Zeitgefühl, Ausfälle und Oktoberfest
Hier mal wieder ein ewig langer Text, was so seit dem letzten Mal los war
Schon wieder ist so viel Zeit vergangen und ich komme erst jetzt wirklich dazu etwas zu schreiben. Also was ist überhaupt so passiert...
Vom 22.09 bis zum 25.09 war ich auf meinen EVS on-arrival-training in Dublin. Naja also nicht wirklich in Dublin, wie es uns so schön beworben wurde. In Wirklichkeit waren wir in einer Einrichtung gute 20 Minuten Busfahrt von Dublin entfernt, mitten im Nichts. Dazu kam auch noch, dass diese Einrichtung, dass Emmaus-Center sehr religiös ausgerichtet ist. An jeder Ecke gab es Bilder mit religiösen Hintergrund, Statuen von der Jungfrau Maria (ich glaube zumindest, dass sie es war) und Bücherregale voller Bibeln. Zu meiner Erleichterung hatten wir damit nichts am Hut und die Zimmer waren ein echter Traum. Jeder der ca. 20 EVS-Teilnehmer hatten ein Einzelzimmer (welches auch noch größer als meines in Athlone ist) mit einem eigenen kleinen Badezimmer mit Dusche (die ich am liebsten geklaut hätte), Klo und Waschbecken. Es gab auch freies WiFi, dessen Qualität aber nicht wirklich erwähnenswert ist.
Wir hatten die Tage wirklich viel Spaß. Aus Athlone waren alle deutschen Mädels dort und auch ansonsten dominierte Deutschland als Herkunftsland (wie eigentlich überall...schmeiße einen Stein in die Menge und die Wahrscheinlichkeit einen Deutschen zu treffen ist sehr hoch -aber bitte nicht ausprobieren!!). Es waren viele Nationen vertreten (Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland, Ukraine und natürlich Deutschland), was sehr lustig war, da wir uns mit den Stereotypen der Länder auseinander setzen mussten und auch versuchten mussten wo diese Vorurteile und "wahre" Eigenschaften ihren Ursprung haben.
Aber ich glaube das wichtigste war, dass wir viele verschiedene Kontakte knüpfen konnten und uns so ein Netzwerk über ganz Irland aufbauen können. Denn wer braucht nicht hin und wieder ein Bett irgendwo für lau…
Gleich am 25. haben Kathi und ich dann auch gleich im Central Hotel in Dublin eingecheckt, da wir gleich am Montag das nächste Training hatten. Unser Simon-Training.
Der Vorteil dieses Hotels war, dass es von dort aus nicht einmal fünf Minuten bis Temple Bar waren. Temple Bar sagt euch nichts?? Oh man…das ist der Bardistrikt in Dublin in Mitten der Innenstadt. Egal an welchem Abend man ausgeht, es ist immer etwas los und in jeden Pub ist live Musik (aber was erwartet man auch anderes…). Der größte Nachteil an Dublin sind die Preise. Es ist alles eine ganze Ecke teurer als im beschaulichen Athlone.
Aber ich muss eingestehen, dass wir am ersten Abend nicht ausgegangen sind. Kaum im Hotel angekommen, haben wir uns nur noch in unser Doppelzimmer geschmissen und haben ein wenig Fern gesehen. Nicht lange danach sind wir auch eingeschlafen.
Ein paar kleine Details zu unserem Zimmer im Central Hotel. Also die Lage war schon einmal unschlagbar (die des Hotels). Unser Zimmer (wie gesagt ein Doppelzimmer) war nicht sonderlich groß, aber ausreichend. Wir hatten ein wunderschönes Badezimmer mit Dusche, Klo und Waschbecken (zwei Sachen, die ich in Irland nie verstehen werde sind zum einen, dass es keine Steckdosen im Badezimmer gibt und dass es einen Wasserhahn für kaltes und einen für warmes Wasser gibt…verstehe einer den Sinn). Wir hatten sogar einen Wasserkocher auf dem Zimmer inklusive Tassen, Tee, Kaffee, Zucker und Milch. Das nenne ich doch mal Service.
Am Montag war dann der Beginn des Trainings. Doch die erste Herausforderung war schon einmal den Raum zu finden. Warum sind die Wege zu den Räumen auch nicht ausgeschildert? Mal ganz ehrlich, wer soll denn intuitiv auf die Idee kommen um zehn Ecken zu laufen und dann genau durch die richtige Tür zu gehen.
