Wochenendausflüge
Biancas letzte Wochen waren kulinarisch äußerst lehrreich. Nicht nur, dass sie französische Vorurteile über deutschen Wein abbauen konnte, sie weiß nun auch, wie man Franzosen einen Fisch aufbindet.
Salut tout le monde!
Lange habt Ihr nichts von mir gehört, umso ausführlicher wird nun mein Bericht ausfallen, denn es hat sich wieder einiges getan in Frankreich!
Letztes Mal habe ich mit dem Besuch meiner Eltern aufgehört, als wir bei Paul zum Essen eingeladen waren. Insgesamt hatte ich leider wenig Zeit, um etwas mit meinen Eltern zu unternehmen, weil ich arbeiten musste, aber schön war es trotzdem. Einfach, sie um mich zu haben, ein bisschen auf Deutsch zu diskutieren und mit ihnen gemeinsam zu essen… Das hat mir gut getan. Einen Abend haben wir ein deutsches Essen in der JH abgehalten, meine Eltern hatten Kasseler, Bier und Dornfelder mitgebracht. Das alles musste nun für 18 Personen hergerichtet und zubereitet werden, also für alle, die mir hier wichtig sind: meine drei besten Freundinnen Julie, Sonia und Clémence, die Leute aus der Jugendherberge, die Stammgäste, meine Eltern… Das war so herrlich! Meine Mum war in der Küche halb am Verzweifeln, sie hat noch nie Essen für so viele Leute gemacht. Was wir beide nicht wussten: Das Leitungswasser hier lässt die Soße unglaublich scharf werden (wir vermuten, dass es am Chlor liegt), so dass wir versuchen mussten, sie mit Zucker und Ananassaft zu retten. Hat ganz gut geklappt. Nachdem die Gäste den Apperétif zu sich genommen hatten, servierten wir unser Kassler einmal mit Soße, einmal mit Ananas und Käse überbacken. Dazu gab es Bohnen und Kartoffeln. Viele Haben sich zweimal nachgeholt, so gut hat es ihnen geschmeckt, sie haben meine Mutter gelobt. Wir konnten das Vorurteil abbauen, dass in Deutschland kein Rotwein angebaut wird und einige der Damen haben entdeckt, das Bier auch dem weiblichen Geschlecht schmecken kann. Kulinarische Aufklärungsmission: Erfüllt!
Am Freitag, den 31. März, sollten meine Eltern dann abreisen und ich hatte meinen Termin im Krankenhaus wegen der Darmpassage. Natürlich haben sie mich hingefahren. Auf dem Weg dorthin meinte mein Vater scherzhaft: „So, wir haben alles, jetzt können wir heimfahren“ und verriegelte die Türen des Autos! Ich hatte schon ein bisschen Angst, dass er es ernst meint, aber er hat mich dann doch am Krankenhaus aussteigen lassen. Der Abschied war tränenreich, auch mir stieg die Emotion in die Augen. Ich drehte meinen Eltern irgendwann den Rücken zu, nicht ohne ein letztes Mal zu winken, und ging zu meinem Termin. Die Untersuchung war unangenehm wie immer: Magensonde legen, Würgreflex, Produkt rein, ewig auf dem Tisch ausharren…. War ich froh, als das wieder vorbei war.
Der 1. April 2006. Auch in Frankreich gibt es den Brauch, Leute an diesem Tag „in den April zu schicken“, man nennt das hier Poison d’avril (= Aprilfisch). Ursprünglich heftete man nämlich einfach einen kleinen Fisch aus Papier an jemandes Rücken, und wenn der es nicht merkte, sagte man Poison d’avril, um zu verdeutlichen, dass er hereingelegt worden war. Inzwischen versucht man einfach alles Mögliche, um jemanden dranzukriegen. Die Gelegenheit wollte ich natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen! Morgens habe ich mir von einem der Gäste eine Zigarette drehen lassen, die ich den ganzen Tag hinter dem Ohr spazieren trug um alle möglichen Leute glauben zu machen, dass ich angefangen habe zu rauchen. Bei einigen hat es sogar geklappt!
