"Wir brauchen Wissen und keine Informationen"
On-Arrival Training in Sommières - Weltenentdeckerin war vor Ort und teilt ihre Eindrücke mit uns: Hier führt sie ein Interview mit Electra aus Griechenland über ihren bevorstehenden EVS in Frankreich.
Name: Electra Kikioni
Heimatort: Arta bzw. Athen, Griechenland
Einsatzstelle: Onet-le-Château, Frankreich
Projektbereich: Organisation kultureller Veranstaltungen
Hattest du bereits ein EFD Vorbereitungsseminar in deinem Heimatland?
Nein, das „Arrival Seminar“ hier in Sommières ist mein erstes EFD Seminar.
Mit welchen Erwartungen bist du angereist, bzw. welche Begriffe sind dir zuerst eingefallen, als du an diese Veranstaltung gedacht hast?
Mmmh, ehrlich gesagt Langweile ... und Energizer, die nicht gerade mein Ding sind.
Und haben sich diese Befürchtungen erfüllt bzw. haben dir dennoch auch z.B. bestimmte Inhalte zugesagt?
Also, ich glaube nach wie vor, das die Informationen jetzt nicht super nützlich sind, weil man das alles schon mal irgendwie gehört hat (Ich bin schon bereits viel gereist bzw. hab an Austauschprogrammen teilgenommen) . Aber andererseits, was ich schon auch erwartet habe ist, dass man ganz viele andere Freiwillige trifft mit denen man sich austauschen kann und eine gute Zeit verbringt. Außerdem ist die „Cart“, das Hostel samt Location echt super und ein echtes Plus für mich war auch der „Minisprachkurs“ am Vormittag.
Wann bist du zu deiner Einsatzstelle angereist? Wie war dein erster Eindruck?
Ich bin am 8. September angekommen und da ich im Prinzip bisher nur eine Nacht dort verbracht hab, weil ich anschließend gleich hierher gekommen bin, kann ich zur Arbeitsstelle noch nichts sagen. Dafür ist die Unterkunft echt super! Wir sind 8 Freiwillige, aber dafür teilen wir ein ganzes Haus mit Garten. Außerdem hat jede Etage eine Küche und ein Bad. Im Sommer können wir draußen grillen – und für den Winter haben wir sogar eine offene Kaminstelle.
Dann der Ort an sich ist halt eher klein, also zumindestens für jemanden der aus Athen kommt. Ich glaub in Onet-le-Château, leben ca. 50 000 Leute, dafür ist der Verkehr dennoch ganz schön ordentlich. Mit dem Fahrrad zur Arbeitsstelle zu fahren wäre mir da ein bisschen zu gefährlich.
Hast du Kofferpacktipps die du gerne an EFDler weitergeben möchtest die noch nicht abgereist sind?
Also, versucht nicht einen überdimensionalen Rucksack als Handgepäck durchzuschmuggeln, dass hat bei mir nämlich in Athen am Flughafen nicht geklappt. Ich muss zugeben, dass mich meine Mutter schon gewarnt hat, deshalb hat ich noch einen kleineren Koffer dabei in den ich dann noch am Flughafen versucht hab alles irgendwie umzupacken, weil ich ihr es natürlich nicht glauben wollte. Aber generell, würde ich jedem raten Klamotten eher zu Hause zu lassen, weil es zu mindestens in Vergleich zu Griechenland hier mehr auch Schnäppchenangebote gibt. Was mich ein bisschen ärgert ist, dass ich mein Schmuckmaterial vergessen hab, ich mache nämlich gerne Ketten und Armbänder in meiner Freizeit.
Apropos, wie geht es dir so mit der Fremdsprache Französisch?
Ja, die Sprache ist ein Problem, für mich klingt das nämlich alles immer irgendwie gleich, aber deswegen hab ich mir auch ein Projekt ausgesucht, dass mir 4 Stunden Fremdsprachenunterricht per Woche organisiert.
Welches Stereotyp hat man vom „typischen Franzosen“ in Griechenland?
