Wie packe ich meinen Koffer für ein Jahr
Entweder wurde mein Koffer nur für zweiwöchige Urlaube konzipiert oder mein Kleiderschrank wurde nicht dafür gemacht, in einen Koffer zu passen - auch wenn ich langsam bezweifle, ob Kleidung wirklich das Problem sein wird.
Eins weiß ich schon jetzt mit Sicherheit: Entweder wurde mein Koffer eher für einen zweiwöchigen Urlaub konzipiert als für ein ganzes Jahr oder mein Kleiderschrank wurde einfach nicht dafür gemacht, in einen Koffer zu passen. Mein EVS sollte eine Herausforderung sein, das habe ich mir immer gedacht, als ich begonnen habe, nach Projekten zu suchen. Die Herausforderung, vor der ich in einigen Wochen stehen werde, habe ich aber nicht ganz erwartet: Wie packe ich eigentlich einen Koffer für ein Jahr?
Mir gefällt der Gedanke, dass ich mich jetzt entscheiden muss, und ich mag den Gedanken von Minimalismus. Trage ich eigentlich lieber blau oder weiß? Wenn ich ehrlich bin, brauche ich da Abwechslung. Brauche ich überhaupt zwei Paar Turnschuhe? Dass ich im Sportunterricht dabei sein werde, weiß ich schon, ob ich saubere Schuhe für die Turnhalle und zusätzliche Outdoor-Schuhe brauche, weiß ich noch nicht. Mein Lieblingscardigan, der Kuschelpullover, die neue Jeans - das sind Sachen, an denen ich nicht sparen möchte.
Und einfach Sachen nachschicken lassen? Später von meinen Eltern bringen lassen? Ein wenig fühlt sich das falsch an. Ungefähr so wie wenn ich in den Campingurlaub fahre, weil ich darauf brenne, einmal ohne Strom und Heizung & Co. auszukommen, und dann doch in eine Jugendherberge gehe, weil es mir nachts zu kalt geworden ist. War ich es nicht, die sich auch schon einmal darüber aufgeregt hat, wie konsumverrückt wir doch sind und wie wenig bedeutend so etwas wie Kleidung ist?
Das Überraschende ist jedoch, dass es oft gar nicht die Kleidung ist, die den Unterschied macht: Da ist so viel anderes, das auch mit muss. Da ist das Nötige für die ersten Tage - Kekse für den Flug, eine Tupperdose mit Reis für den Tag danach, Brote für den nächsten Morgen. Da sind Dinge, die so alltäglich sind, dass sie zuhause einfach da sind, an die man jetzt aber denken muss - Duschgel, Shampoo, Seife, Zahnpaste. Klar, kann man auch da kaufen, aber vielleicht will ich nicht am ersten Abend in den nächstbesten Supermarkt rennen müssen, nur weil ich mir die Zähne putzen möchte. Und vor allem sind da die Dinge, an denen ich hänge - der Traumfänger, der so schön aussieht und bestimmt auch eine anfangs recht kahle Wohnung retten kann, zahllose Boxen, die randvoll mit Fotos gefüllt sind, und die Lieblingsdecke, weil es auch in Spanien mal kalt wird. Nicht zu vergessen auch die Technik - das Smartphone, der Laptop, das Tablet, der eReader, die Musikbox, die Aufladestation. Und was soll jetzt zuhause bleiben?
Ich dachte immer, meine Winterboots und die Daunenjacke würden das Problem werden. Inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, dass Kleidung mein kleinstes Problem sein wird. Mir ist nie aufgefallen, wie viele Gegenstände ich eigentlich besitze und täglich benutze. Dass die geliebte Kaffeemaschine auf keinen Fall mitkann und ich am Tag nach meiner Ankunft als Erstes einen Supermarkt aufsuchen werde, weiß ich jetzt. Wie man einen Koffer für ein Jahr packt, weiß ich immer noch nicht. Einfach für drei Wochen packen und danach waschen, hat mir eine Freundin geraten, die einmal ein Jahr in Bolivien verbracht hat. Die Kleidungsstücke nicht falten, sondern rollen, habe ich im Internet gelesen. Ich bin gespannt, ob ich in einigen Wochen da tatsächlich schlauer sein werde.