Reise, Reise
Freddy ist wie gewohnt viel auf der britischen Insel herumgekommen und dabei immer wieder mit merkwürdigem Humor und einem etwas anderen Temperaturempfinden konfrontiert worden.
Da ist er wieder!
Schnell mal wieder aufholen, sonst verliert man den Anschluss.
Also, damit es auch schön einfach ist, fange ich mal vor dem auf, wo ich letztes mal angefangen habe.
Die Komik mit Hitler
Es war einmal der 3. Dezember 2005 im Jahre des Herren und Frederik ging zum Theater. Das ganze war in Thornhill, unserem 300-Seelen-Dörfchen. Das Theaterstück war lustig, aber an sich nicht spektakulär. Ich erkläre jetzt nicht die Rahmenbedingungen, sondern nur schnell die Situation:
Ein Mann liegt blutend im Schlafzimmer, zwei andere bei ihm, die Dorfpolizei steht im Haus. Als die beiden rauskommen fragt der Polizist was die denn im Schlafzimmer gemacht hätten, darauf antwortet der eine: „Eh, we watched Hitler!“ Lautes Gelächter im Saal, Unverständnis bei mir. Später gab es noch auf die Nachfrage des Polizisten: „And you really watched Hitler?“ die ironische Antwort „No, Moussolini!“.
Das die Menschen hier gerne über Hitler und den Zweiten Weltkrieg reden ist mir klar, auch dass man selbst im Weihnachtsshop Videos darüber findet, natürlich immer schön mit dem Hakenkreuz vorne drauf. Das ganze stört mich ja auch nicht, nur habe ich den Witz einfach nicht verstanden. Natürlich wurde ich politisch korrekt gefragt, ob ich das auch nicht missverstanden hätte. Ein weiterer Irrglaube entsteht immer, wenn ich versuche zu erklären, dass das Hakenkreuz und der Hitlergruß in Deutschland verboten sind, soweit es nicht geschichtsunterrichtlichen Zwecken dient. Daraus schließen die dann immer, dass ich nicht so gerne über den Krieg sprechen möchte, da es mir unangenehm sei. Dass der Hitlergruss mit den Worten „Heil Hitler“ kein gelunger Anfang eines Gespräches sein kann, ist denen hier manchmal einfach nicht klar.
Party Night
Am 8. Dezember stand die Scottish Country Dancing Party Night an. Das klingt nach viel, bedeutet aber letztendlich nur, das man drei anstatt zwei Stunden tanzt und eine längere Teepause mit was zu Essen in der Mitte hat, war aber trotzdem sehr lustig! Weil danach bis 2006 kein Tanzen mehr stattfand, bin ich am 14. nach Aberfoyle, dem Nachbardorf gegangen und durfte dann auch am 21. zu deren Party Night.
Reißt die Hütte ab!
Ich springe gerade ein wenig: Am 11. Dezember haben wir die marode Blockhütte vor unserem Haus mit einer Axt auseinandergenommen, also genau genommen ich, während alle anderen mir zuguckten, weil es ihnen zu kalt war. Ich hatte gerade das Dach auseinandergenommen (da war ein Spaß!) da kam David, der Farmer, mit dem Trecker vorbei und wollte auch mitmachen, so hat er dann das Haus entgültig dem Erdboden gleichgemacht. Leider musste dann das ganze Holz 150 Meter zum Lagerfeuerplatz getragen werden und da der Rasen davor zu matschig war, konnte David nicht mit dem Trecker dahin fahren. Weil wir aber eh keine Familien da hatten, hatten wir zumindest was zu tun und ein riesiges Lagerfeuerr gegen die Kälte.
Christmas Party…
Am 16. hatten wir unsere Christmas Party , nach dem Truthahnessen gingen wir zu dem gemütlicheren Teil des Abends über und ich durfte sogar den Weihnachtsmann spielen. So kam es dann also, dass ich mal weg musste und auf einmal war der Weihnachtsmann da und hat allen Geschenke gebracht. Am 17. hatte Richard, ein Vorstandsmitglied, uns auf eine Party bei sich in Thornhill eingeladen, wo man ungefähr das halbe Dorf kennen gelernt und beim Weihnachtskonzert der McLaren Highschool am 19. wiedergesehen hat.
...und Christmas Stay
Dann kam er, der lang ersehnte Christmas Stay. Es waren drei Mütter, eine mit sechs, eine mit vier und eine mit zwei Kindern. Der Stay war nahezu perfekt, die Kinder waren im Alter von 8-14 und supernett (also relativ zu den Kindern hier gesehen) und das wichtigste: die Mütter hatten ihre Kinder im Griff, zumindest die mit den sechs und die mit den vier Kindern. Dagegen war die letzte Mutter eine mental labile Frau, die selber mehr noch ein Kind als eine Erwachsene war. Sie konnte leider nicht mit ihren Kindern umgehen, dabei waren diese so nett. Das fängt damit an, dass sie sich selbst ständig wiederspricht und die Kinder total verwirrt sind, weil sie in der einen Sekunde noch die besten Kinder der Welt für die Mutter seien, in der nächsten hat sie nur gemeckert, ohne ersichtlichen Grund.
Trotz dieser Familie war es einer der besten Stays, vielleicht auch, weil Weihnachten war. Wir haben unter aanderen The X-Factor (das britische „Popstars“) nachgespielt, Ale und ich haben erst Journey South mit „Let it be“ vorgetragen und danach habe ich mich schnell umgezogen, um als Sharon Osbourne in der Jury zu sitzen. Es haben alle Kinder gesungen und sogar die Tage vorher richtig geübt, man muss es halt nur gut vorbereiten (und am besten aus dem Fernsehen kopieren) und schon sind die Kinder dabei! Am Christmas Day, einen Tag zu spät für uns Festlandeuropäer, kam dann auch Father Christmas und hat die Kinder und Mütter reich beschenkt. Diesmal war es Alan, Hazels Mann, der sich in das tolle Kostüm zwängen durfte.