Das Übliche eben mit dem Baguette und so ... und dass die Franzosen strenger mit sich sind und eben nicht so offen. In Griechenland stehen sich alle irgendwie nah und jeder kennt jeden oder will jeden kennenlernen. Ist halt irgendwie herzlicher, wie man das halt von den südlicheren Ländern so im Kopf hat. Deshalb wollte ich ja z.B. auch nicht nach Spanien, weil ich glaube das die Mentalität der Griechischen stark ähnelt.
Welche Ziele verfolgst du mit dem EFD bzw. was wünscht du dir so, was in deinem EFD bis zum Midterm Seminar im Januar am besten passieren soll?
Es ist wirklich kein Geheimnis, dass die Lage in Griechenland gerade nicht so berauschend ist, deshalb ging’s mir darum das Land zu verlassen und mir möglichst irgendwo was anderes aufzubauen. Da ist ein EFD super, auch um erstmal die Sprache zu lernen. Natürlich freu ich mich auch auf die französische Kultur aber auch darauf leichter und billiger noch andere Länder zu in Europa zu bereisen. Aber wie schon gesagt, ausschlaggebend ist auch für mich z.B. dass ich mich darauf freue weniger zu arbeiten, denn eben aufgrund des derzeitigen Ausnahmezustands in Griechenland ist es mittlerweile normal enorme Stundenanzahlen für einen Hungerlohn bzw. ohne Arbeitsversicherung zu schieben.
Bis zum nächsten Seminar würde ich mir wünschen, dass ich bis dahin ein paar Leute kennengelernt habe und dass ich das mit der Sprache irgendwie hinkriege – sonst würde ich mich, glaube ich langweilen. Also ja, bis Januar hoffe ich dass ich mich in meinem Projekt irgendwie eben zufrieden fühle. Glücklich sein wollen wir doch alle.
Was bedeutet dir Europa und wie verbindest du den Europäischen Gedanken mit deinem EFD?
Um ehrlich zu sein. Überhaupt nichts. Diese ganze Geschichte, von wegen Solidarität und bessere Zukunft in einer europäischen Gemeinschaft ist für mich wie eine Schmierenkomödie, auch diese ganze Eurokrise ist für mich nur eine große „Show“. Bis auf die Vorteile durch das Zollfreie Reisen und eben Programmen wie den EFD, sehe ich nicht wie eine EU irgendwie helfen könnte.
Klar, hängt meine Haltung auch mit der gegenwärtigen Krise zusammen, in der meine Heimat gerade steck. Ich sag gar nicht, dass Griechenland nur wegen der EU gerade den Bach runtergeht aber in Kombination mit der alten konservativen Generation Griechenlands, die nur Politik im Sinn ihres eigenen Vorteils betreibt und dem Rest, der teilnahmslos angesichts all der Probleme und der täglichen Korruption nur mit den Schultern zucken kann, z.B. ist es ganz normal für seinen Führerschein mal extra Geld hinzublättern ... naja, da seh ich eben keine Hoffnung auf Besserung - keine wirkliche Zukunft eben.
Irgendwie ist das ja auch ein Teufelskreis. Das Bildungssystem ist bereits schon furchtbar, jetzt muss noch mehr eingespart werden. Die Familien haben weniger Geld, die Arbeitslosigkeit steigt noch mehr an und immer mehr junge Leute denken dann darüber nach ihre Heimat zu verlassen, weil es einfach nicht wirklich eine Perspektive dort gibt. Dann verliert der Staat noch immer mehr Geld, es können noch weniger Sozialleistungen gezahlt werden, und so weiter.
Klar, es gibt auch mittlerweile einige junge Leute die anders denken, die auf die Straße gehen und alles umkrempeln wollen, aber wenn man streikt kann man eben nicht auch noch eine Familie ernähren. Es dreht sich irgendwie einfach alles ums Geld – und davon gibt es nicht viel in Griechenland und das wir sich auch nicht so schnell ändern, zu mindestens für die kleinen Leute.
Ein abschließendes Wort oder dein Lieblingsleitspruch, den du gerne teilen möchtest?
Mein Lieblingsmotto ist sogar aus einem griechischem Lied, übersetzt lautet er ungefähr so:
„Wir brauchen Wissen und keine Informationen.“