Wenig los in Esso oder wie der Winter von dannen ging
Die letzten Wochen waren, verglichen mit den Wochen davor, ruhig. Aber nach einem letzen Ausflug mit dem Schneemobil ist nach 6 Monaten Winter der Frühling im Vormarsch, außerdem war ich mal wieder am Kardon.
21.3. bis 27.3.2011:
Am Montag nach der Fahrt zum Galjamaki startete die Woche erst einmal mit der Planjorka. Danach wurden dann Bilder von der Tour ausgetauscht und allen gezeigt (Die Russen, oder zumindest die Essoaner, sind echt fotogeil).
Am Dienstag verfasste ich einen Abschlussbericht über den Weihnachtsmarkt und den Verkauf von deutschen Produkten in Esso, welchen wir deutsche Volontäre veranstaltet hatten (siehe Berichte „Weihnachtsmarkt, Neujahr und viele Gäste“ sowie „Beringia, Kardon und Galjamaki in 20 Tagen“).
Am Mittwoch fingen wir an für Larissa Kulissen und Requisiten aus Müll für ein Theaterstück zu basteln. Außerdem sprachen wir einige organisatorische Dinge für das Theaterstück („Der kleine Prinz“) durch.
Da wir drei (Vera, Susan und ich) die vergangenen Wochenenden gearbeitet hatten (Kardon, Beringia, Kinderbasteln u.Ä.) nahmen wir uns den Donnerstag und den Freitag frei.
Diese beiden Tage und das Wochenende nutzten wir dann zum Ski fahren. Vorher mussten wir unsere Ski aber noch wachsen, mangels Bügeleisen schmolzen wir das Wachs dann über der Herdplatte. In Russland muss man eben öfters mal improvisieren. Die kleine Skitour war dann echt spaßig und auf den frisch gewachsten Ski konnten wir richtig über den Schnee flitzen.
Außerdem verwöhnten wir uns an den Tagen kulinarisch. Einerseits machte Sergej auf Grund des russischen Frühlings/Faschingsfest (Maslenitza) Pfannkuchen, die in Russland traditionell an diesem Fest gegessen werden. Andererseits buken wir einen Kuchen und ich machte am Freitag „Käsespätzle“. Mein Leibgericht aus meiner schwäbischen Heimat.
Am Sonntag gingen wir noch in den Park, da dort eine kleine Präsentation über die Fahrt des Pfarrers an der Beringia stattfand, mit Fotos, Geschichten, Tee und Keksen.
28.3. bis 3.4.2011:
Am Montag bot man uns Volontären (Kostja, Sergej, Vera, Ich und Susan) einen Ausflug zum Vulkaschiki (zwei kleine Hügel vulkanischen Ursprungs in einer wundervollen Landschaft) an.
Dorthin fuhren wir mit dem Schneemobil. Die Fahrt dauerte ungefähr eine Stunde und führte uns durch eine sehr schöne Winterlandschaft (Berge, Täler, Hochplateaus).
Am Ziel angekommen stiegen wir auf einen der beiden „Vulkänchen“ hoch, genossen die Aussicht und wieder unten tranken wir etwas Tee und aßen eine Kleinigkeit dazu.
Auf der Rückfahrt hielten wir noch an zwei Stellen an, die einen imposanten Ausblick boten. Als wir vom Hochplateau wieder in das Tal von Esso fuhren mussten Sergej und ich uns hinter die Sitzbank des Schlittens auf die Kufen stellen, damit der Schlitten nicht wie Wild hin und her hüpft, wenn es den steilen Hang abging. War dann ne spaßige Fahrt im Stand. Gegen 14 Uhr kamen wir wieder in Esso an.
Am Dienstag hielt Sergej, der in dieser Woche abreiste, seine Abschlusspräsentation über sein Volontariat im Bystrinskij Naturpark.
Außerdem schloss ich diese Woche den Bericht über den Weihnachtsmarkt ab und begann ein Infoblatt über das Kardon zu schreiben.
Am Mittwochnachmittag fand im Park ein Treffen der Teilnehmer der Beringia statt. Inklusive eines Gesangauftrittes eines Mädchens, einigen Geschichten, einer Urkundenverleihung, Tee und Keksen.
Am Donnerstagmorgen, ich war gerade mit frühstücken fertig, klingelte mein Handy. Es war Kostja. Er erzählte mir, dass es Problem mit Kardonsergej gebe und irgendjemand für ein paar Tage ans Kardon sollte. Abfahrt in ca. 2 Stunden. Da er keine Zeit hatte sollte jemand von uns dreien hoch. Das Los traf mich und Susan.