Als wir dann endlich den (verdammten) Raum gefunden haben, war die Begrüßung sehr herzlich: „Ihr seid zu spät.“ Ja, wir waren glatte sieben Minuten zu spät, da wir glatte 10 Minuten darauf verwendet hatten diesen Raum zu finden. Als dann um viertel nach 10 (um zehn begann das Training) auch die letzten ihren Weg zum Raum durchgefragt hatten, wurden wir offiziell begrüßt: „ Herzlich Willkommen zum Simon Training. Mein Name ist Noeleen und ich freue mich, dass ihr alle euren Weg hierher gefunden habt. Für den Rest des Simon Trainings erwarte ich, dass ihr alle pünktlich hier im Raum seid. Wer zwei Minuten zu spät kommt, für die die hier im Hotel wohnen, kann gleich draußen bleiben, da er dann von der Einheit ausgeschlossen ist.“ So wird man doch gerne am Morgen begrüßt. Nur um mal den Ernst der Situation darzustellen: Noeleen ist für die Freiwilligen bei Simon in ganz Irland zuständig und wenn sie will könnte sie einem das Leben schwer machen. Außerdem würde, wenn man eine Einheit verpasst, einem das Training nicht anerkannt werden, was zur Folge hätte, dass man noch einmal zum Training antreten müsste. Und mal ganz ehrlich, wer will das schon.
Einfach mal, um eine lange Sache kurz zusammenzufassen, die Trainingseinheiten (Mental Health, Addiction, first Aid…) waren echt super, alles genau wieder zu geben würde euch nur langweilen und ich würde mir die Finger wund tippen. Eine Sache die ich gelernt habe und die ich gerne mit euch teilen würde, da wir das alle schon lange wussten: So ein komisches Buch über Mental Health will Wutausbrüche, launisches Verhalten und widerspenstiges Verhalten (in Kombination) als neue mentale Krankheit in ihr Verzeichnis aufnehmen. Wir nennen es einfach Pubertät…. die sagen, dass man dies dringend medikamentös behandeln muss (aus Sicht einiger Eltern schon lange überfällig).
Am 26.09. ist mir etwas sehr seltsames passiert, während ich alleine im Hotelzimmer war. Kathi war gerade mit anderen Freiwilligen unterwegs und ich war zu müde und habe mich für eine Stunde hingelegt. Plötzlich klingelte das Hoteltelefon auf unserem Zimmer. Ein aufgebrachter Mann war am anderen Ende der Leitung und sprach wirres Zeug, dass er beraubt worden wäre, und dass ich ihm helfen müsse. Ich war so perplex, dass ich zuerst versucht habe, ihm verständlich zu machen, dass ich kein Englisch sprechen würde (im Notfall einfach immer dumm stellen), da ich dachte, dass er mich verarschen will. Doch er blieb beharrlich in der Leitung und meinte, dass ihn doch verstehen müsse und, dass ich ihm helfen müsse. Ich erzählte ihm dann, dass er sich beruhigen solle und die Guards (Polizei) rufen müsse. Seine Antwort war, dass er die Nummer nicht kenne und ich die doch für ihn anrufen solle (wie sollte ich das denn bitte machen??? Manche Menschen kommen auch auf Ideen). Ich gab ihm die Notfallnummern, die mir gerade in den Kopf geschossen kamen, 112 und 911 (beide nicht die irischen Nummern, aber die laut meinem irischen Trainer auch funktionieren sollten). Danach legte der Mann endlich auf. Ich dachte, dass ich endlich aus dem Schneider wäre, doch nicht einmal fünf Minuten später klingelte das verdammte Telefon schon wieder. Es wäre keiner ans Telefon gegangen und ich sollte doch die Rezeption anrufen (Scherzkeks). Die Frage, ob er auch die richtige Nummer gewählt hat, habe ich mir dann aus Nervengründen gespart und ihm verständlich gemacht, dass ich nicht für ihn anrufen kann. Ich könne ihm aber die Durchwahl zur Rezeption geben. Danach rief er nicht mehr an. Und ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich war, nichts mehr von ihm zu hören…
