Wie ein TV-Mitschnitt Europa bewegt
Das Video zeigt eine 14-jährige Geflüchtete aus dem Libanon im Gespräch mit Angela Merkel. Es geht um die ungeklärte Aufenthaltssituation der Familie und die drohende Abschiebung. Am Ende bricht das Mädchen in Tränen aus.
Einen Tag später brachte die Bundesregierung eine lang geplante Änderung des Bleiberechts auf den Weg.
Eigentlich ging es in der Talkshow um Lebensqualität in Deutschland. Die junge Palästinenserin ergriff die Chance, um von ihren Erfahrungen als Geflüchtete zu erzählen. Sie lebt seit vier Jahren mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus in Deutschland, spricht Deutsch, Englisch, Arabisch, etwas Schwedisch. Sie möchte hier Abitur machen und studieren. Sie erzählt von den Unplanbarkeit ihrer Zukunft und Sorgen, dem Vater, der hier nicht arbeiten darf, dem nach vier Jahren nicht geprüften Asylantrag und der somit zu jeder Zeit drohenden Abschiebung.
Kanzlerin Merkel reagierte recht unbeholfen, als das Mädchen zu weinen begann und lobte sie dafür, ihre Geschichte erzählt zu haben. Unter dem hashtag merkelstreichelt wurde sie in den sozialen Netzwerken für ihre Reaktion kritisiert. Allerdings zeigt der 2-minütige Zusammenschnitt des Videos nicht die gesamte Diskussion und ist demnach irreführend, da es die Beurteilung des Verhaltens der Kanzlerin stark in diese Richtung lenkt. Das gesamte Video kann man sich hier anschauen. Dennoch ist die Sprachlosigkeit der Politiker gegenüber konkreten Einzelschicksalen exemplarisch für eine verbesserungswürdige Flüchtlings- und Asylpolitik, bei der die Verfahren beschleunigt, Zeiten der Ungewissheit verkürzt und für sichere Fluchtkorridore gesorgt werden muss.
Die Bundesregierung brachte wenig später einen schon länger geplanten Gesetzentwurf vor, in dem es laut Tagesschau.de heißt: "Einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich seit vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält". Demnach könnten für Familien wie der des Mädchens die Chancen auf dauerhaftes Bleiberecht gut stehen.