Also mussten wir wieder mal schnell unsere Sachen packen, die Vorräte checken und dann dementsprechend einkaufen gehen. Auf dem Rückweg vom Laden gingen wir im Park vorbei und holten uns dort noch ein paar Informationen über die Dauer unseres Aufenthaltes am Kardon. Es hieß, wir sollten bis Montag dort bleiben.
Kurz vor Abfahrt erfuhren wir noch, warum wir so plötzlich ans Kardon mussten. Kardonsergej war wohl betrunken in Esso aufgetaucht, anstatt nüchtern am Kardon zu sein.
Also das zweite Mal, dass ich plötzlich ans Kardon musste, weil der Inspektor dort betrunken war. Der Alkohol ist halt wirklich ein ernsthaftes Problem hier in Russland.
Angekommen am Kardon waren Susan und ich ob des bevorstehenden Aufenthaltes am Kardon und seinen Gründen entsprechend schlecht gelaunt.
Da kam es uns nicht gerade gelegen, dass der Schlüssel für die Hütte mal wieder fehlte, kein Gas zum Kochen da war, eine Gruppe aus der Schule für eine Nacht am Kardon war und fürs Wochenende schon die nächste Gruppe für Jurte und Banja angemeldet war.
Die Leute von der Schule waren aber so nett, dass wir uns wenig gestört fühlten. Als sie uns dann auch noch ein frisch gegrilltes Hähnchen brachten stieg unsere Laune sprunghaft an.
Die Sauerei, die Kardonsergej uns hinterlassen hatte, hatten wir da schon ziemlich beseitigt.
Am Freitag beschäftigten wir uns dann mit Sudoku, plappern, uns gegenseitig aufregen, dass wir hier sind, so wie es sich für einen typisch meckernden Deutschen gehört ;-) Wasser und Holz holen.
Zwischendurch kam Jura (ein Parkinspektor) noch mit einer Freundin auf einen Tee ans Kardon.
Am Nachmittag fuhr die Gruppe aus der Schule (nachdem sie uns zwei Brote und einen Topf Fischsuppe dagelassen hatten… lecker) ab. Da heizten wir uns dann erst einmal die Banja ein.
Gleichzeitig erhielten wir eine SMS von Vera, die uns mitteilte, dass wir doch schon heute abgeholt werden sollten. Da ja erster April war, hinterfragten wir diese Botschaft allerdings noch. Früher vom Kardon als gedacht? Das wäre doch zu schön.
Aber tatsächlich wurden wir von Kardonsergej abgelöst.
So waren wir am Freitagabend schon wieder zurück in Esso und konnten das Wochenende genießen (ein entspanntes Frühstück, ein Besuch der örtlichen Tanzbar, ausschlafen…)
4.4. bis 10.4.2011:
Diese Woche gab es für mich an zwei Tagen mal wieder Arbeit an der Garage gegenüber meiner Wohnung. Dort mussten Fensterrahmen gestrichen werden.
Sodann bastelte ich mit Susan weiter an einigen Kulissen und Requisiten für das Theaterstück, dass Larisa mit Kindern aufführen will.
Des Weiteren beschäftigte ich mich im Büro mit diversen Arbeiten am Computer und beseitigte ein Soundproblem an einem Besuchercomputer im Park.
Am Freitag musste ich mich dann vergewissern, dass der Wind nicht aus Süden kommt, da radioaktive Strahlung aus Japan nahe an Kamtschatka ran kam. Aber glücklicherweise wehte der Wind nach Süden und ich kann nur hoffen, dass ich bisher noch keine Strahlung aus Fukushima abbekommen habe.
Am Samstagnachmittag gingen wir drei noch einmal Ski fahren. Diesmal ging es mit Langlaufskiern auf die Skitrasse von Esso. Dort fuhren wir ein paar Mal ab und fuhren dann wieder zurück (da hier ja alle Straßen verschneit/vereist sind kann man auch Innerorts mehr oder weniger Ski fahren).
11. bis 17.4.:
Am Montag startete die Woche dann wieder mit der Planjorka.
Zu tun gab es diese Woche einiges. Einmal sollte ich ein paar Schilder auf dem Informationshof des Parks anbringen, wozu ich mir erst einmal Werkzeug geben lassen musste. Sodann sollte ich den Schnee/Eismatsch vom Bürgersteig kratzen.
