„You are now entering the EU“
…heißt es über dem Ausgang der Freistadt „Christiania“. (von Alison)
Als wir sechs im November beim OnArrivals in Odense gewesen waren, war uns mitgeteilt worden, dass die Gruppe für das MidTerm aufgeteilt werden würde. Aus diesem Grund fuhren Nina, Zsófi und Frederike im Februar, und Maja, Johanna und ich im März zum MidTerm-Seminar. Dieses fand zur Freude aller in Kopenhagen statt. Neben Teambuildingspielen und Gesprächsrunden standen auch ein paar Ausflüge auf dem Programm. Die anderen drei hatten uns bereits nach ihrem Seminar von einer Führung durch Christiania berichtet.
Ich hatte in der zwölften Klasse im Sozialkundeunterricht mal einen Vortrag über Anarchismus gehalten und war dabei auf das Beispiel Christiania eingegangen. Davor hatte ich noch nie von der alternativen Wohnsiedlung gehört. Als ich Ende letzten Jahres das erste Mal in Kopenhagen war, stattete ich deshalb auch Christiania einen Besuch ab.
Bereits über dem Eingangstor thronen die Flaggen Christians. Die drei gelben Punkte auf rotem Grund stehen für die drei i-Punkte im Namen der Freistadt. Rot und gelb ist sie angeblich deshalb, weil die ersten Hausbesetzter auf dem Gelände große Mengen an roter und gelber Farbe fanden. In den siebziger Jahren waren die ehemaligen Militärbaracken von Obdachlosen bezogen worden und die Übernahme entwickelte sich mehr und mehr zu einem Protest gegen die dänische Regierung. Aus dem ehemaligen Militärgelände wurde somit ein Kollektiv hausbesetzender Hippies.
Olga, von der unsere Seminargruppe herumgeführt wurde, war selbst als junge Erwachsene nach Christiania gezogen und ist dort geblieben. Hier zog sie ihre Kinder auf, trägt ihren Teil zum Leben in der Gemeinschaft bei und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Existenz in Christiania aufgebaut. Die Führung glich somit keiner normalen Touristenführung sondern war vielmehr ein gemeinsames Schländern durch Christiania, während uns Olga an Anekdoten und Erinnerungen aus ihrem Leben teilhaben lies. Sie zeigte uns beispielsweise den Kindergarten, den Pferdestall und interessante Architektur und abschließend lud sie uns sogar zu sich nach Hause ein, wo sie alle unsere Fragen beantwortete.
Jemand fragte beispielsweise was bei einem ernsthaften Verbrechen getan würde. Olga erklärte uns daraufhin das Prinzip der Versammlung, die in Christiania Regeln festlegt, die Einhaltung dieser überprüft und sich bei Verstößen berät. Die höchste Strafe ist der Ausschluss von Christiania. Wenn jemand beispielsweise "harte Drogen" nimmt, deren Konsum in Christiania verboten ist, muss derjenige ausziehen. Bei Straftaten wie Mord kooperiert Christiania aber auch mit der Kopenhagener Polizei.
Diese Kooperation war nicht immer selbstverständlich. 2004 wurden beispielsweise bei einer Verhaftungsaktion mehrere Cannabishändler abgeführt. Der Verkauf von Gras in der "Pusherstreet" wird zwar mehr oder weniger geduldet, ist jedoch auch heute noch bei dänischen Behörden umstritten. Aus diesem Grund ist das Fotografieren in der Umgebung der Verkaufsstände verboten. Auf dieses Verbot wird mit zahlreichen Warnschildern hingewiesen.
Nach der Führung, der Fragerunde und einem gemeinsamen Abendbrot im Thairestaurant Christianias gingen wir am Ende des Tages zurück in die EU. ;-)