Sprachlos
Bringen wir es mal zur Sprache!
Bringen wir es mal zur Sprache!
Die Sprache, die deutsche Sprache, das war bisher nichts besonders für mich. Es war halt irgendwas mit dem ich mich verständigen konnte und blöde Aufsätze zum Thema „Stoffwechsel im Körper“ schreiben musste.
Doch jetzt, ich liebe die deutsche Sprache, denn sie ist MEINE Sprache. Ich verstehe sie, selbst wenn es ganz leise ist und es einfach nur im Hintergrund läuft. ich kann sie sprechen. Ich kann alles ausdrücken was ich will. Die deutsche Sprache kann ich sogar teilweise ziemlich richtig schreiben. Was will ich mehr? Meine Sprache! In meiner Sprache gibt es das Wort Heimat und Fernweh, ich kann Achtzig sagen und muss nicht Viermalzwanzig sagen. Ich kann Witze machen in und mit meiner Sprache, ich kann die Witze Anderer verstehen. Alles dank der deutschen Sprache.
Doch jetzt. Jetzt ist nichts mehr.Befinde mich in einem absoluten Sprachsalat, selbst Deutsch ist manchmal problematisch (wenn Einem einfach das deutsche Wort für „etwas“ nicht einfallen will...), meine Freunde haben mich schon beschimpft und mir aufgetragen, fleißig die deutsche Sprache zu lernen. Auf der Arbeit rede ich Französisch, mit anderen Leuten Englisch, dann wieder Französisch, dann mal mit Freiwilligen Deutsch und dann mit Freiwilligen das absolute Frenglisch! Man fängt in Englisch an, dann weiß man nicht was z.B. Lust haben auf etwas auf Englisch heißt, dann sagt man einfach „I have envie“ und oft passiert es dann, dass man unbemerkt in Französisch fortfährt. Wenn ich bei der Arbeit etwas auf Englisch vorlese, um es mit meiner Tutorin zu besprechen, will ich dann immer weiter Englisch mit ihr reden. Alles wirklich kompliziert. Doch so toll ist mein Französisch ja auch noch nicht.
Heute wieder habe ich statt „Die Klingel ist kaputt“ „Die Klingel ist krank“ gesagt. Natürlich sorgt das auch für Heiterkeiten (am Meisten bei mir selbst), aber irgendwann fühlt man sich auch eingeschränkt. Neulich sprachen wir Freiwilligen über frische Kräuter. Die Kräuter, die man im Blumentopf daheim stehen hat. Unsere Beschreibung war am Ende „lebende Kräuter im Kochtopf (keiner kannte das Wort für Blumentopf)“ doch wir verstanden uns. Lebende Kräuter... Meine Arbeitskollegin, die mit 21 schon Mutter einer dreijährigen ist, fragte ich ob sie noch mit dem Bruder ihres Kindes zusammen ist (statt Vater) (père und frère sind ja auch ähnliche Worte).
Des Weiteren musste ich auf einem Marktplatz am Wochenende für-einen-guten-Zweck Sachen verkaufen (eine Kampagne, die drei Produkte zum verkaufen anbietet und natürlich noch Festivals etc. veranstaltet, dieser Tag/Woche existiert seit 30 Jahren). Nachdem ich mittlerweile sehr gut bin im Satz „Kennen Sie die Operation 11.11.11?“, habe ich noch andere Sätze gebracht, wenn die Leute vorbeigingen und meinten „Danke aber naja...“. Einmal sagte ich und rief halb hinter ihm her, „Ich kann auch gehen“, obwohl ich sagen wollte, „Ich kann Ihnen auch etwas darüber erzählen“. Meinen Chef fragte ich, als er mit einem Kind erschien, ob das sein Faden ist (fills, fils), und und und…
Aber am Schlimmsten ist es, wenn ich einen Witz machen will. Ich muss sie eigentlich immer noch im Nachhinein erklären, kenne aber die Wörter nicht, muss also noch die Wörter erklären und komme so vom Einen zum Anderen, zum Zehntausendsten. Als endlich der Witz erklärt ist, machen sie noch ein gezwungenes Lächeln.
Ich will meine Sprach-Persönlichkeit zurück! Ich fordere das Recht, meine eigene Persönlichkeit auch in einer anderen Sprache behalten zu können!
Rockt die Welt und verbreitet das Evangelium der deutschen Sprache, denn sie ist toll!
Lotti