Streithennen, Zombies und zuviel Alkohol
Freddys erster Stay hat ihm viel Freude bereitet. Den teilnehmenden Kindern wohl auch, obwohl ihre Mütter nicht immer miteinander zurechtkamen. Neben nächtlichen Trinkgelagen und deren Kräfte zehrenden Folgen gönnt sich Freddy in seiner Freizeit Fahrradtouren oder mutiert zum Treehugger.
Sprachliche Herausforderung
Schon ist mein erster Stay vorbei. Ich erwartete nach den ganzen Informationen am Anfang nicht, dass ich mir all die Namen der Kinder und Eltern merken kann, aber selbst das hat geklappt. Da ich noch nicht so richtig viele Vergleichsmöglichkeiten habe, kann ich noch nicht sagen, ob es ein guter oder ein schlechter Stay war. Ich persönlich fand ihn sehr schön, kam mit allen gut zurecht und habe sogar einige Kinder sprachlich verstanden.
Meistens ist es so: Die Kinder sagen etwas zu Dir, Du nickst dann, lächelst und stimmst zu, wenn es nett klang oder sagst "No", wenn es danach aussah, als wollten sie irgendetwas Verbotenes machen. Wenn sie Dich dann komisch angucken weißt Du, sie haben Dir eine Frage gestellt, die nicht mit Ja oder Nein zu beantworten ist, dann konterst du mit einem begeistertklingenden "really?!" oder unkreativ mit "I don`t know". Wenn das nicht weiterhilft, nimmst du das Kind einfach hoch, drehst es einmal und es hat vergessen, was es von Dir wollte und findet das auch noch lustig.
Es kann aber auch sein, dass Du zustimmst und sie dann weglaufen und Dich nach einigen Minuten fragen, wo Du denn bleibst. Ich neige zu der Variante, so lange nachzufragen, bis ich verstanden habe (oder denke, verstanden zu haben), was sie von mir wollen. Oft ist das eh so belanglos, dass man wieder beim "really?!" landet. Aber alles in allem klappt das echt gut mit der Kommunikation.
Ein Tag besteht aus drei Programmpunkten (Vormittag, Nachmittag, Abend, is klar, ne?), die von Wendy oder uns geplant und dann durchgeführt werden. Es gibt Standardprogrammpunkte wie Safari-Park oder Soft-Play-Park (wie das Piratenschiff im Indoo-Park). Oder wir singen Karaoke, machen ein Sandburgen-Wettbauen oder basteln, wobei auch schottische Kinder unglaublich desinteressiert und ignorant sein können und man noch so begeistert alles vormachen muss. Aber genauso gibt es die Momente, in denen alle Kinder mit Freude dabei sind und Du gar nicht viel machen musst, außer selber Spaß haben. Wie das halt so ist, wenn man mit Kindern arbeitet.
Krieg der Mütter
An einem Abend wurde dieser Stay richtig lustig, das war der sechste oder siebte Tag des Stays. Wir hatten schon die ganze Zeit Spannungen zwischen den Familien. Da hieß es (wie so oft), dass irgendjemand gesagt habe, dass jemand Anderes über jemand Drittes etwas gesagt habe. So richtig durchgestiegen sind wir da alle nicht. Das Ende vom Lied war, dass gegen halb zehn - ich war gerade "on suppers" - zwei Mütter im Treppenhaus anfingen zu schreien. Sie wollten von der einen Tochter einen Namen hören, wer denn nun diese Lügen erzählt habe. Woraufhin die Tochter weinend den Namen einer dritten Mutter nannte und dann die Mutter der Tochter diese Mutter zusammenschlagen wollte.
Das klingt etwas wüst und so war es auch. Leider sind das hier so 150-Kilogramm-Muttis. Das bedeutet, es wird schon etwas heftiger, wenn die aufeinander losgehen. Laura hat sich mutig dazwischengestellt, während ich schnell Brian holte. Das klingt jetzt vielleicht feige, aber Laura hatte sowieso mit den Muttis diskutiert und ich stand ein Stockwerk tiefer. Nach einer Stunde hatte sich das Ganze wieder beruhigt. Die beschuldigte Mutter ist am nächsten Tag nach Hause gefahren, obwohl es total abwegig war, dass sie irgendwelche Lügen erzählt habe. Aber ich kann gut verstehen, dass sie nach Hause wollte. Danach haben wir den Stay dann ganz normal zu Ende gebracht.
Mittwoch: Die Zombies sind los
Dann begann auch schon die Vorfreude auf Mittwochabend, da die Abschiedsparty von Alaister, Laura und Nana bevorstand und wir zu einer Zombie-Party geladen waren, zu der wir auch als solche verkleidet kommen sollten. Es haben sogar alle mitgemacht und ich habe sehr gelacht, als Brian, mein Chef, mit einem zerrissenen Trikot, nach Tomatensoße stinkend aus seinem Haus kam. So haben wir uns alle verkleidet und geschminkt und uns dem gemütlichen Teil des Abends gewidmet, der aus Bier, noch mehr Bier, Wodka und Schwarzem (ich fühlte mich wie zu Hause, auch wenn es eher eine Volkmar-Mischung war) bestand.