Das Mittagessen habe ich in der JH eingenommen, der pensionierte Chefkoch, der inzwischen ein Kochatelier in der JH leitet, hatte mich eingeladen. Da sag ich doch nicht Nein! Es gab Bratäpfel mit Lachs, Paupiette (= mit Gehacktes gefüllte Kalbsschnitzel) mit Gemüse und kleine Kekse zum Nachtisch. War das lecker! Die Rezepte habe ich natürlich auch schon, und ich habe Lotusblüten falten gelernt, für die Servietten. Dort habe ich ausnahmsweise mal keine Scherze gemacht, die Atmosphäre war so harmonisch. Einer der Teilnehmer hat sich sogar zu einem Lied hinreißen lassen, es wurde kräftig diskutiert, auch mit mir. Ich habe die Zeit wirklich genossen und ich konnte sogar ein paar Reste für Katrin retten, die gegen Abend ankommen sollte. So würde sie gleich eine franz. Spezialität probieren können.
Gegen Abend, als Abdoul Dienst am Empfang hatte, habe ich behauptet, am Nachmittag einen Anruf entgegen genommen zu haben, bei dem eine 40köpfige Gruppe ihre Ankunft für diesen Abend angemeldet hat und dass ich vergessen hätte, dies zu notieren. Er ist drauf angesprungen und wollte gerade Pascale alarmieren, als ich schnell „Poison d’avril“ hinzufügte. Wollte es ja auch nicht zu weit treiben! Als ich allerdings gleich darauf erzählte, dass ich eine Freundin am Bahnhof abholen wolle, glaubte er mir nicht mehr. Erst als ich mit Katrin im Schlepptau wieder in der Tür stand. Katrin war gekommen, um sich für ein paar Monate hier einen Job zu suchen, bevor sie ihre Ausbildung als Fremdsprachensekretärin anfangen sollte. Zusammen mit meiner kleinen Schwester Sonia haben wir dann zusammen in der Gemeinschaftsküche gegessen und ein bisschen über den CPE (= Contrat premier embauche, der Erstanstellungsvertrag für Jugendliche) diskutiert – ein Muss.
Das Wochenende nutzte ich erst mal, um Katrin Colonges-la-Rouge zu zeigen, das kleine Dorf aus rotem Backstein, in das ich mich einfach verliebt habe. Auch Katrin war begeistert und hat viele Fotos geschossen. Ich hatte wie üblich meine Kamera vergessen. Aber da ich sicher noch öfter dorthin gehen werde, ist das nicht so schlimm. Unter der Woche gab es viel zu tun, die Tage der offenen Tür nahten und es gab einiges vorzubereiten: Ständer vom Kino abholen, Plakate aufhängen, Saal dekorieren, Ballons aufblasen, mit dem Gesangsatlier proben et cetera.
Das alles führte zu einer ausgefüllten Woche mit nur einem freien Tag. Und Montag sollte auch noch Christof ankommen. Wirkliche Erholung würde das auch nicht bedeuten. Tant pis - sei’s drum. Es kommen auch nicht alle Tage Freunde zu Besuch. Die erste Woche konnte ich nicht soviel mit Christof machen, ähnlich wie mit meinen Eltern, aber Gott sei Dank war ja auch noch Katrin da. Die hat Christof einfach ein bisschen mitgeschleppt und ihm Brive gezeigt. Gegen Abend hatte ich ja dann auch immer frei, so dass wir einen Abend mal DVD geguckt haben (Das Experiment und Harry Potter) und Mittwoch sogar in der Disko waren.