Am Freitag half ich außerdem die Schlitten für die Sommersaison aufzuräumen.
Da im Mai neue Volontäre aus Deutschland kommen werden planten wir außerdem deren Ankunft, dass heißt wir überlegten uns wann wer in die Stadt fährt, für wie lange, was dann dort zu tun ist, kalkulierten die Kosten für die Abholung, buchten ein Zimmer in der Stadt und checken mal den Bestand an Arbeitsklamotten, Winterausrüstung und Ähnlichem in der Volontärswohnung.
Ein weiterer großer Teil war die Planung des Theaterstücks. Es gab eben einige organisatorische Dinge zum besprechen und es musste immer noch an der Kulisse gebastelt werden.
Da ich außerdem auch für die Technik zuständig war, sollte ich einige Lieder suchen, bearbeiten, Teile davon herausschneiden und ein Lied von einer DVD rausschneiden, da das auch als Hintergrundmusik verwendet werden sollte.
Am Mittwoch und am Samstag gingen Vera und ich wieder zum schnitzen.
Am Freitagabend brach dann die „Hundeplage“ über uns herein. Denn innerhalb weniger Minuten versammelten sich drei uns bekannte Hunde vor unserer Haustür.
Da alle drei uns gut kennen und zwei davon auch schon zeitweise in unserer Wohnung gelebt hatten drängten sie sofort in die Wohnung, wenn wir die Tür öffneten.
Nach einiger Zeit verschwanden zwei der Hunde wieder. Der dritte, noch ein Welpe, blieb aber und ging auch in der Nacht nicht. Vermutlich hat er nicht kapiert, dass er nicht (mehr) bei uns wohnt und bei uns auch nichts zum fressen bekommen würde. Dennoch heulte er bis Nachts um ein Uhr vor unserer Tür und wollte rein. Erst als ich dann nachts nochmal raus ging um ihn zu beruhigen und versucht hatte ihn nach Hause zu lotsen (ohne Erfolg) wurde er still und schlief ein.
Aber schon am nächsten Morgen ging es wieder los, mit heulen, bellen und kratzen.
Er folgte uns am Samstagmorgen dann auch noch zum Bassin, wohin wir zum baden gingen. Am Mittag ging er mit Vera und mir noch mit zum schnitzen, allen Aufforderungen nach Hause zu gehen oder wenigstens an unserer Wohnung sitzen zu bleiben zum Trotz.
Erst als wir am Nachmittag auf dem Weg zum Laden dem Besitzer über den Weg liefen entschloss sich Otscho, um den Hund mal beim Namen zu nennen, wieder mit zu seinem Herrchen nach Hause zu gehen.
Das einige Hunde stets zu uns „zu Besuch“ kommen liegt einfach daran, dass wir die Hunde einigermaßen gut behandeln. Damit meine ich nicht, dass wir ihnen etwas zum Essen geben (denn dann würden wir sie wohl gar nicht mehr los werden), nein wir schlagen und treten sie nur nicht. Denn hier ist leider Gang und Gebe, dass man seine Tiere (und die meisten Leute haben hier einen oder mehrere Hunde) mit Schlägen und Tritten erzieht. Wenn wir dann mal bei Leuten, die wir kennen, gegen diese brutalen Erziehungsmethoden Einspruch erheben und sagen, dass man Hunde auch ohne Tritte erziehen kann, dann wird uns nicht geglaubt und man sagt uns, dass man das so machen muss.
Auch in der Kindeserziehung ist Russland meiner Meinung nach einige Jahre hinten dran. So werden die Kinder hier nicht erzogen, indem man ihnen über ihre Stärken und mit Lob weiterhilft und ihnen Liebe zeigt, sondern wie es in Deutschland früher üblich war nur durch schreien, meckern, schlecht machen, erniedrigen, demütigen und leider kommt es auch vor, dass Eltern ihre Kinder schlagen (hab ich noch nicht gesehen, aber Susan und Vera wurden schon Zeuge).
Zurück vom Laden genossen wir dann das erste Mal in diesem Jahr unser Eis in der Sonne. Denn inzwischen ist es hier wieder so warm, dass man mittags, wenn die Sonne scheint, im Pullover draußen sitzen kann. Auch der Schnee auf den Straßen in so ziemlich weggetaut. Jetzt sind die Straßen zwar ziemlich matschig, aber das wird hier auch so bleiben, bis es im Herbst wieder schneien wird.