Der Abend wurde nach dem Essen und einer daraus resultierenden Hot-Dog/Burger-Essensschlacht am Lagerfeuer weitergeführt, wo Allan und Nana irgendwie dazu kamen, sich gegenseitig mit Wassereimern komplett nass zu machen, und endete in der Küche wo Alasitar noch ein Ganzkörper-Whiteboardmarker-Tattoo bekam.
Leider musste ich ohne Zähneputzen ins Bett, da Laura die Toilette für Stunden besetzte. Als ich ihr dies am nächsten Morgen erzählte, war sie ganz überrascht, dass sie sich auch auf der Staff-Toilette übergeben hatte, sie hatte nur die Toilette ein Stockwerk tiefer in Erinnerung. So kam es, dass ich meinen ersten freien Tag mit Schlafen, Ausruhen und Fahrradreparieren verbracht habe.
Freitag: Ben Ledi - Bergbesteigung per Fahrrad
Am Freitag bin ich hingegen ganz sportlich auf mein nun fahrtaugliches Fahrrad gestiegen und habe mich Richtung Ben Ledi aufgemacht. Nach einer Stunde war ich am Fuße des Berges angekommen und machte mich daran, die 879 Meter zu erklimmen und habe dieses auch geschafft!
Die Aussicht ist einfach nur der Hammer! Als ich wieder unten war, hatte ich so gar keine Lust, mit dem Fahrrad wieder eine Stunde lang zurückzufahren. Vor allem, weil es zwischen Callander und Braendam einen Höhenunterschied zu Ungunsten des Rückweges gibt. Aber ich musste ja zurück und habe es auch überlebt. Und da man hier sehr viel Zeit hat, muss man auch nicht rasen.
Wochenende: Wallace Monument & Edinburgh
Da ich führ den Sonnabend noch keinen richtigen Plan hatte, war ich ganz froh, dass Annkathrin mich fragte, ob ich mit den drei Kindern zum Wallace-Monument kommen wolle. So konnte ich es mir umsonst angucken. Ich hatte aber leider keine Zeit, mir die Audioführung anzuhören, da die Kinder sie weniger interessant fanden und lieber weiter gucken wollten. Es war eigentlich ganz ruhig, da es nur drei Kinder waren. Der eine Junge war aber so ängstlich, dass er die Wendeltreppe nicht hochsteigen wollte. So sind wir dann abwechselnd mit ihm unten gebleiben.
Sonntag bin ich relativ früh hoch, um mit Brian nach Stirling zu fahren. Er fuhr Besuch aus Norwegen zum Bahnhof und ich wollte den Zug nach Edinburgh zu nehmen, um mich dort mit Gill und Iris zu treffen und das Fringe Festival zu besuchen. Leider verpasste ich meinen Zug um ungefähr 30 Sekunden. Ich sah ihn noch wegfahren. Aber eine Stunde später fuhr ja schon der Nächste.
In Edinburgh habe ich noch Graham, einen Freund von Gill, kennen gelernt und wir sind zusammen auf "the Meadows" (Die Wiesen) gegangen, wo an diesem Sonntag viele Künstler ihr Können zeigten. So konnten wir für lau viele Shows sehen oder zumindest Ausschnitte daraus. Der erste Künstler, den wir gesehen haben, war ein ziemlicher Freak, wie die meisten. Er hat es geschafft, dass am Ende alle Zuschauer "We are the Champions" von Queen sangen und ihn im Kreis auf den Händen transportierten.
Wir sahen uns noch viele weitere Shows (zum Beispiel eine sehr geile japanische Trommel-Flöten-Show namens "Tao") und Comedians an, und beschlossen, uns Karten für den Abend zu kaufen. Da Vieles schon ausverkauft war haben wir - oder besser die Anderen (da ich eh nichts kannte, habe ich gesagt, dass ich mir Alles angucken würde) - sich für zwei Shows entschieden: Danny Bhoy und Eddie-Perfect mit "Drink Pepsi Bitch!". Danny Bhoy war ein echt guter Stand-Up-Comedian, der viele Witze über schottische Eigenarten, das Verhältnis zu England und - wie soll es anders sein - über Franzosen machte. Eddie-Perfect hat viel gesungen, war sehr rockig, daher nett anzuhören, aber leider schwer zu verstehen. Selbst Gill und Graham, beides Schotten, haben nicht alles verstanden. Außerdem fehlte mir, glaub ich, der Zugang zu diesem Künstler ein wenig. Aber es war ein superschöner Tag und wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich das Fringe nächstes Jahr wohl wieder besuchen. Ich kann es jedem nur empfehlen.
