Wenn die Straßen sich in eine Rennstrecke und die Bürgersteige in eine Zuschauertribüne verwandeln
Einmal im Jahr gibt es in Jerez ein Motorradrennen, dass die ganze Region verwandelt.
Jedes Jahr im Frühling verwandelt sich der Puerto de Santa María, ein kleiner Ort an der Küste Spaniens, und ein paar weitere kleine Nachbarorte für zwei bis drei Tage in eine Rennstrecke für Motorräder, nicht im wahrsten Sinne des Wortes, denn das eigentliche Rennen und somit auch die eigentliche Rennstrecke sind in Jerez. Die Hobby-Biker bieten jedoch teilweise auch eine spektakuläre Show und das eben auf den Straßen der Dörfer rund um Jerez.
Seit 1950 wird auf der Rennstrecke „Circuito de Jerez“ jährlich ein Motorradrennen ausgetragen und seit 1951 zählt das Rennen in Jerez auch zur Motorrad-Weltmeisterschaft. Das Event lockt jedes Jahr Motorradfahrer aus ganz Spanien in den Süden und lässt auch alle vor Ort die Freude für ihre Motorräder wiederentdecken.
Das ganze Wochenende, von Freitag bis Sonntag wird gefeiert und alle Motorradfahrer nutzen die Gelegenheit ihre Künste zu präsentieren. Viele machen das sogenannte „Caballo“, was so viel bedeutet wie das „Pferd“ und einen Stunt beschreibt, bei dem die Motorradfahrer für eine kurze Zeit nur auf dem hinteren Rad fahren. Von einem Hobby-Biker erfahre ich, dass der Stunt heute nicht mehr erlaubt ist, da es in der Vergangenheit zu viele Unfälle gab. Die Kontrollen sind jedoch in jedem Ort unterschiedlich streng. Während im Puerto de Santa Maria das Polizeiaufgebot so groß ist, dass jeder eine Alkoholkontrolle befürchten muss und es sich nicht leisten kann, zwischendurch mal ein Bier zu trinken, sieht es in anderen Orten anders aus. Hier trinken die Fahrer in Ruhe ihr Bier und setzen sich danach wieder auf ihr Motorrad. Dies erklärt die erhöhte Zahl an Unfällen zur Zeit des Rennens in Jerez und die Mühen der Polizei, mit allen Mitteln die Geschwindigkeit der Fahrer durch provisorische Straßenschwellen und das Verengen von Straßen zu erzwingen.
Die immer strenger werdenden Kontrollen führen dazu, dass weniger Motorradfahrer kommen und auch dass die Zuschauerzahl abnimmt. Aber noch füllen sich die Orte um Jerez und Jerez selbst ohne Probleme. Ein paar Schaulustige genießen es auch einfach die Vielfalt an Motorrädern zu beobachten und wenn sie Glück haben, entdecken sie doch noch einen Fahrer, der einen verbotenen Stunt macht und sich anschließend auf die Flucht vor der Polizei begibt.
Während sich in den Nachbarorten von Jerez die Leute im privaten Rahmen auf das Rennen im Circuito am Sonntag vorbereiten, findet in Jerez ein geplantes und organisiertes Programm statt. Hier wird am Samstag eine Straße abgesperrt, auf der begeisterte Motorradfahrer ihre Sammlerstücke zur Schau stellen und es wird eine Rennstrecke für Nachwuchsfahrer abgezäunt.
Ein Rennen für fünf Jahre alte Nachwuchssportler auf Mini-Motorrädern findet als Einstimmung auf das große Rennen am nächsten Tag statt. Die Kinder steigen dabei vollausgerüstet, mit Helm und Anzug auf die Motorräder und fahren zielsicher mehrere Runden. Sie beherrschen die Motorräder allesamt perfekt, denn keiner stützt oder fällt.
Neben der Rennstrecke in der Innenstadt ist auch ein Wagen zur Moderation und Unterhaltung der Zuschauer aufgestellt und es werden Gewinnspiele angeboten. Auf dem zentralen Platz mitten in der Stadt haben die Sponsoren des Rennens weitere Attraktionen aufgebaut und werben für das anstehende Event.
Die günstigsten Karten kosten 50 Euro und dennoch füllen sich die Zuschauertribünen bis oben hin. Viele Motorradfahrer organisieren sich in Clubs und Gruppen und fahren gemeinsam zu solchen Rennen durch das ganze Land.
Dass sich das Motorrad in Spanien großer Beliebtheit erfreut, liegt wohl auch an dem guten Wetter. Während das Motorrad im Deutschland fast ein halbes Jahr in der Garage steht, kann es hier fast 365 Tage im Jahr genutzt werden.