Warum? Weil ich sie liebe!
"Sieben Monate lebe ich nun schon hier. Wie ein Tourist fühle ich mich schon lange nicht mehr." Eine Liebeserklärung an die goldene Stadt, die gerade im Frühling in ihrer ganzen Pracht erstrahlt.
Die Sonnenstrahlen brechen durch das Fensterglas und erhellen den Raum. Obwohl die Uhr erst 07:13 anzeigt kommt es einem so vor als hätte der Tag schon einige Stunden auf dem Buckel. Ich drehe mich noch einmal um. Schlafen kann ich nicht mehr, das steht fest, aber noch den letzten Träumen und Gedanken nachhängen. Mit einem Ruck zieh ich die Decke zur Seite und mit einem kleinen Sprung bin ich auf den Beinen. Ein bisschen gähnen muss ich schon und zum vollständigen wachwerden recke und strecke ich mich einmal kräftig. Vorsichtig blinzel’ ich in die Sonne. Die Sonnenstrahlen lassen meine blauen Augen leuchten. Vor Freude auf den schönen Tag.
Die Sonne – golden, gelb, hell und warm. Sie erstreckt sich über die gesamte Stadt und noch viel weiter. Ich vergesse die Menschen um mich herum. Viele Touristen zieht es hier her. Selbstverständlich. Wer will nicht den Glanz der Stadt von diesem Ort aus sehen. Wie die Sonnenstrahlen jedes einzelne Dach bestrahlen und glänzen lassen. "Die goldene Stadt" - so wird sie genannt. Und das nicht zu Unrecht. Man braucht nur dort stehen, wo ich mich jetzt befinde. Ich schließe die Augen und genieße die Wärme der Sonne, versuche jegliche Geräusche um mich auszuschalten. Jetzt wo der Frühling die Knopsen der Bäume erblühen lässt, die Vogel im Grünen zwitschern lässt – ja, da wird mir bewusst wie sehr ich diese Stadt liebe.
Ein Glitzern – ich habe mich von der Menschenmasse treiben lassen. Die Treppen der Burg hinunter bis zur Karlsbrücke. Und da erstreckt sie sich. Wie eine Schlange schlängelt sie sich durch die ganze Stadt. Eine Schlange mit Glitzerschuppen. Die Moldau – viele kleine Tretboote überqueren jetzt den Fluss. Aber auch die Passagierschiffe und ähnliches schippern gemütlich über das Glitzermeer.
Sieben Monate lebe ich nun schon hier. Wie ein Tourist fühle ich mich schon lange nicht mehr. Ich würde sagen ich kam nie als Tourist in diese Stadt. Von Anfang ließ ich mich vom täglichen Leben treiben. Die Arbeitsleute in der Tram, die gestressten Leute mit Laptoptasche und mittags die Schüler mit strahlenden Gesichtern, dass sie dem täglichen Alltagstrott der Schule entkommen konnten. Ich möchte nicht auffallen – nicht als Tourist. Oft nur zögerlich ziehe ich mein deutschsprachiges Buch in der Tram raus. Deutsch höre ich überall in Prag. Jetzt wo der Frühling seinen Weg zu uns gefunden hat, gibt es kein Halt mehr für die Touristenmassen!
Grün – meine Lieblingsfarbe! Da bin ich hier zugenüge von umgeben. Mit meiner grünen Decke liege ich im grünen Gras. Umgeben von grünen Bäumen. Selbst das Haltestellenschild der Standseilbahn hoch zum Petřín ist grün. Vögel zwitschern ihre schönsten Lieder. Die Touristen stehen in einer langen Schlange vor der Bahn – die jungen Leute genießen die große Parkanlage bis hoch zum Berg mit Picknick, Gitarre und Spaß. Oft passiert es mir, dass ich an einem Ort bin, die Augen schließe und denke – kann es wirklich sein? Ist es tatsächlich so, dass ich in einer der wunderschönsten Städte Europas bin? Jeder wird nun denken, wie oft ich es wohl noch sagen werde.
Aber, wenn man einmal die goldene Sonne über den Dächern, das Glitzern der Moldau, das Grün des Berges am Petřín – wer all das erleben durfte wird mir zustimmen.
Ich klappe das Buch zu. Seit cirka fünf Jahre bevorzuge ich Krimis oder Horror. Warum das so ist weiß ich auch nicht genau. Die Welt um einen scheint dann viel friedlicher. In meinem Buch hat der Detektiv den Mörder erfolgreich ans Tageslicht gebracht.
Bei mir verabschiedet sich das Tageslicht langsam am Horizont. Es fröstelt mich ein bisschen und ich ziehe mir eine Jacke über. Es ist wieder einer dieser Moment – ich lebe und liebe PRAG!!!
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