Dienstag: Alkohol und die Folgen bei Till, meinem Zimmergenossen
Am Dienstag wurde es wieder lustig. Ich und Annkathrin waren "on suppers", während Till, Iris und Karolin nach Thornhill in den Pub fuhren. Als wir fertig waren, hatten wir nicht mehr wirklich Lust, zu Fuß hinterher zu laufen. Deshalb beschlossen wir, im Staffroom zu bleiben. Um 23:00 Uhr kamen die Anderen aus dem Pub zurück, Till merklich betrunken. Nach kurzer Zeit hat er dann beschlossen, das erste Mal sein Inneres nach außen zu kehren. Karolin hat noch kurz versucht, ihm klar zu machen, dass er in Alaistors altes Zimmer gehen und die Toilette dort benutzen solle. Doch Till hat nicht mehr viel mitbekommen und der Weg wäre zu weit gewesen, darum hat er die Staff-Toilette benutzt. Später ist er noch drei- oder viermal auf die Toilette gerannt und dann schließlich ins Bett gegangen.
Als ich nach fünf Minuten kurz nach ihm schauen wollte, hing er aus dem Fenster und übergab sich schon wieder. Beim zweiten Nachgucken lag er regungslos auf dem Boden, reagierte aber auf Ansprechen und ich habe ihn ins Bett befördert. Beim dritten Nachschauen, ob er denn noch lebt, hing er wieder aus dem Fenster. Nach einer Viertelstunde dort entschied er, zu Alaistors Toilette zu wandern, die neben unserem Zimmer liegt. Ich habe ihn dann durch Alaistors Raum begleitet und ihm erst einmal seinem Schicksal auf der Toilette überlassen, um selbst etwas zu schlafen.
Zehn Minuten später hörte ich ein lautes Geräusch durch die Wand, ich bin hochgeschreckt und hoffte, dass sich Till nicht den Kopf aufgeschlagen hatte, doch er hatte nur die Klobrille von der Toilette gerissen. Danach ist er mir brav ins Zimmer gefolgt versuchte, sich ins Bett zu legen. Das war nur halbwegs erfolgreich, denn er lag irgendwie mit dem Füßen auf dem Boden und nur mit dem Oberkörper im Bett. Ich hievte noch schnell seine Beine ins Bett. Zu diesem Zeitpunkt war es auch schon ungefähr 1:00 Uhr - am nächsten Tag musste ich um 9:00 Uhr arbeiten, wogegen Till frei hatte.
Da ich gerade bei Till und unserem Zimmer bin, kann ich Euch kurz zeigen, wie Tills Seite von unserem Zimmer aussieht. Man erkennt, er ist Newcastle Fan, mag Deutschland und Deutsche im Allgemeinen nicht (er hat aber keine Abneigungen gegen uns persönlich; wäre auch schwierig bei zurzeit drei anderen deutschen Freiwilligen) und hat alle diese kleinen Englandflaggen mit Fußballclubnamen im Mittelbalken in stundenlanger Arbeit selbstgemalt. Mehr muss ich dazu nicht sagen...
Kuschelfaktor bei Bäumen & Echodingsbumsdinger
Mein zweiter Big Stay ist bisher ziemlich naturlastig. Wir haben das "Loch Lomond and the Trossachs National Park Visitor Centre“ besucht und eine Führung für die Kinder über Bäume gehabt. Dabei durften wir auch Bäume knuddeln, um ihren Kuschelfaktor zu bestimmen. Am Ende haben die Kinder Traumfänger gebastelt. Heute haben wir den einen anderen Teil des Parks besucht, uns verschiedene Tiere angeschaut und am Ende irgendetwas Wüstes aus Stöcken und Wolle gebastelt. Beide Trips waren sehr schön und zu unser aller Überraschung haben die Kinder sehr gut mitgemacht.
Heute Abend waren Catherine, Annkathrin, Wendy, Iris, Gill und ich bei einer Wanderung namens "Bats that then" in Aberfoyle, bei der uns erst Vieles über Fledermäuse erzählt wurde und wir dann mit Echodingsbumsdingern auf die Suche nach Fledermäusen gegangen sind. War sehr interessant und witzig.
Wie Ihr seht hat das jetzt mit den Fotos geklappt, da wir einen neuen PC bekommen haben. Weil es hier alles nur im Paket oder "Buy 1 get 2" gibt, haben wir auch einen neuen Monitor (nie wieder 15 Zoll!), Boxen, Maus und Tastatur bekommen, sehr praktisch. Da die Internetverbindung leider noch die Geschwindigkeit einer Sylter Wanderdüne (oder war es das Temperament? Egal!) hat, habe ich die Idee, noch mehr Fotos hochzuladen, erst einmal verworfen.
Soviel bisher aus der Ferne. Bevor ich es vergesse:
Frederik Fischer Braendam Family House Thornhill, Stirling FK83QH SCHOTTLAND
So als Wink mit dem Zaunpfahl....
Wer Post von mir erwartet kann in einer E-Mail unauffällig seine Adresse anhängen, da ich die meisten nicht im Kopf habe.
Freddy