Tschüss Berlin und Hallo zu den Kuriositäten der tschechischen Bahn
Ich verabschiede mich von Berlin, genieße die wunderschöne Aussicht und kämpfe mit meinem Gepäck, meiner Geduld, was die Anzeigetafel in Pilzn angeht und einem fremden Bahnsystem.
Meine Eltern sind aufgeregter als ich, als ich als wir schließlich auf Gleis 1 im Hauptbahnhof stehen. Nachdem der Zug, ein blauer Eurocity, der bis nach Budapest fahren wird, eingefahren ist, bleibt uns dann doch weniger Zeit als erwartet. Eine kurze Umarmung mit meiner Schwester, Mama und Papa muss erstmal reichen und ich schaffe es im Zug einen Fensterplatz zu ergattern, mein ganzes Gepäck zu verstauen und nochmal zum Ausgang zu drängeln, um mir noch eine Umarmung abzuholen.
Schließlich höre ich das Zischen der Türen und der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Papa malt mit seinem Taschentuch meinen Namen und ein Herz in der Staub des Zugfensters, der ungelogen noch bis ich umsteige an der Scheibe zu sehen sein wird, während er noch mitrennt und ich ihm und den anderen wie verrückt winke.
Der Hauptbahnhof verschwindet langsam aus meinem Blickwinkel und Berlin zieht an uns vorbei. Ich glaube ich habe noch nie so traurig dem Hauptbahnhof hinterher geguckt und dabei ganz schön schlucken müssen. Auch wenn wir uns manchmal ganz schön in die Haare kriegen und ich sehr fies zu ihnen sein kann, habe ich meine Eltern und meine Schwester fürchterlich lieb. nd ich weiß, dass es Momente geben wird, in denen ich sie sehr vermissen werde.
Nachdenklich gucke ich aus dem Fenster während Phillips Phillips, gone gone gone, in mein Ohr singt und alles um mich herum verschwimmt. Ich schrecke auf als mich jemand sanft an der Schulter streichelt und es tatsächlich die Schaffnerin ist und meine Fahrkarte sehen will. Ich glaube ich wurde noch nie so nett kontrolliert.
Wälder mit Blättern in den unterschiedlichsten Herbstfarben ziehen an uns vorbei. Meine Gefühlslage schwankt zwischen Vorfreude und Zweifel, ob es die richtige Entscheidung war, sich auf das hier einzulassen. In Dresden steigen die meisten aus und mit mir sind jetzt nur noch etwa 10 Leute im Waggon, was aber auch gut ist,da ich jetzt die beiden Sitze für mich habe Ich mach es mir mit meinem Buch bequem, werde aber immer wieder vom wunderschönen Elbtal, den Felsen, dem glitzerndem Wasser, der herbstlichen Natur und den süßen Häuschen abgelenkt. Dabei mache ich die Erfahrung, dass aus dem Zug Fotos schießen doch meistens schief geht und lerne durch einen kleinen Zwischenfall, wie man die Klotür im Zug richtig abschließt (;
Kaum haben wir Bad Schandau passiert, bleibt wenig von meinen Zweifeln übrig. Ich weiß, dass mir Horažďovice total gefallen hat und die Menschen dort super lieb zu mir waren, als ich sie vor einem Monat schon mal besuchen durfte. Ich lache, als ich die ersten tschechischen Schilder sehe.
In Tschechien habe ich mich schon vor langer langer Zeit verliebt und irgendwie ist es noch noch total surreal, dass ich jetzt wirklich für 12 Monate hier bleiben darf. Jetzt bin ich nur noch voller Vorfreude und freue mich sehr darauf, alle in dem Ort mit den 5000 Einwohnern wiederzusehen.
In Praha stoße ich auf die erste Challenge: Wie kriege ich mein ganzes Gepäck aus dem Zug raus und in den nächsten rein?
Nach etwas Verwirrung mit der Zugnummer, die dann doch passt und durch die Hilfe einer netten Tschechin, die mir versichert,
dass der Zug der vor mir steht der Richtige ist und einer netten Schaffnerin, die mir mit dem Gepäck hilft, bin ich auch schon auf dem Weg nach Pilzn.
Ich kenne echt keinen Bahnhof, der was Zugabfahrtszeiten angeht, bekloppter organisiert ist als hl.n. Pilzn (der Hauptbahnhof). Erst steht man sich die Beine in der Haupthalle in den Bauch, weil das richtige Gleis von wo der Zug abfährt, immer erst ungefähr eine Minute vor der offiziellen Abfahrt oder danach angezeigt wird. Wenn das Gleis dann endlich mal stimmt, rennen auf einmal alle los, was mit viel Gepäck echt ungünstig ist. Irgendwie schafft man es dann aber trotzdem noch, weil der Zug natürlich zu spät kommt (Wie 90 Prozent aller Züge in Tschechien).
Fazit und Tipp: Schön die Ruhe auf tschechische Art nicht verlieren, das wird schon irgendwie und vertraut niemals darauf, mit einer tschechischen Bahn irgendwo pünktlich anzukommen.
Von den tschechischen Schaffnern kann sich die deutsche Bahn aber echt eine ordentliche Scheibe abschneiden. Die sind sehr hilfsbereit, nett und sprechen ziemlich gut Englisch. Ohne die eine hätte ich nie den Schienenersatzverkehrsbus gekriegt. Der gruseligste Part meiner reise war dann aber, dass die kleinen Dorfstraßen in Böhmen definitiv nicht für einen fetten Bus ausgelegt sind.
In einem Dorf ist die Ecke von dem Haus extra abgerundet, damit kein Fahrzeug dagegen kracht und der Bus hat sichtlich Probleme, um die Kurven zu kommen. Ich war echt froh, dass uns niemand entgegen kam.
Wir fahren durch tolle Baumalleen in den böhmischen Wald hinein. Am Horizont tauchen geheimnisvoll im Spätnachmittagslicht die Berge auf und ich werde immer hibbeliger.
Endlich angekommen nach 8 Stunden Zugfahrt empfangen mich Katka, Nella und Gosia. Wir fahren mein Gepäck zur alten Mühle die sehr modern ausgebaut wurde, als Unterrichtsort für alle möglichen Naturpogramme und Ferienheim genutzt wird und mein Zuhause für die ersten zwei Wochen sein wird. Ich bekomme Schlüssel und gehe mit Gosia einkaufen. Meine Küche besteht aus dem Wasserkocher, zwei mobilen Herdplatten und der Mikrowelle. Es ist die Teeküche von den Mitarbeitern. Groß kochen geht hier nicht wirklich und mir ist auch nicht danach. Es gibt also Nudeln mit Tomatensoße. Ich beende meinen Tag mit ,,Agents of shield“ einer Tasse Tee und dann endlich mit dem müde ins Bett Fallen.