Was für ein Seminar...
Vom 16. bis zum 19. war ich auf einem Seminar, in einer Stadt namens Lagow, die es etwa drei mal in Polen gibt. Weil Anja da auch hinfuhr verabredeten wir uns in Posen zu treffen und von dort aus weiterzufahren. Anja rief mich an als sie in Posen war, um mich zu fragen, welcher Zug das denn sei, den wir weiternehmen müssten, da fuhr mein Zug in Stettin gerade mal los... Von Posen fuhren wir dann weiter nach Swiebodzin und rannten, keine Ahnung, zweimal durch den ganzen Zug auf der Suche nach einem freien Platz. Dann quetschten wir uns irgendwo zwischen. Uns gegenüber saß eine Nonne neben einem Punk-Rocker. Das war ein echt seltsamen Bild. In Swiebodzin trafen wir dann noch andere Seminarteilnehmer. Wir alle stiegen in den Bus nach Lagow. Es war schon dunkel und der Bus fuhr mitten durch den Wald über irgendeinen Trampelpfad mit einer meiner Meinung nach dafür viel zu hohen Geschwindigkeit. Wir fuhren über Käffer mit fünf Häusern, manchmal hielt der Bus an einer Wiese an und ließ jemanden aussteigen. Anja und ich sahen uns an: Oh mein Gott! Dann dreimal dasselbe: Wir sahen das Schild "Lagow links abbiegen" und jedes Mal fuhr der Bus geradeaus weiter. Trotz allem kamen wir an. Dieses Kaff glaube ich war das größte in der gesamten Umgebung. Wir waren im Nichts angekommen...
Unser Hotel war toll. Zweierzimmer mit Fernseher...okay, nur polnische Sender, aber trotzdem...Luxus. Und von vornherein: Das Essen war ebenfalls grandios! Dann kamen wir in den Versammlungsraum. Der erste, der uns auffiel, war ein blonder Typ, der durch die Gegend sprang und Fotos machte. Na toll! Ich hasse Fotos, jedenfalls von mir ;-) Naja, und dann ging es los. Kennenlernspiele, was ja immer das schlimmste bei Seminaren ist. Alle hatten Hunger, aber erbarmungslos wurden Spiele gespielt. Meine Laune sank immer tiefer.
Am zweitem Tag hatten wir morgens erst mal eine Vorstellungsrunde von den beiden Vereinen, die das ausrichteten, weil eigentlich niemand außer den Mitgliedern wusste, was das überhaupt für Vereine waren beziehungsweise, was das Thema des Seminars war. Dann trennten sich die Vereine, um erst mal unter sich zu arbeiten, was dazu führte, das wir da standen und uns dachten: "Okay, hab ich jetzt frei?", aber nein, wir gingen einfach zu dem deutschen Verein. Dann arbeiteten sie und wir hatten keine Ahnung von nichts. Wir trennten uns noch mal in Gruppen und meine Gruppe diskutierte und diskutierte über irgendein "Problem", was für mich als solches gar nicht zu erkennen war. Dann gab es Essen und meine Gruppe beschloss, sich danach noch mal zu treffen. Dann versammelten wir uns alle da, alle sagten, sie seien fertig und könnten nicht mehr (so wie ich), aber eine Übermotivierte wollte unbedingt weiter machen, Sachen beschließen und ich weiß nicht was. Daher mussten wir ALLE noch mal weiter diskutieren, für circa anderthalb Stunden, um (Zitat) "ihr Bedürfnis zu befriedigen". Es gab mehrere Situationen, wo ich dachte: "Okay, jetzt sind wir fertig", aber dann kam Bernhard und sagte: "Irgendwie weiß ich gar nicht, was ich jetzt machen soll" (zur Erklärung: Er sollte gar nichts machen). Aber weil ja "sein Bedürfnis jetzt nicht befriedigt war", diskutierten wir weiter. Irgendwann waren wir tatsächlich fertig und ich flüchtete zu Anja, die sich halb totlachte, als ich ihr das erzählte.
