Rumänen brauchen furchtbar viel Musik!
... fast so viel wie Katzen. Ich leg meine Gitarre gefühlt gar nicht mehr aus der Hand.
Huh, meine letzte Woche in Rumänien dieses Jahr! Es war sehr musikalisch und sehr ermüdend. Aber wie immer natürlich auch sehr schön.
Weihnachten will und will einfach nicht kommen. In den letzten Jahren flog die Adventszeit immer an mir vorbei, und nun zieht sie sich in die Länge wie Kaugummi. Vielleicht liegt das an meinem vollen Kalender… mit den Kindern machen wir im Moment ganz viel. Es wird immer einfacher. Die Eltern sind durch die Weihnachtszeit alle entspannt, die Kinder haben sich an mich gewöhnt und ich kann schneller vergeben, wenn Bodgan zum fünften Mal seinen Becher auskippt oder Gabi anfängt zu beißen. Oh, a propos Gabi! Er hat mir einen Kuss auf die Wange gegeben!
Vrei muzică!
Wir hatten nicht eine, sondern zwei Musikstunden diese Woche, zur Abwechslung mit “Jingle Bells”, weil ich “Twinkle, twinkle” nicht mehr hören kann. Bei dem “hey!” sollen sie alle klatschen und es mitrufen, und daran haben sie auch riesigen Spaß. Außerdem haben wir Freitag Plätzchen gebacken, und das lief sogar überraschend gut. Dora zeichnete kleine Muster in ihre Kekse, was wunderschön aussah!
Wir proben täglich für das Krippenspiel, und die meisten Texte und Szenen sitzen. Nur Georgi als Maria und Lilla als Engel Gabriel haben noch Probleme, und ich hoffe, dass sie es bis zur Aufführung hinkriegen.
Es ist wunderschön, in der Weihnachtszeit mit Kindern arbeiten zu dürfen, besonders wenn man weit weg von der Familie ist. Ich bin jeden Tag mit Liebe für die elf Kleinen erfüllt. Manchmal treiben sie einen in den Wahnsinn, ja. Aber alles in allem liegen sie mir ganz nah am Herzen und machen mich wirklich glücklich und zu einer besseren Person - ich hoffe, dass ich ihnen dasselbe zurückgeben kann.
Bin ich fame
Mittwoch wurde ich übrigens über meine Arbeit interviewt. Im Kindergarten selbst! Auf Video! Hui! War ich nervös! Mihaela, die ich auf dem SFG kennengelernt hatte, bastelte das Ganze für ein Projekt über ehrenamtliche Arbeit in Cluj. Und natürlich verliere ich sofort jeglichen Sinn für die englische Grammatik, sobald eine Kamera auf mich zeigt. Nunja, es lief trotzdem okay.
Donnerstag bat Petrus Mutter mich darum, eine Musikstunde für die Kinder von Annas Schule abzuhalten. Und schon wieder war ich nervös! Zweitklässler sind schon eine andere Marke als Babys und Kleinkinder. Aber ich schluckte es herunter, und es lief akzeptabel. Anna war meine übereifrige, selbsternannte “Assistentin”, und ich musste sie ziemlich bremsen, um auch mal zu Wort zu kommen. :D Ich hatte “Bald ist Nikolausabend da” vorbereitet, damit sich auch niemand langweilt, und spielte dazu Reise nach Jerusalem. Das war die rettende Idee, denn daran hatten die Kinder wirklich Spaß.
Ich finde, es hätte besser laufen können, aber die Eltern wirkten zufrieden und Petrus Mutter fand es ganz wundervoll - so wundervoll, dass sie mir schon wieder was zu essen spendierte! Ach, sie ist so lieb zu mir. Wir gingen auf den Street Food Market in der Innenstadt, auf dem es echt eine Leistung ist, was anderes als Burger zu finden. Aber ich entdeckte einen Stand mit Gulaschsuppe in einer Schüssel aus Brot, genau wie in Budapest. T-r-a-u-m-h-a-f-t in der Kälte, und so lecker. Oh, und ich kaufte mir hausgemachte Kekse, die wie der Himmel schmeckten!