Am Osterwochenende habe ich versucht, ein bisschen Zeit mit Christof nachzuholen. Ostersamstag haben wir ruhig angehen lassen, wir waren zunächst vormittags auf dem Markt, denn den muss man meiner Meinung nach zumindest einmal gesehen haben. Es hat ein bisschen geregnet. Ein paar frische Sachen wie zum Beispiel Salat haben wir auch gekauft. Und natürlich Walnüsse! Die gibt’s nämlich hier in Hülle und Fülle. Nachmittags haben wir das Picknick für den Sonntag vorbereitet und abends waren wir bei Paul zum Essen eingeladen. Er hat uns eine Tartiflette vorgesetzt, ein Kartoffelgratin mit Speck und verdammt leckerem Käse überbacken.
Voll und gesättigt sind wir dann Bowlen gefahren. Wir mussten eine Weile auf eine Bahn warten und haben die Zeit einfach mit einem Glas überbrückt. Dann ging’s los. Ich bin absolut untalentiert für diesen Sport (die Erfahrung konnten ja einige von Euch schon machen) und so bildete ich schon ziemlich bald das Schlusslicht, wohingegen zwischen Katrin und Christof ein richtiger Zweikampf entfachte, da sie sich als gleichwertige Gegner erwiesen. Es war eine Freude, den beiden zuzusehen und so habe ich die letzte Partie ausgesetzt, um den beiden schlicht zuzugucken.
Ostersonntag haben wir (wir das sind Katrin, Christof, Paul und meine Wenigkeit) einen Ausflug in die Dordogne gemacht und diesen gleich angemessen mit einem Picknick am Flussufer begonnen. Dort haben wir eine Ente mit ihren Kleinen gesehen. Anschließend haben wir die Höhlen von Lascaux besichtigt beziehungsweise deren bis auf fünf Millimeter naturgetreue Nachbildung Lascaux II. Die Originalhöhle ist seit einigen Jahren der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich, da das Kohlenstoffdioxid unserer Atemluft anfing, die Bilder zu zerstören. Es war echt beeindruckend, was für Künstler unsere Vorfahren doch waren, was sie schon alles für Techniken drauf hatten und wie natürlich viele der Tiere dargestellt waren. Man geht inzwischen nicht mehr davon aus, dass es sich um Jagdszenen handelt, da 80 Prozent der in den Höhlen gefundenen Tierknochen von Rentieren und nicht von den gezeichneten Tieren stammen (das heißt Pferde, Bisons, Widder, Hirsche, Kühe…). Selten findet man menschliche Darstellungen.
Danach haben wir Sarlat, die mittelalterliche Stadt in der ich auch schon mit meinen Eltern war, besichtigt. Und natürlich hat Katrin sich auch neben der Ritterrüstung fotografieren lassen ^^. Es gibt ein wirklich schönes Gruppenfoto von uns dreien, was ebenfalls in Sarlat entstanden ist. Auf dem Rückweg haben wir Gebäude und Häuser gesehen, die in den Berg hinein gebaut waren, man sah nur noch die Fassade. Bei einem längeren Gebäude war eine Schicht wie herausgeschnitten aus dem Berg, das war absolut beeindruckend zu sehen. Am Ende seines Aufenthaltes bin ich mit Christof nochmal einkaufen gegangen, und wir haben all jene Spezialitäten besorgt, die er seinen Eltern zeigen wollte: eine Art ahle Wurscht, ein etwas anderer Käsekuchen, zwei Sorten Käse, alles, was man für eine Tartiflette braucht, Cidre und natürlich Wein (von mir empfohlen). Bis auf eine Käsesorte ist meines Wissens alles gut bei der Familie angekommen. Gibt es eine größere Bestätigung?
