Warschau!
Missliche Lage: Es ist dunkel. Es regnet. Du bist allein. Und weißt überhaupt nicht, wo du bist. So erging es weltenbuerger beim On-Arrival-Training in Warschau und sie fand es großartig.
Ja, wie geil ist das mal, bitte? Unser so genanntes On-Arrival-Training ist in Warschau. Das machen aber nur bestimmte Menschen, nämlich nur solche, die einen Europäischen Freiwilligendienst machen... Das klingt schon mal genial! Vier Stunden mit dem Bus waren allerdings nicht so berauschend, aber zum Glück hatte ich Lukas, mit dem ich morgens um 8 Uhr am Bahnhof stehen und ihn auch in der gesamten Fahrzeit mächtig vollquatschen konnte.
Angekommen in Warschau erschlägt es uns erst einmal. Was ist denn bitte das? Die Stadt, hammergroß und auch übelst schön, haut erstmal voll rein. Der Kulturpalast, den alle Einwohner hassen, weil er ein Geschenk von Stalin ist, gefällt mir am besten. Er ragt ein bisschen wie der Big Ben über die Stadt. Das Hotel ist eine Jugendherberge mit Etagenklo und 5-Bettzimmern, was mich weniger erschreckt, als ich gedacht hätte. Unsere Truppe ist bunt gemischt, zwei Franzosen, zwei Spanier, eine Ukrainerin, eine Belgierin und der Rest alles Deutsche. Insgesamt sind wir 18 Leute und am Nachmittag geht es auch gleich los: Michael, ein Deutscher, macht mit uns die Einführung. Er muss Englisch reden, weil es sonst nicht alle mitbekommen. Ich freunde mich mit Jennifer an, die in Szczecin wohnt und mit Mathieu, der Franzose ist, hammergut Deutsch spricht und mit dem ich mein Französisch aufbessern will. Die erste Runde ist, wie immer, eine Kennenlern-Runde. Gruppendiskussionen zu unserer Stimmung gehörten genauso dazu wie Materialien über die anderen zu sammeln. Am Abend suchen wir ein Internetcafé, rennen durch die halbe Stadt und finden am Ende keins, weil das, was wir finden, geschlossen ist.
Projekte und wir
Das ist das Thema des heutigen Tages. Wir fangen damit an, dass sich Wojtek vorstellt, der gestern bei der Hochzeit seines besten Freundes war. Als erstes kommen noch einmal die Kennenlern-Spiele, damit wir uns auch die Namen von allen merken. Danach bauen wir einen Kreis von uns auf, das heißt, wir stellen uns selbst, unsere Umwelt und unsere Ziele dar. Das ist unglaublich interessant und vor allem auch spannend, das von den anderen zu hören. Wir diskutieren in kleinen Gruppen, was super ist, da man nicht das Gefühl hat, sein Leben vor allen auszubreiten. Es bilden sich noch keine Cliquen und die Leute sind super nett. Sie wohnen alle irgendwo in Polen und sofort werden Pläne gemacht, wann sich besucht wird. Ich lerne mit Mathieu Französisch und bekomme mit, dass ich total viel vergessen habe. Am Anfang wusste ich nicht einmal mehr, was „ich bin“ heißt. Soviel dazu, wenn das jetzt meine Französischlehrerin läse, die würde die Hände über den Kopf zusammen schlagen.
Museum und eine völlig verlorene Anja
Wir gehen alle in das Museum über den Warschauer Aufstand, der, das muss hier noch mal gesagt werden, NICHT der Ghetto-Aufstand ist! Deutsche verwechseln das immer so ein bisschen! Das Museum ist ziemlich groß, aber unheimlich interessant. Es werden Munition, Anzüge, Flugzeuge, Photos und alles so etwas ausgestellt und ich finde das einfach nur toll. Den Nachmittag haben wir die Aufgabe, in die Stadt zu gehen und so viel wie möglich über ein Thema herauszufinden. Mein Thema ist Juden in Warschau und weil das so interessant ist, bin ich spontan mal alleine, die anderen wollen sich lieber mit Film oder Musik beschäftigen. Also gehe ich allein los, und, das muss ich hier auch noch mal sagen, das sollte ich NIE WIEDER TUN! Am Ende sollten wir uns um 19 Uhr treffen. Ich fahre um18 Uhr los, nehme den falschen Bus, komme in the middle of nowhere heraus, laufe in meiner Panik los, anstatt einfach zurück zu fahren, gehe völlig verloren und habe mich am Ende ALLEIN in einem Stadtteil VERLAUFEN, DER NICHT AUF MEINER KARTE WAR! Wie geil ist denn das bitte? Zu allem Überfluss hat es auch noch geregnet und es war sowieso dunkel. SUUUPER! Am Ende war ich um 21 Uhr im Hotel und wollte den ganzen Tag einfach nur abhaken! Ich habe aber auch einen Orientierungssinn: Entweder laufe ich in die falsche Richtung, nehme den falschen Bus in die richtige Richtung oder den richtigen Bus in die falsche Richtung. Auf jeden Fall hat Warschau bei dem Thema echt was zu bieten: Ein Stück Ghettomauer, Synagoge, Theater, Umschlagplatz... die Liste ist lang.
Sejmbesuch und vorstellen der Projekte
Heute gehen wir in den Sejm, die polnische Regierung. Dort kommt man als normaler Mensch nur mit einer Anmeldungszeit von zwei Wochen rein, wir bekommen noch eine englische Führung. Uns wird die Arbeit des Sejms erklärt und wir können auch in den großen Raum rein, wo die immer ihre Reden halten.
Am Nachmittag stellen wir nach dem Schema Marktplatz unsere Projekte vor, d.h. du kannst zu jedem gehen und dir alles ansehen. Alle sind super interessiert an meinem Projekt und ich freue mich, Auskunft zu geben.
Schnüff... leider schon das Ende...
Heute endet unser Seminar offiziell, das heißt: Wir dürfen zwar noch eine Nacht im Hostal bleiben, aber die ersten reisen heute ab. Eine großartige Auswertung findet nicht statt, lediglich ein Fragebogen wird herumgereicht. Es ist traurig, Abschied zu nehmen, weil man echt nette Leute getroffen hat, mit denen man sicher noch Kontakt halten wird. Ich habe Mathieu und Marie versprochen, auf Französisch zu schreiben, mal sehen, was das wird. Am Nachmittag zeige ich Jennifer noch einmal alle die jüdischen Sehenswürdigkeiten.
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