Am 27.09 bin ich dann mit Kathi, Georg (einem Griechen, den wir beim EFD Training kennen gelernt haben), Paul (einem deutschen aus Dresden), Josh (einem Kanadier mit geographischen Kenntnissen) und Matthew zum Oktoberfest nach Dublin gegangen. Es war echt lustig, da das Fest von „Erdinger“ ausgerichtet wurde und das ganze Personal aus Deutschland kam. Wir waren dort, um in Kathis 18. Geburtstag rein zu feiern und wir hätten uns keine bessere Lokation aussuchen können. Die Musik erinnerte zwar teilweise an den Ballermann, aber es war lustig, da man sofort die Deutschen in der Menge ausmachen konnte (es waren die, die alle Lieder sofort mitsingen konnten und alle Iren nur versuchten die Laute zu imitieren). Bei besoffenen Iren bin ich außerdem der Hit. Wie viele einfach auf mich zu kamen, mich festgehalten haben und sich gefreut haben, dass ich so groß bin. Ich wurde ständig angesprochen (was sowohl lustig, als auch nervig war). Als ich mich auf den Weg zum DJ-Pult gemacht habe, um den DJ zu sagen, dass er um 0 Uhr „Happy Birthday“ spielen soll (er hat dann um 24 Uhr alle im Zelt „Happy Birthday singen lassen! Sehr cool!!) , habe ich einen riesigen Fehler begangen. Ich bin, anstatt außen rum, den vermeintlichen kürzeren Weg über die Tanzfläche gegangen… mit dem Ergebnis, dass ich von mindestens fünf Kerlen angehalten wurde, die sich gefreut haben, dass ich so groß bin (kommt drüber weg Leute…Meine Name ist Lena. ICH komme aus Deutschland. Ich bin 6.4 ft und NEIN ich spiele KEIN Basketball). Dasselbe auf dem Rückweg zu den anderen (um zum DJ auf die Bühne zu kommen bin ich erst einmal unerlaubterweise über Absperrungen gestiegen…ups). Als mich dann einer nicht mehr gehen lassen wollte und mich gefragt hat, ob ich einen Freund habe, war meine spontane Antwort: „Ja!“. So ereignete es sich, dass Josh mein „Boyfriend for the night“ wurde. Später am Abend lernte ich Manfred aus Erdingen kennen. Er arbeitet in Dublin und würde mich gerne wiedersehen, wenn ich mal wieder in Dublin bin…wir werden sehen ob ich mich melde (er kann ja auch in die Midlands kommen =P).
Das waren so die beiden spannendsten Ereignisse aus dem Simon Training in Dublin. Ach und wir dürfen natürlich das Wetter nicht vergessen. Für geschlagene 1,5 Wochen hatten wir in Dublin strahlenden Sonnenschein und nicht einmal Regen. Das musste einmal festgehalten werden.
Am 01.10 ging es dann gleich wieder zurück nach Athlone. Kaum zu glauben, aber ich habe es wirklich sehr vermisst. Alle sind so begeistert von Dublin…ich nicht. Der Stadt fehlt irgendwie der WOW-Effekt und ich fühle mich im beschaulichen Athlone wirklich wohl. Ok, dass Nachleben in Dublin (Es ist immer was los in Temple-Bar) hat schon was…aber das brauche ich auch nicht immer.
Ob ihr es glaubt oder nicht, aber vom 03.-05. habe ich dann doch mal glatt gearbeitet (Zur Abwechslung mal =P ). Hier ein kleines Beispiel für irische „Gelassenheit“ (bei uns nennt man so etwas unorganisiert): Am 05. am Ende meiner Schicht fragte mich mein Supervisor, ob wir denn schon wüssten, wie wir nach Dublin kommen. DUBLIN??? Wer, was, wie, so, wann???? Uns gegenüber (uns sind Kathi, Kadie, Sandra und ich) hatte man bis zu diesen Zeitpunkt nicht einmal Dublin erwähnt. Es stellte sich dann herraus, dass wir im Zuge der Simon Week, die irgendwie gerade lief, am 07. nach Dublin ins Aviva Stadium zum Volunteer Day sollten. Nicht, dass wir was geplant hätten, aber manchmal ist es schon ganz schön so etwas früher zu wissen. Wir organisierten uns also, dass wir bei Georg im Haus schlafen konnten, damit wir noch den Samstag in Dublin verbringen konnten. Wir fuhren also morgens um 08:00 Uhr mit dem Bus nach Dublin, um unsere Sachen im Haus von Georg unterzubringen. Kathi hatte ihm am Vortag Bescheid gesagt, dass wir um 10 Uhr dort sein würden. Als wir ankamen, stellte sich heraus, dass niemand im Haus war und Georg davon ausgegangen war, dass wir abends um 10 ankommen würden. Wir haben eine geschlagene Stunde gewartet bis jemand kam, um uns die Tür aufzuschließen. Mit etwas Verspätung kamen wir dann im Stadion an (was aber nicht wirklich was gemacht hat, da das ganze erst nach irischer Zeit anfing, also viel zu spät). Wir bekamen Simon T-Shirts (umsonst, immer gut) und musste Fotos für Simon machen (im T-Shirt draußen in der Kälte). Danach wurde über eine Stunde lang, von verschiedenen Rednern, über die wichtige Rolle von Freiwilligen in den Communities gesprochen. By the way: We are very important =P !! Am Ende der Veranstaltung wurden wir dann durchs Stadion geführt (was zwar nicht so gigantisch ist, aber sehr schick ist).