Das Wochenende vom 23. April. Ich habe Rocamadour besichtigt, eine Stadt, die komplett am Berg gebaut ist und zu deren Besichtigung man fast nur Treppen läuft. Auf dem Berggipfel thront ein Schloss. Rocamadour ist Langue d’Oc, ein alter französischer Dialekt dieser Region, und heißt soviel wie ‘Ich liebe den Felsen’. Dort gibt es eine Kapelle mit der Schwarzen Jungfrau (La Vierge Noire), eine Madonnenstatue. Ihren Namen trägt sie auf Grund ihrer besonderen Farbe (welch Überraschung!), ich konnte aber leider keine weitere Dokumentation darüber finden. In der Kirche lag nichts aus und das Office de Tourisme hatte geschlossen. Den Rückweg habe ich durch das Vallée de Verzère genommen, eine schöne Landschaft, die gerade anfängt zu blühen. Frühling eben. Ich konnte nicht umhin anzuhalten und einen Strauß Lila zu pflücken, eine lilafarbene Pflanze die ganz stark duftet.
Drei-Tage-Wochenende vom 29.04. zum 01.05.: Mein Ausflug mit Paul in die Pyrenäen. Während bei uns in Brive ein warmer Frühling begann, herrschte in den Pyrenäen eine seltsame Klimamischung, die sich in der Landschaft widerspiegelte. Schnee, blühende Bäume, vertrocknetes Gras, Blumen, das alles reihte sich nahtlos aneinander. Natürlich konnte ich der Versuchung nicht wiederstehen und habe zumindest eine kleine Schneeballschlacht gemacht. Auf dem Weg zu unserer Nachtunterkunft, einem Gîte d’étappe, habe ich aus einer Quelle getrunken. Das Wasser war erfrischend kalt und rein. Es gibt in den Pyrenäen sehr viel Wasser, Kaskaden, kleine Wasserfälle, Flüsse, Seen… Deshalb nennt man die Grenze zwischen Frankreich und Spanien, die jeweils durch die höchsten Punkte des Gebirges markiert wird, ligne de partage des eaux – Linie der Wasserteilung.
Wir haben kurz in Ax-les-thermes halt gemacht und Paul hat mich das erste Mal meine Füße in eine heiße Quelle stecken lassen. Ich war hundemüde und wollte eigentlich gar nicht aussteigen, bin dann aber doch mitgegangen. Und was sehe ich mitten in der Innenstadt? Ein Steinbassin, ringsum ein paar Leute, die ihre Füße ins Wasser streckten. Ich habe nicht sofort verstanden, was da abgeht, dachte sie wären verrückt, bei derart frischen Temperaturen die Füße zu baden. Aber dann ist mir der Dampf aufgefallen, der in der Ecke aufstieg, wo die heiße Quelle das Bassin speiste. Da habe ich dann freiwillig meine Schuhe ausgezogen um es den Leuten gleich zu tun.
Gegen 19.30 Uhr haben wir dann unser Ziel für diesen Abend erreicht. Das Gîte d’étappe war urgemütlich eingerichtet und es herrschte eine familiäre Atmosphäre. Vielleicht umso mehr, da Paul die Besitzer kannte. Jedenfalls war im Esszimmer ein schöner Kamin, in dem ein Feuer brannte. Dort wärmte ich mich auch gleich erst mal wieder auf, den draußen waren es inzwischen nur noch Null Grad Celsius! Nach einer erholsamen Nacht haben wir uns am nächsten Morgen aufgemacht nach Andorra! Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber jedenfalls nicht das, was mich erwartete. Andorra ist ein unabhängiger Zwergstaat in Europa, in den Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich gelegen. Die Andorraner selbst nennen ihr Land stolz "El País dels Pirineus" (Das Land der Pyrenäen). Er wurde am 8. September 1278 gegründet und ist der größte unter den fünf europäischen Zwergstaaten. Der Zwergstaat in den östlichen Pyrenäen bietet eine verfassungsrechtliche Besonderheit: Das Steuerparadies hat zwei ausländische Staatsoberhäupter.
