Suntem egali, nu ilegali!
Hey Leute! Meine Woche war wundervoll weihnachtlich. Und sie war voll mit Aktivismus und Volunteering aller Art. Einfach toll, sich endlich wieder für etwas einsetzen zu können.
Es ging schon Montag los, am internationalen Tag des Ehrenamtes. Nun, zugegeben, das war nicht so wahnsinnig spannend. Aber wenigstens ging es mal aus dem Kindergarten raus. Wir gingen auf die Straße, um eine Leinwand mit anderen Freiwilligen zu bemalen. Alkie war natürlich voll in ihrem Element, aber meine Malkünste sind eher begrenzt... für ein paar Herzen und einen Regenbogen mit den Worten „Love is love“ hat es aber gereicht. Ich musste schon schmunzeln, als meine streng katholische KiTa das Bild von genau dem Motiv ganz vorne auf ihre Facebook-Seite stellte – da hat wohl jemand nicht so gründlich recherchiert, wofür der Regenbogen steht. ;)
Dienstag war dann Nikolaustag (meine Güte, vergeht die Zeit hier schnell), und meine Gruppe wurde natürlich auch besucht. Und alle fingen an zu weinen! Ich musste fast lachen! Der Nikolaus kam rein, und bevor er auch nur „Ho ho ho“ sagen konnte, lagen schon drei panische, weinende Kinder in meinen Armen! Der Nikolausschauspieler tat mir wirklich leid. Dora konnte sich gar nicht mehr beruhigen vor Angst, und Gabi flitzte sofort zu seinen zwei Schwestern rüber und versteckte sich weinend. Aber dann war er doch mutig und ging nach vorne, um sein Geschenk abzuholen. Das brachte den Stein ins Rollen, und nach und nach trauten sich alle nach vorne. Außer Dora. Die blieb die ganze Zeit in meinem Schoß.
Twinkle, twinkle...
Als ich meine Gitarre für meine wöchentliche Musikstunde hereinbrachte, ging es aber allen wieder gut und wie immer legten alle ihr bestes Benehmen an den Tag und blieben sogar in einem Stuhlkreis. Das fasziniert mich wirklich. Es war schon wieder „Twinkle, twinkle, little star“ (beim nächsten Mal muss ich was anderes singen, das Lied geht mir langsam gehörig auf die Nerven), und, kein Witz, am Ende konnte Ana das ganze Lied mitsingen. Das ganze, englische Lied! Das Mädchen ist vor ein paar Wochen zwei Jahre alt geworden! Sie ist unfassbar! Sie wiederholt sowieso alles was man ihr sagt, wie ein Papagei, aber das ging über meine Vorstellungskraft hinaus. Den ganzen restlichen Tag sang sie wirklich verständlich „Twinkle twinkle little star, how I wonder what you are“ vor sich hin und freute sich.
Oh, und am selben Tag stand Tudor zum ersten Mal auf! Oh Gott! Ich hörte plötzlich einen fröhlichen Schrei, drehte mich um, und da stand er leicht schwankend und breit strahlend im Bällebad, für etwa vier Sekunden. Dann kippte er um. Mir kamen sofort die Tränen, ich war so unfassbar aufgeregt und stolz!
Beim Krippenspiel können die meisten die Lieder mittlerweile auch ganz gut – die Kleinen sind ja auch fünf bis sechs Jahre alt, haben ein bisschen Englischunterricht und üben mittlerweile vier- bis fünfmal die Woche mit mir. Letztens wurde ich bei einer Probe urplötzlich ganz emotional, weil ich so stolz bin. Ich bin furchtbar gespannt auf die Aufführung und werde garantiert weinen, um ehrlich zu sein.
Diese Woche haben wir schon recht viel gemacht. Wir nahmen Fotos auf für die Weihnachtsfeier der kleinen Gruppe, bastelten Girlanden und machten aus Fingerabdrücken ein Geschenk für Detti – es war ihre letzte Woche. Ab nächster Woche sind wir also nur noch drei. Am Anfang des Projekts passten sieben Leute auf acht Kinder auf, nun sind es drei für elf Kinder... ich muss sagen, es ist wirklich eine Belastung.
Nichts als AIVI!
Zum Glück hab ich außerhalb von der Arbeit mehr als genug Ausgleich. Schon allein mit der Vorweihnachtszeit, wobei die mit meiner überfrühten Planung entspannt wie immer ist. Dienstag kaufte ich auf dem wirklich wunderschönen Weihnachtsmarkt die letzten Geschenke, und das Meiste ist auch schon verpackt. Danach ging ich zum ersten Mal zu einem echten AIVI Convo Club, und zwar zum rumänischen für Anfänger. Es war sogar ganz witzig. Im nächsten Jahr möchte ich drei Kurse besuchen – rumänisch, ungarisch und Französisch fortgeschritten. Letzteres habe ich bereits jetzt stark verlernt. Dagegen muss ich endlich was tun!