Ab nach Hause
Am 27. hieß es dann „Auf Wiedersehen“ für die Familien und Soner ging als erster auf Reisen. Am 28. hab ich Sarah um die unmenschliche Zeit von 7.00 Uhr zum Bahnhof gefahren, um das Gleiche mit Ale und Jing um 10.00 Uhr nochmal zu tun. Da mein Flug erst frühmorgens am 29. ging, habe ich das Haus kontrolliert, ungefähr 200 Steckdosen ausgeschaltet (die haben hier alle einen Schalter direkt am Stecker) und dabei aus Versehen auch den Kühlschrank ausgeschaltet. Dafür habe ich den Toaster angelassen, deshalb musste Ale sein Essen schnell verzehren, als er am 4. wiederkam. Als ich abschloss war es das erste Mal seit über fünf Jahren, das das Haus abgeschlossen war - irgendwie Schade.
Ich bin gegen drei Uhr zu Hazel und Alan, um beim Umzug zu helfen. Kurz vorher traf deren Sohn ein, der eigentlich morgens um 7 anfangen wollte, aber leider erst um 6 betrunken nach Hause kam, was Alan etwas erzürnte. Um 21 Uhr hat mich Alan dann zum Bahnhof gefahren und um Mitternacht war ich am Flughafen, um mich auf eine gemütliche Nacht vorzubereiten.
Um 1 Uhr kam der letzte Flieger aus London, ich war gerade am Einschlafen, da rannte ein Passagier zur Behindertentoilette und übergab sich erstmal, solange bis Sicherheitspersonal da war, dann noch Polizei und letztendlich der Krankenwagen. So steckte ich im Zwiespalt zwischen „Ich könnte jetzt einfach schlafen“ und einem gesunden Interesse an Ereignissen die in nächster Nähe passieren, vor allem wenn Polizei und/oder Krankenwagen dabei sind. Was genauer passierte, konnte ich leider nicht sehen, er hat dann nach einer Stunde irgendwann aufgehört sich zu übergeben und wurde von den Sanitätern mitgenommen. So konnte ich doch noch zwei Stunden bis um 4 Uhr schlafen.
Die Zeit zu Hause im Kurzdurchlauf: Raclette mit Freunden, nicht zum Geburtstag von Freunden eingeladen werden, Kaffee mit Bekannten und Verwandten, Nachtschlittenfahren, Silvester feiern, alte Arbeit besuchen, Spieleabend, Liederkegeln, Juggern, Disco, Essengehen und dann waren zehn Tage auch schon wieder herum und es hieß Abschied von der Heimat in die nicht mehr ganz unbekannte Ferne nehmen.
Vier Tage – Vier Städte
Da es ja aber zu langweilig wäre, einfach zur Arbeit zurückzukehren, bin am Dienstag, den 10.01, auf nach Bradford, um ein paar Seminarteilnehmer zu besuchen. Bradford hat ungefähr den Charme einer Scheibe Toastbrot, aber ich war ja auch da, um die Leute zu sehen. Am Mittwoch bin ich rüber nach Leeds, dessen Innenstatdt aus fünf oder mehr riesigen Einkaufzentren besteht, aber ich bin auch da nur hin, weil dort der andere Teil der Freiwilligen wohnte.
Da die alle arbeiten mussten bin ich am Donnerstag los, um York zu erkunden und ich muss sagen, eine wirklich schöne Stadt! Hat historisch sehr viel zu bieten und auch touristisch. So war ich jetzt im Londoner, im Edinburgher und im Yorker Dungeon aber noch nicht im Hamburger, was quasi neben der Haustür liegt. Nach einem weiteren gemütlichen Abend, diesmal in Leeds, ging es an Freitag nach Liverpool zum Mid-Term-Training. Liverpool lebt für die Beatles, worauf so ziemlich alles irgendwie hinweist, aber es ist an sich auch eine sehr schöne Stadt.
Unter den Kindern, so zwischen 12 und 16 Jahren, ist Gothik derzeit total „in“, so kam es dass wir auf einmal zwischen etwa 400 so gekleideten Kiddies standen. Aber die waren zum Glück harmlos und sowieso einen bis eineinhalb Köpfe kleiner. Nach einem Seminarblock ging es ins Liverpooler Nachtleben, was echt empfehlenswert ist. Die Menschen auf dieser Insel scheinen kein Kältegefühl zu besitzen: Wo wir mit unseren Winterjacken frieren, stehen die locker mit Top und Minirock da, aber wer „schön“ sein will, muss halt leiden.
Am Sonnabend hieß es nach einem kurzen Seminarblock schon wieder Auf Wiedersehen, zumindest für einige, deren Züge früh fuhren. Die Anderen, mich eingeschlossen, hatten noch Zeit, so haben wir uns die Stadt und ihre riesigen Kathedralen angeschaut und während einige noch eine weitere Nacht geblieben sind, bin ich abends wieder hoch nach Schottland.
So, Anschluss wiederhergestellt! Da wir eine neue Managerin haben und ich am Mittwoch mein Vier-Augen-Gespräch und dann ein Plan habe, wie das hier so alles weiterlaufen soll, werde ich bestimmt bald neues zu Berichten haben!
Zum Schluss noch zwei Versuche meiner Schwarzweisfotografien, man kommt auf Ideen, wenn man nichts zu tun hat!
Cheers!
Freddy