Sonntag, 07.09.2014: Chopin & Co.
Warschau ist mit offiziell 1,7 Mio. Einwohnern die größte Stadt in Polen und durch viele verschiedene Einflüsse ist in der Hauptstadt auch immer etwas los. Besonders schön für kulturell Interessierte ist der Umstand, dass die meisten Museen einen Tag mit freiem Eintritt haben.
Für den sonntäglichen Morgen hatten wir uns mit Maja zum Chopin-Konzert im Łazienki-Park verabredet. Wir chillten uns vor dem Chopin-Denkmal und einem kleinen, künstlichen Teich auf den Rasen und genossen die sengende Sonne und die sanften Klaviertöne. In der Nähe gab es einen kleinen Markt mit allerhand Gemüse, eingelegten Oliven, handgefertigten Püppchen und dergleichen und eine kleine Gruppe inszenierte fernsehreifes Gruppenkochen, während Massen auf einer weiter entfernten Wiese zusammen Yoga probierten.
Da am Sonntag die meisten Museen in Warschau frei sind, entschlossen Frederike, Martha und ich uns, das Warschauer Königsschloss in der Altstadt zu besichtigen. Jahrhundertelang war es der Sitz der polnischen Könige, heute ist es UNESCO-Weltkulturerbe, nachdem es im II. Weltkrieg zerstört wurden war. Im Innenhof ist eine Ausstellung über „Fighting Poland“ – es werden viele Einzelschicksale kurz erzählt, viele Portraits von Menschen gegeben. Nachdem man sich dann seine kostenlose Eintrittskarte abgeholt hat (Wozu man die bloß braucht? – Wollen die zählen, wie viele Besucher sie sonntags haben?), kann das Schloss betreten und gelangt über mit blau-gelben Teppichen ausgelegten Treppen zur Ausstellung. Die ersten Räume sind Arbeits- und Wohnräume der Königsfamilien gewesen, sie sind sehr prunkvoll, haben wunderschöne Bodenmuster und dezent vergoldete Decken, mit vielen Spiegeln, Bildern und Ornamenten. In gefühlt jedem zweiten Raum steht ein Thron (okay, vielleicht waren es nur 3 oder 4, aber wozu braucht man 3 oder 4 Throne?).
Am Abend machte ich mich dann auf den Weg zu meiner Messe. Da ich gerade in der Stadt war, hatte ich mich für die Heilig-Kreuz-Kirche entschieden. Im 17. Jahrhundert war sie die größte Barockkirche Warschaus. Vor dem Eingang springt einem sofort eine sehr große Christusfigur ins Auge, die das Kreuz trägt und mit dem Finger entlang des Weges weist. In die Pfeiler der Kirche ist unter anderem das Herz von Fryderyk Chopin eingemauert. Die dreischiffige Kirche hat auf der rechten Seite neben dem Eingang eine kleine Nische mit Gedenktafeln für den II. Weltkrieg von verschiedenen Stiftern. Die andere Seitennische schmückt ein überlebensgroßer Papst Johannes Paul II., dessen Oberkörper in einer segnenden Haltung dreidimensional aus der Wand ragt.
Hier in Polen ist jede Kirche Hauptkirche und wirklich jede Kirche hat auch mindestens 10 Messen am Sonntag. Ich hatte mich informiert, dass es um 18:00 Uhr eine heilige Messe in Heilig-Kreuz geben sollte, doch nicht mal im katholischen Polen ist auf die Aushänge verlass. Stattdessen begann um 18:00 eine Art Vesper. Nun gut, ich blieb für die Vesper und wurde sogar dafür belohnt, denn das letzte Lied, das wir sangen, hatte die Melodie wie das in Deutschland sehr beliebte Lied „Lobe den Herren“. Liederbücher gibt es hier übrigens nirgends. Dafür hängen in den Kirchen immer große Digitaltafeln, auf denen der Liedtext, nicht immer ganz synchron, eingeblendet wird.