Und denke ich noch mal an Stockholm im Juni...
...von einer Nacht ohne Schlaf und dem See vor dem Haus
…dann denke ich daran, wie wir an einem Samstagmorgen um drei den Club in Lappis verließen, wo die Musik so schlecht war, dass es schon fast an Peinlichkeit grenzte, überhaupt dort gewesen zu sein und wie wir den Club verlassen und den Weg nach Lappis Beach eingeschlagen hatten und wie wir unsere Klamotten auszogen und in den See sprangen, als die Sonne gerade im Begriff war, den Horizont zu überschreiten. Wir waren etwas zehn Leute und sicherlich nicht mehr ganz bei Trost um diese Uhrzeit, aber wir wollten vor dem zu Bett gehen noch einmal baden gehen.
Und nachts um drei war es schon herrlich hell, wie morgens um sieben und das Wasser war doch recht frisch und da gab es Leute, die machten ein Feuer an und es gab Leute, die hatten noch einen Wein dabei und als dann die Sonne kam, so ganz gemütlich, wurde es plötzlich wärmer und wärmer und ich weiß nicht mehr, ich glaube, es war halb sechs als wir dann den Weg Richtung nach Hause einschlugen und bis ich dann im Bett lag, sollte es noch drei Stunden dauern, denn Dmitry musste unbedingt auf der vor dem Campus gelegenen Kuhweide Kühe jagen, die schon voll munter waren und wegen den ganzen Kühen bekamen wir Hunger auf Fleisch und beschlossen zu Mc Donalds zu gehen, der aber erst um sieben aufmachte und deswegen standen wir dann auf der Straße rum und der dunkle Morgenasphalt, der in der Sonne glühte, wärmte uns, als zwei zwielichtige Gestalten, die die Nächte wohl besser kannten als die Tage, so mit Fünftagebart und Holzfällerhemden uns ansprachen und darauf bestanden, dass wir mit denen noch ein Bier trinken, was ich eigentlich gar nicht wollte aber dann doch besser war als überhaupt nichts zu essen. Ja, das war ein Morgen. Da fällt man verirrten Leuten in die Arme und die reden dann so komisches Zeug, dass man mehr Vaterland braucht und so lauter nationalistisches Zeug, das man eigentlich mit fünf Tonnen schweren Diskussionen plattwalzen müsste aber die Uhrzeit war nicht der richtige Zeitpunkt dafür und wir bedankten uns artig für die Kurzweile mit einem gebrochenem Schwedisch, das nur Einwanderer können und schlugen uns durch zum McDonalds, der dann endlich schon aufgemacht hatte und dann doch nur ein Frühstück servierte. Kein Rindfleisch zwischen delikaten Brötchenhäften, sondern Schinken, Ei und O-Saft.
Und dann den Bus am Morgen zu Pejs WG, wo ich mich einquartiert habe und um neun oder so im Bett und um drei nachmittags aufgestanden und gleich wieder zum See, denn die Sonne brannte am Himmel und es ist ja auch fast egal, wo man wohnt, so Wasser zum Baden und Schwimmen erreicht man immer zu Fuß. Das ist unglaublicher Luxus in dieser Stadt. Den ganzen Tag verbrachten wir am Wasser, den Abend in Pejs WG zusammen mit James und Mariu und wir spielten Carcarsonne und als ich dann meinen letzten Bus nach Hause verpasste, blieb ich noch eine Nacht länger und wie das so ist mit hellen Nächten, machten wir uns halb zwei wieder auf den Weg Richtung Wasser, denn nebenan gab es ein Freibadbecken. Es ist ein Becken für kleine Kinder, Nichtschwimmer und Leute mit Handicap, das tagsüber nichts kostet aber nachts geschlossen ist. Den Bauzaun drumherum brauchten wir erst gar nicht aufzuhebeln, der war schon offen, denn wir waren nicht die einzigen dort.
Etwa 10 Schweden, die von einer benachbarten Party kamen, lungerten im tagsüber vom Sonnenlicht vorgeheizten Wasser und wir gesellten uns dazu und wollten ein wenig mit denen ins Gespräch kommen, aber die blieben unter sich, wie immer. Und wir unter uns. Was ich Schade fand, aber der schwedische Charakter zeichnet sich manchmal durch eine hartnäckige Zusammengehörigkeitsverweigerung aus: bleibt ihr mal unter euch und wir bleiben unter uns, wir können ein paar Worte wechseln und uns unterhalten und wenn wir uns gut verstehen auch Handynummern tauschen. Aber wenn ihr nach Hause geht, werden wir uns nicht mehr melden. Es ist wirklich schwierig, dauerhafte Kontakte zu Schweden zu knüpfen. Da braucht man viel Geduld für.
Am nächsten Tag stand ich sehr früh auf, nahm den Bus um elf vormittags nach Hause und bereitete mich und mein Zimmer auf Besuch vor, denn meine Mama sollte ich an diesem Tag vom Flughafen abholen. Sie wollte sich überzeugen, ob ich mich auch in fremden Ländern gut benehme.
Aber das ist eine andere Geschichte…