Am Abend waren wir vier Mädels dann wieder auf dem Oktoberfest, um in Sandras Geburtstag rein zu feiern. Anders als beim letzten Mal (wir kamen um 8!!), mussten wir eine Stunde in einer Schlange stehen, um in die Innere-Area zu kommen (wo auch das Zelt stand). Zum Glück war das Wetter ok (kalt, aber trocken). Als wir dann endlich im Bereich waren, mussten wir feststellen, dass man nur ins Zelt kam, wenn man entweder schon ganz am Anfang drin war oder einen Tisch reserviert hatte. War bei uns natürlich beides nicht der Fall, aber wir wollten nicht den ganzen Abend draußen verbringen. Also hatte Kathi erst einmal ihre ersehnte Schweinshachse und wir konnten uns einen Plan überlegen. Der Plan war, zur Security zu gehen und ihnen von Sandras Geburtstag zu erzählen und zu hoffen, dass sie ein Herz für uns haben. Es dauerte etwas, bis wir sie verstanden hatten, doch letztendlich waren wir doch so sympathisch, dass er uns durchgeschleust hat. So mussten wir den Geburtstag nicht draußen verbringen. Die Nacht verbrachten wir dann (nachdem ich eine sehr besoffene Kathi wieder zurück bugsiert hatte) bei Georg im Haus.
Am nächsten Morgen wollten denn ein paar aus dem Haus in die Berge (die um Dublin rum sind) und Kathi schloss sich ihnen an. Ich musste gleich am Morgen wieder zurück, da ich mich am Morgen sehr krank fühlte (Der Anfang einer super tollen Heiserkeit und einer Erkältung).
Am 11.10 (dieses mal etwas früher angekündigt) hatten wir dann ein Non-Violent-Crisis-Intervention-Training, bei dem wir lernten Krisen zu erkennen und in den verschiedenen Stadien verbal einzugreifen und die Situation zu entschärfen. Das lustigste war der Part, indem wir gelernt haben, wie wir uns aus Würgegriffen und co befreien können, ohne den Angreifer zu verletzten (tu mir was und tu dir nichts, lautet die Devise …). Die Trainerin meinte, nachdem sie mir an die Gurgel gegangen ist und ich mich befreit hatte, dass ich ihr mit meinem Blick angstgemacht hätte, da ich wohl so wütend geschaut hätte (Gut so! Soll man doch sehen, dass mit mir nicht zu spaßen ist…). Also liebe Angreifer, seid vorsichtig, ich töte mit Blicken!!!
Vom 14.-16. War ich dann jeweils wieder von um 9-5 arbeiten. Eigentlich sollte ich die ganze Zeit mit einer anderen Freiwilligen arbeiten, da ich immer noch eingearbeitet wurde, dich sie nahm sich für Samstag spontan frei. Somit war ich unerwarteter Weise alleine mit einem Staff-Member. Feststellung nach dem Tag: Ich komme super alleine klar und bevorzuge es sogar, da ich dann sehr selbstständig arbeiten kann und mich auch mehr mit den Bewohnern reden kann.
Bevor ich es vergesse, dass wichtigste Überhaupt: UNSERE HEIZUNG GEHT ENDLICH! Nach einem Lichtausfall (wegen Kurzschluss) am 13. Kam ein Handwerker (Irene hat, als ich ihr die Mail geschickt habe, mich sofort zurückgerufen und mich zur Schnecke gemacht, da es sich dabei um einen ernsten Vorfall handeln würde und uns etwas passieren könnte) und reparierte das Licht, die Lüftung war aber hin. Am 17. Kam er dann wieder, um sich die Nummer vom Lüfter zu notieren (wir waren mitten beim Hausputz), da haben wir ihn dazu gebracht sich die Heizung genauer anzuschauen. Erst wollte er uns verklickern, dass alles ok ist und wir Öl brauchen würden (wir hatten aber gerade Öl bekommen), somit musste er das Problem lösen. JUHU!!!
In ganz Athlone stinkt es im Moment tierisch, da alle Haushalte mit Torf heizen (wie in ganz Irland…ist ein wenig wie im Mittelalter). Es ist überall grau und es stinkt. Das wird ein lustiger stinkender Winter.
So...das war es von mir (war ja auch mehr als genug). Ich versuche nächstes Mal eher wieder zu schreiben (ACHTUNG: Guter Vorsatz). Jetzt muss ich aber langsam meine Sachen zusammen packen, um dann gegen 21:30 Uhr (also 22:30 deutsche Zeit) zur Arbeit zu gehen (ich habe heute und morgen zum ersten Mal Nachtschicht).