte uns an ihren Erlebnissen beim Waldaufräumen teilhaben lassen.
Frankfurt-Hahn, 12.08.2004 – 5.17 Uhr
Jetzt ist es also soweit! Ich sitze mitten in der Nacht am Flughafen auf einem doch recht bequemen weißen Plastiksitz, umgeben von einer wuselnden Menschenmasse, und drücke nervös mein Handgepäck an mich. In meinem Kopf herrscht ein Chaos aus Erwartungen und Träumen, vielleicht einem kleinen bisschen Angst, aber auf jeden Fall kiloweise Abendteuerlust. Trotzdem habe ich letztendlich nicht den leisesten Anflug einer Ahnung, was mich in den nächsten Wochen alles erwarten wird. Doch zum Umkehren ist es zu spät, also schalte ich meine Gedanken kurzerhand aus und genieße einfach. Schon bald wird mir bewusst, dass ich bei weitem nicht die einzige bin, die alleine unterwegs ist. Auch das lässt sich ziemlich leicht ändern und so verbringe ich die ersten Stunden meines Trips zusammen mit Steffen und Julia.
Barcelona, Estacion del Norte – 14.29 Uhr
Nach einigen heißen und schrecklich langen Wartestunden am Mittag in Barcelona, finden mein viel zu schwerer Rucksack und ich endlich die richtige Bushaltestelle und mit uns eine Handvoll anderer Freiwilliger auf dem Weg nach Solsona.
Zwei Stunden Serpentinenbusfahrt durch eine wirklich beeindruckende Landschaft und wir haben es geschafft. Am Bahnhof von Solsona werden wir schon erwartet und mit drei Autos hoch ins Gebirge gekarrt. Wir verlassen die Stadt auf einer schmalen, aber asphaltierten Straße und erreichen nach kurzer Zeit unser Ziel, „Casa La Creu“. Das ehemalige Bauernhaus liegt oben auf der Spitze eines Berges, umgeben von Feldern, staubigen Schotterwegen und etwas Wald, mit einem atemberaubenden Blick auf das Tal von Solsona und die Berge der Vorpyrenäen.
Hier werden wir also die nächsten 20 Tage unseres Lebens verbringen, zusammen arbeiten, essen und Siesta halten, aber vor allen Dingen jede Menge Spaß haben. Wir, das sind 14 Freiwillige zwischen 18 und 28 Jahren aus neun verschiedenen Ländern. Außerdem unsere beiden Betreuer aus Catalunya und einige ihrer Freunde.
Schlafen werden wir in Zelten vor dem Haus, kochen in einer etwas improvisierten, offenen „Küche“ und essen im ehemaligen Pferdestall des Hofes. Immerhin gibt es drei Duschen im Haus, die man zwar nicht abschließen kann, aber die trotzdem warmes Wasser haben - zumindest manchmal...
Wir befinden uns hier auf etwa 900 Metern Höhe, tagsüber ist es, solange kein Wind weht, ziemlich angenehm, abends wird es allerdings richtig kalt. Also nicht das typische Spanienklima, das man sich als normaler Tourist so vorstellt. Und ziemlich überraschend für die meisten von uns. Glücklicherweise sind genug Decken auf Lager, sonst wären wir nachts wahrscheinlich alle erfroren.
Wir unterhalten uns größtenteils auf Englisch, was öfter mal für interessante Missverständnisse sorgt, aber eigentlich doch ziemlich gut funktioniert. Gearbeitet wird natürlich auch hin und wieder mal.
Während jeweils ein Teil der Mannschaft sich um das Essen kümmert und einiges am Haus repariert und aufbaut, ziehen die anderen in den nahegelegenen Wald. Hier wird mit Äxten, Rechen und den eigenen Händen der Waldboden „sauber“ gemacht, das heißt, alles Unterholz und Gestrüpp wird entfernt. Dies ist einerseits für das Wachstum der Bäume von Vorteil, andererseits können sich Waldbrände nicht mehr so schnell ausbreiten und auch leichter gelöscht werden. Nachdem 1998 in dieser Gegend ein riesiges Feuer um die 27000 Hektar Wald vernichtet hat, sitzt die Angst vor neuen Bränden in der Bevölkerung immer noch tief.
Wahrscheinlich kann sich niemand so richtig vorstellen, wie man einen Wald „sauber“ machen kann – konnte ich mir auch beim besten Willen nicht, bis ich dann mittendrin gelandet bin – aber glaubt mir, es ist wirklich eine Heidenarbeit! Und obwohl wir nach den drei Wochen ein gutes Stück geschafft haben, scheint die restliche Waldfläche immer noch unendlich groß.
Nach fünf Stunden Schuften machen wir uns dreckig und mit völlig zerkratzten Armen und Beinen auf den Heimweg, wo erst einmal das Lunch auf uns wartet. Nach einem meist sehr leckeren Essen und einer ausgiebigen Siesta im Schatten auf der Wiese sind wir dann doch irgendwann alle wieder fit für den Nachmittag. Es bleibt also genug Zeit, um noch so Einiges zu unternehmen.
Wir fahren zum Beispiel nach Barcelona zum World-Youth-Festival, wandern 30 Kilometer durchs Gebirge, fahren Kanu und einfach nur mal zum Schwimmen oder in die Stadt ins Internet um den Kontakt zur Außenwelt nicht komplett zu verlieren. Die spanische Kultur kommt dabei auch nicht zu kurz. Neben den etwas „anderen“ Essgewohnheiten, lernen wir Mode, Märkte, Sprache, Kneipen und natürlich die einfach wunderbaren spanischen Dorfpartys in Catalunya kennen.
Barcelona, 01.09.2004 – 12.53 Uhr
Ja, das war es nun also, mein erstes Workcamp. Ich bin traurig, die Menschen, mit denen ich meine letzten Wochen verbracht habe, in alle Himmelsrichtungen davonfahren zu sehen. Und froh, dass ich selber noch etliche Tage vor mir habe. Den Kopf voll mit Erfahrungen und den Rucksack mit Adressen mache ich mich also wieder auf den Weg, dieses Mal mit dem Zug Richtung Süden.