Quo vadis, Vereinigtes Königreich?
Innerhalb der Europäischen Union haben sich die bereits ins Abseits manövriert. Nun wird auch erstmals ernsthaft über ein unabhängiges Schottland nachgedacht.
Mit seinem „Nein“ zur Fiskal-Union hatte Premierminister David Cameron auf dem (mindestens) einhundersiebenunfünfzigsten Euro-Rettungsgipfel im Dezember für Aufsehen gesorgt. Auch innenpolitisch läuft es in Großbritannien alles andere als rund. Der Medienskandal rund um Rupert Murdoch und sein Zeitungsimperium, Massendemos gegen Sparmaßnahmen der Regierung, die Neuordnung des Houses of Parliament – das sind nur einige der vielen Probleme der Regierung in Westminster. Droht nun auch noch der Austritt Schottlands aus dem „Vereinigten Königreich“?
SNP auf dem Vormarsch
Seit den Wahlen im Mai 2011 stellt die „Scottish National Party“ die alleinige Mehrheit im Parlament in Edinburgh. Und klar, ein Hauptanliegen der SNP war, ist und bleibt die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich. Im Jahr 1999 trat erstmals ein eigenständiges Parlament in Schottland zusammen. Schritt für Schritt wurden seitdem die Befugnisse dieses Parlaments erweitert. Ähnliches geschah übrigens auch in Nordirland und Wales. „Devolution“ wird diese schrittweise Abgabe der Macht aus London an die Parlamente in Schottland, Wales und Nordirland genannt.
Macht Schottland nun ernst?
Die Schotten sind mit ihrer „Devolution“ bislang am Weitesten. Und nun scheint Premierminister Alex Salmond ernst zu machen. In den kommenden Jahren soll die schottische Bevölkerung in einem Referendum über ein unabhängiges Schottland, einen eigenständen schottischen Staat abstimmen dürfen. Morgen steht gar ein „Gipfeltreffen“ zwischen Alex Salmond und David Cameron auf dem Programm.
Uneinigkeit über den zeitlichen Rahmen
Da Schottland aber eben zum Vereinigten Königreich gehört, kann es nicht einfach so über seine Unabhängigkeit abstimmen lassen. Alex Salmond braucht grünes Licht aus Westminster. Und zurzeit sind London und Edinburgh noch weit von einer Einigung entfernt. Schottland will seine Bürger erst im Herbst 2014 zu den Wahlurnen bitten, die gesamtbritische Regierung strebt einen Termin schon 2013 an. Auch die Frage, ob 16- und 17-jährige Schotten bereits zur Abstimmung zugelassen werden sollen, steht noch im Raum.
Wie genau soll das Referendum aussehen?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der genaue Ablauf bzw. das Aussehen des Unabhängigkeitsreferendums. Während man sich in Westminster einen Wahlzettel mit den zwei Optionen „Ja“ und „Nein“ vorstellt, wünscht sich die schottische Regierung noch eine dritte Option: „Devo-Max“, was bedeutete, dass das Parlament in Edinburgh mit (beinahe) allen Freiheiten einer unabhängigen Regierung ausgestattet werden könnte, ohne sich vom Vereinigten Königreich zu lösen.
Quo vadis, Britannica?
Ob die Bürger Schottlands die Unabhängigkeit mehrheitlich überhaupt wollen, steht auf einem anderen Blatt. Dennoch: Auch in Wales verfolgt man die Entwicklung Schottlands gebannt. „Plaid Cymru“, das walisische Pendant der „SNP“ wittert bereits Morgenluft. Sollte Schottland mittelfristig unabhängig werden, müsse man darüber auch in Wales intensiv nachdenken. Die Labour-Regierung in Cardiff bekennt sich hingegen zum Vereinigten Königreich. Inwiefern ein nur noch dreiteiliges Großbritannien aber überhaupt funktionieren würde, steht in den Sternen.