Mittwoch ging ich zu einem Marketing Treffen von AIVI, fragt mich nicht wieso ich eingeladen wurde! Ich hab mein Bestes getan um mich einzubringen, aber manchmal habe ich das Gefühl, die Leute vergessen, dass ich eine siebzehnjährige Abiturientin bin! :D
Und Donnerstag richtete AIVI schließlich einen internationalen Brettspielabend aus, und ich sollte den deutschen Tisch managen. Erst war ich zögerlich. Ich bin wirklich nicht nach Rumänien gekommen, um Deutsche kennenzulernen, sondern um die rumänische bzw. transylvanische Kultur erleben zu dürfen. Als EVS'ler ist es sehr einfach, in einer „internationalen Blase“ zu landen – man interagiert nur mit anderen internationalen bzw. Austausch-Leuten und kaum mit Menschen aus dem Gastland, und behauptet am Ende trotzdem, man hätte deren Kultur erlebt. Genau das will ich um jeden Preis vermeiden. Aber, ihr wisst ja, es kommt nie so wie geplant... und letztendlich war ich die einzige Deutsche am Tisch. Abgesehen von mir waren es nur Rumänen, die die Sprache können! Ich hab mich gefreut... die Leute waren echt witzig. Zwei (!) hießen Bodgan, oh mann, ich kann den Namen nicht mehr ernst nehmen seit Bogdan in meine Kindergartengruppe gekommen ist. Es war wirklich spaßig! Wir spielten erst ein seltsames Detektiv-Spiel, bei dem man in Teams Worte auf dem Brett erraten muss, und dann noch einmal Time's Out.
Familiengefühl
Freitag hatte ich den wohl bestmöglichen Einblick in die rumänische Kultur und einen wunderschönen Abend – Petrus Mutter hat mich zum Abendessen eingeladen! Oh Gott, war ich nervös! Habe erstmal Gagyi angeschrieben, um sie zu löchern, was denn rumänische soziale Konventionen sind. Ich wusste nur, dass es viel zu essen geben würde – und meine Güte, da hatte ich Recht. Bevor wir überhaupt mit dem Abendessen anfingen, war ich schon vollgestopft mit den ganzen Kleinigkeiten auf dem Tisch.
Aber es war so himmlisch lecker, und so wunderschön. Versteht mich nicht falsch, es ist witzig mit den drei Mädels zu leben, und sie sind wie Schwestern für mich. Aber es ist nicht dasselbe wie ein wirkliches Familienumfeld, und mir war gar nicht bewusst, wie sehr ich das vermisst habe. Petru war so aufgeregt, dass ich da war. Ganz oft drehte er das Radio laut und tanzte durch die Wohnung, oder rannte einfach laut schreiend fröhlich Runden um den Tisch. Seine Schwester – sieben Jahre und spricht fließend Deutsch, wieso sind alle Kinder hier so schlau?! - freute sich auch. Sie plapperte am laufenden Band, wollte unbedingt neben mir sitzen und mir alles zeigen was sie so hat und sagte mir mehrmals „Ich liebe dich, Lena!“ oder „Du bist meine Lieblingslena“. Alles in allem war der Abend so herzerwärmend dass ich ihn nie vergessen möchte.
Homophobia destructe Romania!
Am Samstag war Tag der Menschenrechte, weswegen ich mit Nora auf eine Demo ging. Eigentlich eine Menschenrechtsdemo, aber da sie vom SFG ausgerichtet wurde, war sie dann doch sehr LGBT+-orientiert. Wir liefen laut rufend und pfeifend vom Piata Avram Iancu über Piata Unirii bis zum Matthias Corvinus Denkmal. Die meisten Parolen verstand ich nicht, rief sie aber trotzdem mit. Und vieles konnte man sich erschließen. Suntem egali, nu ilegali; homophobia destructe Romania... dreptu respectate, nu negociate! Ich bin ehrlich gesagt überrascht und sehr froh, dass es zu keinem Übergriff kam, auch nicht von der Polizei, die uns begleitete. So fand die Demo wirklich friedlich statt.
Sonntag schließlich musste ich auf ein AIVI Training, wo ich auch viele Leute vom Brettspielabend wiedersah. Für einen Kurs war es echt ganz witzig, mit vielen Spielen, und na ja, unsere Leiterin Iulia hat einfach Charisma. Auch wenn sie ständig betonen musste, dass ich die einzige im Raum war, die keine Sprachkurse für AIVI gibt. Na danke! Wir bekamen alle einen Buddy – meiner wurde ein echt lustiger Typ namens Andrei – und überlegten uns Aktivitäten für das große Event nächste Woche.
Danach sprach ich noch kurz mit Iulia über das Radioprogramm, das ab Januar losgeht. Ich werde wohl die LGBT+ Community repräsentieren und freue mich RIESIG.
Aber trotzdem bin ich langsam wirklich bereit für meinen Heimflug. Es ist ganz seltsam, die Weihnachtszeit ohne meine Mutter zu verbringen, auch wenn ich in dieser Woche so schöne Sachen erlebt habe. Nun ja. In zwei Wochen um diese Zeit bin ich schon da. Also kein Gejammer!
Wir hören uns!