Wie ich die Welt und mich entdecke
Was ist Reisen?
Sonne, Strand, Meer?
Ein Ortswechsel?
Keineswegs!
Wie ich die Welt und mich entdecke
Ein europäischer Freiwilligendienst um ein Stück Welt zu entdecken.
Oft bin ich in meinem Leben gereist: mit meiner Familie, meinen Freunden, meiner Schule und verschiedenen Vereinen.
Reise? Was bedeutet das eigentlich?
Geläufige Antworten sind: „Sonne, Strand, Meer, braun werden“
Gängige Urlaubsziele sind: Lloret, Mallorca und unzählige andere sonnige Plätze.
Das Wort Reisen kommt von dem Wort risan, dies bedeutet sich zu erheben. Reisen beinhaltet also einen Ortswechsel. Doch verbinden wir mehr mit Reisen als nur einen Ortswechsel. Sollte eine Reise nicht eine kulturelle Erfahrung sein, den Horizont erweitern und dazu beitragen die Welt besser zu verstehen?
Natürlich kann man es als kulturelle Erfahrung ansehen, wenn man im Hotel landestypisches Essen serviert bekommt und in der hauseigenen Disco einen einheimischen Tanz beigebracht bekommt.
Manch einer nehme an, er verstehe nun die Welt ein wenig besser. Dieses kleines Beispiel beschreibt die Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft.
Wir wollen keine Fremde. Wir zahlen sogar Geld, um der Ungewissheit auszuweichen.
Im Reisebüro lassen wir unsere Reise detailliert planen.
Als Beispiel möchte ich die Radstrecke von Passau nach Wien anbringen. Entschuldigen Sie, im Reisekatalog heißt es von Wien nach Passau.
Man erhält bereits vor Antritt der Reise alle Informationen über: Unterkünfte, Wegbeschreibungen, Notfallnummern, Kontaktpersonen, Notfallunterkünfte, Pannennummern und erhält womöglich ein GPS-System. Warum das ganze?
Kann man von Erwachsenen heutzutage nicht mehr erwarten, dass sie in der Lage sind eine Radstrecke von 300km eigenständig zu planen?
Ich glaube das ist nicht der Punkt. Vielmehr spielen Bequemlichkeit und ein hohes Sicherheitsbedürfnis eine Rolle. Durch zahlreiche Wegweiser, Pläne und Informationen können wir uns gar nicht mehr verlieren. Wir sind nicht mehr auf uns gestellt und uns erscheint nichts mehr fremd, denn wir sind den Plan unserer Reise sowohl im Reisebüro als auch Zuhause etliche Male durchgegangen.
Ganz einfach gesagt wird uns nicht mehr die Chance dazu gegeben: uns zu verlieren, uns fremd zu fühlen, uns unverstanden zu fühlen und damit uns den Herausforderungen einer Reise selbst anzunehmen.
Hinter all dem steckt eine gewaltige Branche, die aber durch unsere Nachfrage nach Bequemlichkeit und unserem unheimliche großem Sicherheitsbedürfnis entstanden ist.
Ein weiterer Punkt ist sicherlich unser Halbwissen über nahezu alle Regionen in der Welt.
Dank Wikipedia, Galileo, google, das Ländermagazin und etliche weitere Sendungen kennen wir uns doch bereits bestens aus in der Welt.
Ganz betont habe ich all diese Sätze in der Wir-Form geschrieben denn auch ich habe einige solcher Reisen hinter mir.
Doch der europäische Freiwilligendienst ist anders.
Ich bin losgezogen, allein. Und ich habe mir Zeit genommen. Zeit genommen um anzukommen und alles auf mich wirken zu lassen. Noch heute nach einem Drittel meines Freiwilligendienstes habe ich nicht alle Sehenswürdigkeiten meines Wohnorts gesehen. Nun zaubere ich bestimmt einigen einen gehörigen Runzler auf die Stirn. Denn viele messen eine gelungene Reise an der Vielfalt der Sehenswürdigkeiten, jedenfalls ist das die Standardfrage nach einer Reise.
Doch ich nehme mir Zeit um alles zu entdecken. Soviel Zeit, wie ich brauche.
Ich versuche die Menschen, Traditionen und Lebensweisen zu verstehen. Ich habe festgestellt, dass ich häufig meine eigenen Werte und Gedanken auf den Kopf stelle und diese neue sortiere. Ich habe hier keinen festen Zwang, was ich sehen und erleben muss, bevor ich wieder nach Deutschland zurückkehre.
Entspannt lasse ich neue Erlebnisse als auch Chancen auf mich zukommen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn man eine Reise dermaßen angehen lässt und auf der Suche nach Anregungen und Tipps ist, sich die Gastfreundlichkeit und Mentalität eines Landes ausstrahlt.
Menschen die ich auf meiner Reise getroffen habe, erzählten, kochten, schenkten, warnten, weinten und lachten.
Ich finde diese kleinen Anekdoten, Spezialitäten, Tipps aber auch persönliche Einschätzungen bedeutender als große Sehenswürdigkeiten.
Die Art meine Augen für die zwischenmenschlichen Dinge zu öffnen, hat mir der Freiwilligendienst gezeigt.
Natürlich sehe ich weiterhin all die schönen Plätze, Landstriche, den höchsten Berg, die Länge des Flusses und spüre die Atmosphäre des Meeres und die klimatischen Bedingungen aber was ich außerdem sehe ist mich.
Ich sehe nicht mehr an mir vorbei, ohne zu staunen.
Ich spüre, dass ich den Mut hatte zu lernen, meine Werte, meine Glaubensansätze und meine Interpretationen in Frage zu stellen.
Diese Erfahrung kann mir keiner nehmen und ich merke, dass diese mich selbstbewusster und stärker macht.
Der europäische Freiwilligendienst ist eine Reise.
Eine Reise um sich und die Welt zu entdecken.
comentarios