Üheksa Krooni Pilet
Svenschka bekommt in wenigen Tagen eine neue Bleibe, in der sie zum Glück nicht mehr alleine sein wird. Bis dahin kann sie weiter an der Freundschaft mit einem von seinen Eltern völlig vernachlässigten kleinen Jungen arbeiten und beim Spinatessen Kräfte tanken.
Die Movienight war sehr nett, wir haben einen Horrorfilm und eine Komödie geguckt. Arons Freunde Tauno und Raul haben mich gegen halb 2.00 Uhr nachts mit nach Tallinn genommen haben, während Aron noch bis zum nächsten Morgen gegen 7.00 Uhr geblieben ist.
Am Wochenende war ich dann aber ganz allein, Oksana war auf dem Pfadfindertreffen. Aber ich habe meine Zeit alleine genossen und einfach mal gar nichts gemacht, nur ferngesehen.
Am Sonntag kam Oksana gegen Mittag nach Hause, als ich gerade am Kochen war, und rief: "Do you want to go to Jüri?" Natürlich wollte ich, also ließ ich alles stehen und liegen und wir sind mit Oksanas Bruder nach Jüri gefahren. In der Eile habe allerdings meine Kamera vergessen, deshalb kann ich Jüri nur beschreiben.
Jüri ist eine einzige große Baustelle: Zigarettenkippen liegen mitten im Jugendzentrum auf dem Boden und aus Rohren an der Decke tröpfeln seltsame Flüssigkeiten. Die Bauarbeiter haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Möbel abzudecken oder sie beiseite zu stellen. Alles ist kaputt, mit Farbe und/oder Zement beschmutzt und generell ist es traurig anzusehen.
Am Montag war ich wieder in Lagedi und zum ersten Mal kamen ein paar Kinder mehr. Jedoch spricht nur ein einziges von ihnen Englisch und insgesamt reden nur dieser Junge und ein Mädchen mit mir. Das Mädchen kann aber nur Estnisch. Trotzdem will sie sich immer mit mir unterhalten ;-)
Ich war an diesem Tag bis 21.00 Uhr im Jugendzentrum, endlich gibt es dort auch ein Dixiklo, was den Aufenthalt dann doch etwas erleichtert ;-) Außerdem war dort ein kleiner Junge, der vielleicht zwei oder drei Jahre alt war. Er lief allein in der Kälte herum und war völlig dreckig, Aron sagte mir, dass sich niemand um ihn kümmert, seine Eltern sind beide Alkoholiker. Also habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, mich mit ihm anzufreunden ;-) Ich habe ihm einen Keks geschenkt, worauf er sehr seltsam reagiert hat. Überhaupt hat er sich, sobald ich mich ihm genähert habe, einfach auf den Boden geschmissen und ganz klein gemacht. Später ist er aber mit mir ins Jugendzentrum gekommen und hat da alles ziemlich auf den Kopf gestellt ;-) War aber schön, das dort mal ein bisschen was los war.
Dienstagmorgen wurde ich durch eine SMS geweckt: Juta fragte mich, ob ich mich nicht mit einer Estin treffen möchte, die gerade ihren Freiwilligendienst in Rom beendet hatte – na klar!
Außerdem erzählte ich Juta dann, wie sehr ich mich hier langweile, weil ich niemanden kenne und dass ich große Angst habe, ganz allein zu wohnen, weil ich dort eben keinen Fernseher mit deutschen Programmen, kein Internet, kein Buch und keinen Mitbewohner haben werde, und es dann ja noch viel langweiliger werden wird.
Sie entschuldigte sich direkt bei mir und schlug vor, uns schon eine Stunde später (11.45 Uhr) an der nächsten Tramhaltestelle zu treffen, um gemeinsam in die Stadt zu gehen. Auch Tauno kam hinzu, Arons Freund, der hier gleich um die Ecke in einem Daycare Center for Mentally Ill People arbeitet. Er hat mich gefragt, ob ich nicht Anfang Oktober dort hinkommen möchte, dann machen sie einen "Deutschen Tag" für die Menschen dort, und ich soll mit einer Freundin, die mich dann besucht, kommen und etwas über Deutschland erzählen.
Heute habe ich mich mit Nele, dem Mädchen, das in Rom war, getroffen. Sie hat mir eine kleine Stadtführung gegeben und mir einen Supermarkt gezeigt, in dem ich Spinat kaufen kann. Man glaubt es kaum, aber in Tallinn habe ich bisher nur diesen Supermarkt gefunden und der Spinat wird zu sehr teuren Preisen in nur 150-Gramm-Tütchen verkauft. Aber was tut man nicht alles...
Außerdem habe ich erfahren, dass man endlich einen Platz für mich gefunden hat: ich werde am Montag schon in ein Studentenwohnheim in der Nähe von Kristine ziehen, was ich toll finde, weil ich dort eben nicht allein sein werde. Außerdem gibt es einen Fernsehraum und eine Gemeinschaftsküche und auch einen Computerraum, in dem ich umsonst Internet nutzen kann. Dann habe ich sogar noch Geld von der Miete übrig.