Aufgrund seiner Nichtzugehörigkeit zur Europäischen Union ist Andorra als Steueroase bekannt, weil es keine Einkommensteuer, Erbschaftssteuer, Kapitalsteuer gibt und bis Ende 2005 auch keine Mehrwertsteuer gab. Seit dem 1. Januar 2006 wird eine Mehrwertsteuer von vier Prozent auf die meisten Waren und Dienstleistungen erhoben. Das bedeutet für viele Briefkastenfirmen paradiesische Zustände bei der Unternehmensbesteuerung, aber auch der einfache Tourist freut sich über niedrige Preise für zum Beispiel Alkohol, Tabak und Kosmetik, da alle Waren in Andorra zollfrei sind.
Die Grenzstadt Pas de la Case erinnert ein wenig an Tschechien, es ist dreckig, die Gebäude kompakt und funktional. Eine Grenzstadt eben, die auf Kommerz ausgelegt ist. Paul jedenfalls hat sich erst mal mit Tabak, Alkohol und Lebensmitteln eingedeckt, hat die Reifen seines Autos wechseln lassen und sich einen Fotoapparat gekauft (100 Euro billiger als selbst im Internet!). Zu guter letzt noch eine Tankfüllung und ab geht’s. Aus letzterem wurde dann doch leider nichts, weil der Zoll ohne Ende blockiert hat. Drei Stunden steckten wir fest! Ich habe mich mit einem Auto hinter uns amüsiert, in dem ich ein Hupkonzert mit ihm veranstaltet habe. So ging die Zeit auch rum. Am Zoll zitterten wir schon ein bisschen, denn all die Waren die wir so im Auto verstreut hatten, waren einfuhrbeschränkt. Und wir hatten nicht gerade wenig gekauft. Ich hatte meine Sonnenbrille aufgesetzt, Pauls neuen Apparat umgehangen und die Karte auf den Knien – sprich ich mimte den perfekten Touristen – und wir sind tatsächlich nicht kontrolliert worden. Wir konnten nur noch einen Campingplatz für die Nacht suchen, so spät war es inzwischen geworden. Im Schlafsack war es auch gar nicht so kalt, wie ich dachte.
Als wir am Montagmorgen das Zelt abbauten, habe ich Geier in freier Wildbahn sehen können! Gut, dass wir auch ein Fernglas dabei hatten, es war echt beeindruckend! Bevor wir losgefahren sind, habe ich alle leeren Flaschen, die wir so dabei hatten, mit dem leckeren Quellwasser gefüllt. Paul hat mir eine paar wirklich schöne Gegenden der Pyrenäen gezeigt. So waren wir zum Beispiel in einem Nadelwald mit einem kleinen Bach, ein wirklich harmonischer Ort. Der Bach wird weiter oben von einem See gespeißt, der sogar noch zugefroren war! Später: eine heiße Quelle in den Bergen aus der Zeit der Römer. Das war wirklich ein Erlebnis! Das Wasser stinkt nach Schwefel, aber es ist so angenehm warm. Wir hatten einen tollen Ausblick auf verschneite Berggipfel und alles. Habe mir sogar einen leichten Sonnenbrand geholt!
Wenn man so durch die verschiedenen Dörfer der Region fährt, merkt man, wie hart, wie rau die Lebensbedingungen hier sind. Ein Job hängt am anderen. Industrie gibt es hier kaum, man lebt von den örtlichen Gegebenheiten. Es gibt verschiedenen Minen, die heißen Quellen, Viehzucht - das war es aber auch schon. Ackerbau hat in diesem schwierigen Klima keine Chance. Wir sind in einem Dorf vorbeigekommen, dessen Einwohner größtenteils in einer nicht weit entfernten Aluminium-Mine gearbeitet haben. Als man diese Mine geschlossen hat, ist auch das Dorf ausgestorben, der Bäcker musste dicht machen, die Bank, der Fleischer… Und es gibt noch mehr solche Beispiele. Eigentlich traurig.
Auf der anderen Seite gibt es in den Pyrenäen viel experimentelle Sonnenergie: so zum Beispiel einen Sonnenofen von mehreren Metern Höhe mit Brenngläsern als auch eine Art Spiegelgebäude, das durch Reflektion der Sonnenstrahlen auf ein Feld von Solarzellen Strom herstellen kann.