Am dritten Tag hatten wir Erlebnispädagogik (was die am Ende mit G geschrieben haben, was mich wirklich schockiert hat). Wir rannten in Gruppen durch den Wald, um verschiedene Übungen zu machen. Übung eins: Wir hängen mit Klettergurten an einem Seil zwischen Bäumen und bauen Rohre so auf, dass eine Murmel einen bestimmten Weg rollt. Übung zwei: Wir suchen zusammengebunden (und einer mit verbundenen Augen) sechs Murmeln, die im Wald versteckt wurden. Übung drei: Wir ziehen mit verbundenen Augen (und einer gibt Kommandos) einen Ast einen Parkur entlang. Übung vier: Wir ziehen uns an einem Seil entlang, wobei ich mir natürlich bei meinem Glück fast den Schneidezahn ausschlage. Ja, ich weiß schon, warum ich Erlebnispädagogik nicht mag; auch wenn die andern Übungen ganz lustig waren. Am Nachmittag sollten wir dann Über die Zusammenarbeit der beiden Vereine sprechen. Anja und ich waren wieder in einer Gruppe, wo ein nicht vorhandenes Problem bis zum geht nicht mehr diskutiert wurde und wir nur da saßen und uns dachten :"Hä?" Daher gab es da natürlich keine Ergebnisse, jedenfalls so wirklich. Abends wurde gegrillt.
Am vierten Tag kam dann nur noch die Zusammenfassung und die Rückfahrt.
Generell glaube ich, dass das Bedürfnis der beiden Vereine nach ihren Zielen, die sie sich am ersten Tag gestellt hatten, nicht so ganz befriedigt wurde. Was Anja nicht so toll fand, war der Spieldrang: Wir stehen im Innenhof und watscheln als Pinguine oder Flamingos durch die Gegend; die örtliche Bevölkerung bleibt stehen und glotzt uns an. Außerdem haben wir "Vampir" gespielt, einer ist der Vampir und muss alle töten. In der ersten Runde wurde ich fieserweise beim Essen getötet. Auf heimtückische Art und Weise. Bei der zweiten Runde durften wir uns schützen, was dazu führte, dass wir den ganzen Tag mit einer Knoblauchzehe in der Hosentasche durch die Gegend rannten. An einem Abend las Oliver uns was vor. Es ging um Mord und so in Polen während der kommunistischen Zeit; kein tolles Thema, aber trotzdem interessant. Wirklich lustig waren die Übersetzungen vom Deutschen ins Polnische oder umgekehrt, die wortwörtlich gemacht wurden, auch wenn man zehnmal ein Wort wiederholt hat, weil man nachdenken musste. Und lustig waren auch die anderen Freiwilligen und die Gespräche am Essenstisch; zum Beispiel Anja: "Ja, und wenn dann die Bücher bei uns vergast wurden..." oder (noch mal Anja über Reisegruppen in Olsztyn): "Ja, und dann die Deutschen immer mit ihrem Führer..." Ich bekam auch von einer anderen aus Sachsen das Kompliment, dass ich ein "echt netter Wessi sei". Fand ich sehr nett. ;-)
Die Leute von den Vereinen fand ich aber ein bisschen komisch, wenn sie von "Bedürfnis befriedigen" oder so gesprochen habe und die waren sooooo langsam, dass es mich schon fast wieder aufgeregt hat. Sie passen nicht zu Anja und mir, weil sie einfach nicht unser Menschenschlag sind. Das Lachen kam meistens sehr gezwungen rüber und gar nicht, wenn wir uns totgelacht haben. Dann wurde nur durch die Gegend geguckt.
Naja, ich glaube, damit ist mein Schreibbedürfnis für heute erst mal befriedigt...Ich verweise noch auf den noch folgenden Artikel von Anja!