Wie ein Lockdown auch sehr schön sein kann.
Ein kleiner Bericht über meinen 3.Lockdown in Frankreich.
Seit fast zwei Wochen befinde ich mich nun jetzt schon im 3. Lockdown und im zweiten, den ich hier in Frankreich erlebe. Am 31. März verkündete Macron über den Fernseher, dass im April ein landesweiter Lockdown verhängt wird. Diesmal anders im Vergleich zum November, denn nun sollten auch die Schulen schließen. Das heißt nun also auch für mich, dass ich nicht mehr arbeiten gehen kann. Jedenfalls nicht bis zum 30.April.
Am Anfang war ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich mich darüber freuen sollte oder nicht. Zum einen war ich ganz froh, ein bisschen Zeit für mich zu haben und ein bisschen aus dem doch relativ stressigen und vollgepackten Alltag auszusteigen. Allerdings hatte ich gerade angefangen, mich wirklich wohl zu fühlen und für den April waren tolle Projekte und Exkursionen geplant, die nun alle ins Wasser fallen. Dann stand auch die Frage im Raum, ob ich überhaupt in Frankreich bleibe oder doch nach Hause fahre. Das war jedoch schnell geklärt. Ich wollte auf alle Fälle hierbleiben und nicht aus meinem gerade aufgebauten Umfeld herausgerissen werden, weil ich mich doch gerade so wohl hier fühle. Ich dachte, ein Monat, das geht schnell vorbei und außerdem habe ich ja auch meine spanische Mitbewohnerin Paula, mit der ich was unternehmen kann, soweit es eben geht.
Doch einen Abend vor dem Lockdown-Beginn eröffnete sie mir, dass sie wegen der aktuellen Situation nach Spanien zurückkehren werde, da sie auch von dort aus arbeiten könne und in Andalusien wenigstens alle Restaurants und Bars offen seien. Zudem sei sie dann bei ihrer Familie. Das kam zwar nicht sehr überraschend für mich, da ich das schon befürchtet hatte. Ich verstand das eigentlich ganz gut. Aber was sollte ich jetzt machen? Einen Monat ganz alleine, das wollte ich auch nicht. Vor allem, da ich wusste, dass in Saint-Brieuc, einer größeren Stadt in der Nähe, andere Freiwillige wohnen, mit denen ich schon bislang viel zusammen gemacht hatte. Die würden bestimmt in der anstehenden schwierigen Zeit viel zusammen unternehmen. Da es in Frankreich keine Kontaktbeschränkung gibt und die meisten von ihnen eh zusammen in einem Haus wohnen. Paula schlug mir dann vor, dass ich ja fragen könnte, ob ich bei ihnen einziehen könnte. Tolle Idee, dachte ich und insgeheim hatte ich ja auch schon selber darüber nachgedacht. Allerdings bestand die WG dort ja schon aus vier Personen und ich wollte nun ja nicht zu einem eh vorprogrammierten Lagerkoller beitragen. Trotzdem fragte ich dann nach und ein paar Stunden später war klar, dass ich meinen Lockdown in Saint-Brieuc mit anderen Freiwilligen in direkter Nähe zum Strand verbringen würde. Besser ging es gar nicht.
Am Montag dem letzen Tag an dem es noch erlaubt war, sich frei zu bewegen, packte ich dann meine Sachen und sagte meiner mittlerweile sehr liebgewonnenen Wohnung Lebewohl. Dann ging es schwerbepackt mit Koffer, Bettdecke, Kissen, Ukulele und Co. Richtung Bushaltestelle. Ich muss sehr hilfsbedürftig und leidend ausgesehen haben, denn auf halber Strecke wurde ich von einem netten Bauarbeiter aufgelesen und zur Haltestelle gefahren. Gott sei Dank, denn ganz ehrlich, ohne die Hilfe wäre ich glaube ich dort nie angekommen.
Endlich in Saint-Brieuc richtete ich mich schnell ein und genieße es nun, auch einmal in einer WG zu leben und Menschen um mich herum zu haben. Wir sind jetzt 5 junge Leute aus Deutschland, Österreich, Dänemark und Tschechien. In den letzen Wochen haben wir nun schon Ostern zusammen gefeiert und einen Geburtstag zelebriert. Wöchentliche Ausflüge zum Markt sind schon zur Tradition geworden. Wir verbringen unsere Tage damit, in der Frühlingssonne Erdbeeren zu essen und den ganzen Tag über Karten zu spielen. Abends wird zusammen gekocht und gesungen. Im Endeffekt hätte ich es nicht besser treffen können und ich bin sehr froh, dass ich nicht nach Hause gefahren bin. Denn das hier ist auf alle Fälle besser als mein altes Kinderzimmer in Stuttgart. Weil es eine völlig neue und schöne Erfahrung ist, die ich nicht missen möchte.