Für einen Urlaub sind die Pyrenäen mit ihrer variierten Landschaft und den multiplen Aktionsmöglichkeiten (Ski oder Kanu fahren, Canoning, Klettern, Wandern, Baden, Sonnen…) nur zu empfehlen. Es gibt einiges zu entdecken und ich habe sicher noch nicht alles gesehen!
Das Wochenende danach habe ich nicht so viel gemacht, das Wetter war verregnet und ich hatte nicht großartig Lust, irgendwas zu unternehmen. Samstag war ich mit Katrin ein wenig in der Innenstadt und wir waren in einer Bar etwas trinken. Dort haben wir über ihr (vielleicht) zukünftiges Appartement hier in Brive diskutiert und sie meinte, dann müsse sie sich ja auch Töpfe, Gläser und alles zulegen, selbst wenn sie etwas Möbliertes nimmt. Kurze Zeit darauf kommt der Barmann mit einem Karton Colagläser hinter seinem Tresen hervor und meint: „Ich habe zufällig gehört, dass Sie dafür vielleicht Verwendung haben…“ Das ist Frankreich. Die Leute sind unendlich hilfsbereit! Sonntag bin ich dann doch ein bisschen raus an einen See, keine fünf Minuten von hier. Wirklich lange konnte ich mich aber nicht ans Ufer fläzen, denn eine Stunde später setzte der Regen wieder ein, der mich schon über das ganze Wochenende begleitet hatte :-( So habe ich mich den Rest des Tages damit begnügt ein bisschen zu bügeln und sauberzumachen.
Dafür hatte ich für das Wochenende vom 13.05-14.05. wieder ein Programm: Ich war eingeladen zu einer Familienfeier bei Paul, was bedeutete, dass ich eine französische Großfamilie in Aktion erleben würde. Er hat sieben Brüder und Schwestern! Samstagnachmittag, nachdem er mir ein wenig die Gegend Poitou-Charentes gezeigt hat und „den schönsten Fluss der Welt“ (die Vienne laut Paul) sind wir in dem kleinen Dorf, in dem er geboren wurde, angekommen. Dort waren wir zunächst bei einer seiner Schwestern, mit der er sich besonders gut versteht und bei der wir auch geschlafen haben. Im Laufe des Abends konnte ich schon konstatieren, dass in dieser Familie gerne und viel diskutiert wird und so ahnte ich, was mich am nächsten Tag erwarten würde…
Morgens ist Paul mit einigen von seinen Geschwistern in die Kirche gegangen, um seiner Mutter zu gedenken und mich hat man gegen Mittag eingesammelt und zu dem Bruder gefahren, der die Familienfeier dieses Jahr ausrichtete. Das Essen war so reichhaltig! Ich glaube, wir haben den ganzen Nachmittag bei Tisch zugebracht, von Mittags bis 18 Uhr! Und wirklich still war es nie, es wurde in alle Richtungen gestenreich diskutiert, über Gartenpflege, Wein, Aktuelles, Politik und Geschichte… Kurz: Über alles Mögliche! Einer der Brüder hat ein Jahr in Deutschland gelebt, erst in Hamburg, dann in Berlin. Wir haben ziemlich lange diskutiert, verglichen, von unseren Erfahrungen erzählt… Es war schon irgendwie beeindruckend. Einige mögen sagen ‘das ähnelt doch den Familienfeiern bei uns’, aber ich komme nicht aus einer Großfamilie, kenne derartige Zusammentreffen nicht. Und irgendwie unterscheidet es sich sehr von dem, was ich bisher kennen gelernt habe, ohne dass ich sagen kann, in was. Jedenfalls habe ich ein schönes Wochenende verlebt!
Das wär’s dann auch mal fürs erste! Bis zum nächsten Mal, je vous embrasse! Bianca J.