Für den Sonntag nahm ich mir den Hausputz vor, inklusive dem ausschaufeln eines Erdloches, das sich in einer Ecke unseres Wohnzimmers befindet, in der Heizungsrohre in die Wohnung kommen und das bisher niemand geschlossen hat. So hat unsere Katze es als Katzenklo benutzt und ich schaufelte den Dreck nun aus dem Loch und nahm gleich noch die Maße auf, um einen Deckel für das Loch zu bauen.
18. bis 24.4.2011:
In dieser Woche beschäftigte ich mich mit dem Bau dieses Deckels.
Vor allen Dingen aber standen nun die letzen Kulissenarbeiten und die ersten Proben für das Theaterstück an.
Während den Proben zeigten sich so die einen und anderen Probleme. Denn einige Schauspieler sagten zu, dass sie an dem Stück mitwirken wollten, kamen dann aber nicht zur Probe. Das Leute hier zu irgendetwas zusagen und dann kurz vorher absagen oder einfach nicht kommen ist mir hier nun schon einige Male aufgefallen.
Dennoch schafften wir es das Theaterstück am Freitag erfolgreich aufzuführen.
Neben den Proben ging ich diese Woche mit Vera viermal zum Schnitzen, da unsere Lehrerin bald für einige Zeit verreist und wir unsere Werkstücke noch bis zu einem bestimmten Punkt bringen wollten.
Am Freitagabend begannen wir das Wochenende dann mit einem gemeinsamen Essen bei Larissa, zur Feier unserer gelungenen Erstaufführung.
Den Samstag verbrachten wir (abgesehen von zwei Stunden schnitzen) mit den Vorbereitungen für Ostern. (Backen, Eier färben, aufräumen, einkaufen…)
Den Ostersonntag begannen wir dann mit Eiersuchen, danach genossen wir unser Osterfrühstück mit einigem Selbstgemachtem, Ostereiern und Leckereien aus Deutschland.
Für das Mittagsessen luden wir Larisa ein und grillten auf unserem Hof.
Am Nachmittag kamen noch Natalia Petrowna und ihr Mann Pjotr Petrowitsch zum Osterkaffee zu Besuch.
Am Abend legte wir noch Musik auf und tanzten eine Weile duch unsere Küche (jaja, unsere Wohn – Ess – Küche ist echt groß). Den Abend ließen wir dann gemütlich auf dem Sofa ausklingen.
25.4. bis 28.4.2011:
Am Ostermontag gingen wir zunächst mal auf Arbeit (hier gibt es nur einen Osterfeiertag). Nach der Planjorka veranstalteten wir mit den Mitarbeitern ein kleines Osterfest, inklusive Eiersuchen, selbstgemachten Süßigkeiten und Tee.
Danach gingen wir wieder nach Hause, schließlich war ja noch Ostern. Den restlichen Tag nutzen wir zum ausruhen, Essen und putzen.
Abends gingen wir noch einmal in den Park. Denn in dieser Woche findet jeden Abend Französischunterricht im Park statt, den Camille uns gibt. Ich lerne also jetzt als Deutscher in Russland Französisch auf Russisch. Da setzt dann der Kopf schon mal aus, denn wenn man eine Sprache neu lernen muss, aber die Unterrichtssprache einem auch noch nicht allzu geläufig ist, ist das nicht unbedingt einfach.
Am Dienstag ging es dann wieder normal auf Arbeit.
Am Nachmittag fand noch eine kleine Gedichtestunde statt. Denn anlässlich des Jahrestages der Tschernobyl – Katastrophe wollten wir im Park Gedichte in verschiedenen Sprachen vortragen, zum Zeichen, dass alle Nationen Teil haben an dem Unglück von 1986. Ich trug dabei ein Gedicht im schwäbischen Dialekt vor.
Abends hieß es dann wieder Französisch lernen.
Am Mittwoch beschäftigte ich mich wieder mit dem Bearbeiten eines Liedes, dass Larisa für die abermalige Aufführung des Theaterstückes haben wollte. Außerdem gab es noch ein paar Dinge für die neue Aufführung zu besprechen.
Den Donnerstagvormittag verbrachte ich wieder im Büro. Am Nachmittag stand eine Theaterprobe auf dem Plan. Dazu gings dann wieder in die Bibliothek.
Nach dem Französischunterricht ging es dann Hause.