Von Böhmen und Bayern
Es wird nie langweilig für A_Waitler_in_Prag. Ständig passieren neue und interessante Dinge. Ausstellungen, Feiern, Skifahren und schließlich ein Besuch im "Paradies" sind nur einige davon.
Alles in allem geht’s mir hier in Prag also bestens und es ist, neben dem, was ich euch bis jetzt schon erzählt hab, immer was los, sodass ich mir gar nicht groß Gedanken machen muss, was ich mit meiner Freizeit anstellen könnte, sondern irgendjemand mich immer fragt, ob ich nicht da- oder dorthin mitgehen möchte: Ob nun Bernhards Geburtstagsfeier zu seinem 20., einer anlässlich des 20. Jubiläums des Mauerfalls vom Prager Goetheinstitut und der deutschen Botschaft veranstalteten Feier, einer Ausstellung im Goetheinstitut mit Fotographien aus Ostdeutschland, stets einmal aus dem Jahre 1990 und dazu das selbe Objekt aus ein und derselben Perspektive zehn oder fünfzehn Jahre später, Fußball spielen mit den Studenten und mit Mitarbeitern des Oratoř, Wandern in der Nähe von Prag, Skifahren im Riesengebirge oder der Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring – da war so allerhand dabei.
Hochinteressant war aber auch eine Autorenlesung im Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren, zu der uns – es ist euch wahrscheinlich schon aufgefallen, wenn ich "uns" sage, dann meine ich damit Bernhard und mich – eine bayrische Freiwillige eingeladen hat, die wir bei unserem Einführungsseminar kennengelernt haben und die für die deutsch-tschechische Brücke-Most-Stiftung - "Brücke" heißt "most" auf Tschechisch – arbeitet. Dieser Abend stand unter dem Motto "Bei euch, bei uns – von Böhmen nach Bayern und zurück". Es lasen dabei Werner Fritsch und Bernhard Setzwein, die sich in ihren Büchern eben unter anderem auch mit Böhmen befassen, aus ihren Werken vor. Setzwein lebt wie ich direkt an der bayrisch-böhmischen Grenze, in Waldmünchen, das nur wenige Kilometer von meinem Heimatort Neukirchen beim Heiligen Blut entfernt ist.
Eine ironische Episode aus der von ihm vorgetragenen Erzählung, die wohlgemerkt auch die tschechischen Zuhörer, die das in deutscher Sprache Vorgelesene per Kopfhörer von einer Dolmetscherin übersetzt bekamen, als äußerst amüsant empfanden, möchte ich euch nicht vorenthalten:
Ein Deutscher unterhält sich mit einem Tschechen oder besser gesagt ein Bayer mit einem Böhmen und tut dabei seine Meinung kund, dass beide Völker so verschieden doch gar nicht seien; so gibt es ja auf beiden Seiten der Grenze diese herrlichen Knödel:
"Bei uns sind's Kugeln, bei euch sind´s Scheiben, was macht das schon."
Wobei, nach der Ansicht des in dieser Geschichte sprechenden Deutschen, dieses Beispiel aber dann doch einen kleinen Unterschied aufzeige, nämlich dass die Tschechen eben noch ein kleines bisschen rückständiger seien; sie seien gewissermaßen noch auf dem Ptolemäischen Weltbild stehen geblieben. Dabei sei das nicht ihre eigene Schuld, sondern die des ihnen von den Sowiets aufoktroyierten Kommunismus. Stattdessen hätten sich die Bayern nach dem Krieg vom norddeutschen Preußen abspalten und die Böhmen vor den Russen retten sollen, indem sie sie, sozusagen als "fünfter Stamm" – nach den Altbayern, Franken, Schwaben und Sudetendeutschen, die nach heutiger Sicht die Bevölkerung des Freistaats Bayern ausmachen – in ihr neugegründetes Königreich aufnehmen hätten sollen, wo Bayern und Böhmen dann brüderlich vereint bei Bier, Knödeln und Schweinshaxen sich ihres Lebens freuen würden.
Hmmm, zugegeben, der Gedanke hat etwas... ;-) ;-) ;-)
Euch, die ihr nun bis hierher angelangt seid und hoffentlich auch alle meine Beiträge davor schon gelesen habt, möchte ich ein dickes Lob für eure Beharrlichkeit und euer Interesse aussprechen: Jste fakt vyborně! Ihr seid wirklich ausgezeichnet! Und noch mehr würde ich mich freuen, wenn ihr hier auf dieser Seite ein paar Kommentare hinterlassen würdet beziehungsweise mir eine E-mail oder auch einen Brief – meine Auslandsadresse hier in Prag steht am Ende dieses Beitrags – schreiben würdet, damit ich weiß, was in der Heimat so abgeht.
Und somit verbleibe ich – nicht ohne euch zu bitten, stets fleißig zu "vetschern" (siehe "Oh du schönes Tschechisch!") ;-) – schließlich und endlich mit hundert und mehr Grüßen aus der "Hunderttürmigen Stadt" Prag,
Chrištoph
"So muss unsere Liebe zum Nächsten sein: stark, glühend, gediegen und beständig."
Von Franz von Sales, dem großen Vorbild Don Boscos, nach dem er seine neugegründete Gemeinschaft "Salesianer" nannte.
Auslandsadresse:
Christoph Mauerer
Salesiánská asociace Dona Boska, o.s. (SADBA)
Kobyliské nám. 1, 182 00 Praha
Česká Republika
Skype: christoph-mauerer