Noch ein Wochenende!
Und dann brach der allerletzte Freitag an! Wie seltsam… ein letztes Mal wollte ich meine Freunde noch sehen, also zog ich mit Alkie los. Leider waren wir nicht die einzigen mit dieser Idee. Alle Bars waren bis zum Rand voll! Zum Glück fanden wir einen von Alkies Geheimtipps halbvoll vor und trafen dort über einen Bier Marleen und Lara. Die beiden sind mir wirklich ans Herz gewachsen.
Samstag veranstaltete der Kindergarten eine Weihnachtsfeier für alle Angestellten, und jeder musste etwas Landestypisches zum Essen beitragen, also buken Johanna und ich Zimtsterne. Die gelangen sogar, nicht wie unser Hefezopf damals. Es gab so viel Essen! Am Ende sahen wir alle aus, als wären wir schwanger…
Abends gingen wir mit Csilla noch aus, und als sie ging um ihren Bus zu kriegen, waren es nur wir vier. Meine drei neuen Schwestern. Ohne Arbeitsstress, ohne Streit, ohne irgendjemand anderen, nur wir, unsere überteuerten Getränke und unsere Geschichte. Und plötzlich überkam mich eine Welle der Zuneigung.
Ah. Jedenfalls.
Retterin in Not?
Sonntag veranstalte AIVI eine Messe. Eigentlich sollte ich erst um 17 Uhr kommen, um mit Dora unseren Workshop abzuhalten. Aber Sonntagmorgen wachte ich zu Jojos Worten “Hast du schon Iulias Notruf in der Gruppe gelesen?” auf. Der Gitarrist für die norwegischen Sänger hatte an dem Morgen abgesagt, und nun brauchten sie einen neuen - in zwei Stunden.
Was tut man nicht alles! Ja, ich habe innerhalb von 20 Minuten eine uralte Gitarre nur mit meinem Gehör gestimmt und fünf Lieder gelernt, zwei davon hatte ich noch nie zuvor in meinem Leben gehört. Deswegen will ich keine einzige Beschwerde über meine Verspieler hören. Keine einzige! Ich weiß, dass ich ziemlich schlecht gespielt habe, aber mehr könnt ihr echt nicht erwarten!
Danach war ich ausgelaugt - hallo, mein Körper war darauf vorbereitet bis 14 Uhr im Bett zu bleiben und in Jogginghose Pokemon zu spielen - und ging zu einem der vielen Stände. Da brachte mir ein Mädchen bei, “ich mag dich” auf chinesisch zu schreiben bzw. zu malen. Ich fragte sie nach der Struktur und es war furchtbar interessant. Wirklich, im Studium werde ich eine nicht-eurozentrische Sprache studieren müssen, und eigentlich war ich auf Arabisch fixiert, um damit helfen zu können. Ich wünschte, beides wäre möglich…
Check your privilege!
Nunja, um 16 Uhr ging es weiter mit Doras und meinem Workshop, der Privilege Run. Man stellt den Teilnehmern verschiedene Fragen, wie z.B. ob ihre Eltern studiert haben, und je nach Antwort geht man einen Schritt vorwärts oder zurück. Je nachdem wie privilegiert man ist steht man am Ende weiter vorne oder hinten und rennt dann auf die Ziellinie zu, wo eine Schüssel Süßigkeiten stand. Ah, wie ich es liebe, vor anderen Leuten laut zu sprechen… aber Dora ist so lieb, dass ich mich nur wohlfühlen konnte, und es lief prima!
Das war’s dann für dieses Jahr mit AIVI… aber über Facebook werden wir das Radioprogramm im nächsten Jahr planen! Der Hype ist real! Aber nächste Woche um die Zeit bin ich daheim, und ich freue mich so. Wir hören uns!