Wie ticken die Chinesen?
Von meinen bisherigen Erfahrungen. Noch nicht allzu viele.
China ist anders. Andere Mentalität, andere Sitten. Doch wie ticken die Chinesen eigentlich?
Ich möchte keine Vorurteile entstehen lassen, sondern euch von den Personen erzählen, die mir hier begegnet sind. Unhöflich, offen, schüchtern, neugierig, freundlich, aufdringlich. Alles dabei.
Eine sehr schöne Beobachtung meiner ersten Wochen: Ich muss sagen, dass ich sehr viel Hilfe (angeboten) bekomme. Egal, ob bei der Suche nach deutschen Filmen, Bibliotheken mit deutschen Bildern, Empfehlungen für offizielle Konten bei WeChat mit guten Informationen und Angeboten oder für Obstläden, Cafes, Clubs, Essen oder beim allseits erforderlichen Dolmetschen. Sowohl Studenten, als auch Lehrer und Mitarbeiter der Universität zeigen wirklich häufig großes Interesse an deutschem Essen, deutschen Festen, meinem Wohlergehen, der deutschen Sprache und mehr. Ein extremes, aber wahres Beispiel: Das muss man sich mal vorstellen. Eine Germanistikstudentin ist eine Freundin/Bekannte einer meiner Kolleginnen. Sie fährt nach Dalian in der Nationalfeiertagswoche. Und sie nimmt mich mit. Einfach so, obwohl wir uns gar nicht richtig kennen. Ihr Interesse, ihr Deutsch aufzubessern und mir zu helfen ist anscheinend so groß, dass sie den Aufwand, die Geduld und Zeit, die sie für mich aufbringen werden muss, in Kauf nimmt. Sie hat sogar vorschlagen, dass sie alle Kosten, die während der Reise anfallen, vorstreckt und wir am Ende abrechnen. So einen großen Vertrauensvorschuss zu bekommen, ist wirklich besonders. Ich freue mich sehr darüber jemanden wie sie kennenlernen zu können.
Auf dem Universitätsgelände halfen mir fremde Studenten schon unzählige Male dabei mein Essen zu bestellen und/oder bezahlten für mich per WeChat (Handy) und ich zahlte es ihnen bar zurück. So eine Hilfsbereitschaft zu erfahren, ist schön. Und wenn die Kassierer und Verkäufer merken, dass ich kein Chinesisch kann, haben sie Verständnis und geben sich größte Mühe dabei mich trotzdem zu bedienen. Ich wurde noch nie weggeschickt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir hier jemand meinen Optimismus nehmen wird. Er wurde schon zu oft bestätigt.
Natürlich gibt es auch Verhaltensweisen, die für mich ungewohnt und unangenehm sind. Zu merken, dass meine Sitznachbarn über mich tuscheln und angestarrt zu werden, ist nicht schön. Im Verkehr vor mangelnder Rücksichtnahme und schnellen Motorrädern auf dem Bürgersteig in Deckung zu gehen, ist mir neu. Rauchen in Restaurants genauso. Und auch das Spucken und Rülpsen ist gewöhnungsbedürftig. Ich muss allerdings sagen, dass ich mich von solchen (nach meinen Gewohnheiten und deutschen Definitionen) unhöflichen Verhaltensweisen nie angegriffen fühle. Solche Dinge helfen mir dabei, den Begriff "Kulturunterschied" irgendwann WIRKLICH zu verstehen und zu verinnerlichen.
Zusätzlich zu den Einheimischen ist natürlich auch die Ausländer-Gemeinschaft eine große Hilfe. Empfehlungen und Einladungen zu Treffen in Cafes oder zu Ausflügen kriegt man hier fast täglich. Die Leute teilen ihre Herausforderungen und Gedanken miteinander und helfen sich, wo sie nur können. Ich persönlich merke allerdings, dass mir der Austausch mit Einheimischen viel mehr gibt als mit anderen Ausländern. Zum Start ist viel Austausch zu Ausländern bestimmt hilfreich und gibt viel Sicherheit, doch mein Wunsch ist es intensiver in die chinesische Kultur einzutauchen. Ich denke, ich bin auf einem guten Weg. Auch nach einem Jahr werde ich nicht sagen können, "wie die Chinesen ticken". Ich werde euch allerdings von noch mehr, hoffentlich hauptsächlich schönen Begegnungen erzählen können. Vielleicht werde ich dabei ein wenig besser verstehen können, "wie Menschen ticken".
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