Parlamentswahlen in Rumänien
Am 11. Dezember 2016 finden in Rumänien die Parlamentswahlen statt. Die Frage ist, ob es eine grundlegende Veränderung gibt oder ob das alte System wieder zurückkehrt.
Allgemein besteht das rumänische Parlament aus zwei Kammern und zwar aus dem Abgeordnetenhaus und aus dem Senat. Gesetzesvorhaben müssen von beiden Kammern verabschiedet werden und je nach Gebiet ist eine der beiden die abschließend entscheidende Kammer. 18 Minderheitengruppierungen – darunter die deutsche Minderheit – entsenden je einen Abgeordneten in die Abgeordnetenkammer. Die Wahlen finden im vierjährigen Rhythmus statt. 2015 wurde das Wahlrecht geändert. Erstmals können Rumänen jetzt per Briefwahl abstimmen. Dies wurde eingeführt, weil es immer mehr Rumänen im Ausland gibt. Außerdem gibt es eine Sperrklausel von 5 Prozent für Parteien und von 8 bis 10 Prozent für Parteiallianzen und gewählt wird per Verhältniswahlrecht.
Derzeitig ist Dacian Cioloş der Premierminister und zwar seit dem 17. November 2015. Er folgte auf Viktor Ponta (PSD), der am 04. November des letzen Jahres aufgrund der Demonstrationen wegen des Colectiv Unglücks zurückgetreten war. Seither wird das EU-Land von einer technokratischen Übergangsregierung geleitet. Der Premierminister hat umfangreiche Reformmaßnahmen angekündigt, unter anderem mit dem Ziel der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz und Korruptionsbekämpfung. Weitere Reformvorhaben betreffen beispielsweise die verbesserte Absorption der EU-Fördermittel, Dezentralisierung sowie Modernisierung des Gesundheitswesens.
Eines der größten Probleme in Rumänien ist immer noch die Korruption. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSCOP würden mehr als 90 Prozent der Rumänen keine Person zum Bürgermeister wählen, gegen welche ermittelt wird oder welche wegen Korruptionsdelikten verurteilt wurde. 88 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass rechtskräftig verurteilte Personen des öffentlichen Lebens nie mehr ein öffentliches Amt bekleiden sollten. Die Mentalität hat sich also zumindest zum Teil geändert, aber erst bei den Wahlen wird sich zeigen, wie entschlossen die Bürger wirklich sind. Außerdem leistet die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA eine gute Arbeit. Unter der Leitung von Laura Codruta Kövesi konnten namhafte Persönlichkeiten angeklagt (z.B. auch Ex-Premierminister Victor Ponta) und auch verurteilt werden. Die Korruption nimmt in gewissen Umfeldern (z.B. Gesundheitswesen) immer noch eine tragende Rolle im rumänischen Alltag ein, aber die Bereitschaft, solche Delikte zur Anzeige zu bringen, ist dank der Effizienz der DNA gestiegen.
Das Problem ist jedoch, dass bei den Wahlen Korruptionsskandale zwar eine Rolle spielen, aber das derzeitige System etablierte Parteien bevorteilt. Eventuell wird es neue Politiker geben, die antreten, weil die politischen Parteien sich dazu gezwungen fühlen, aber allzu viele neue Figuren werden es nicht sein. Außerdem wurde zwar die Regierung ausgetauscht, aber das Parlament blieb bestehen und somit trifft Reformbereitschaft oftmals auf hartnäckigen Widerstand. Im Vergleich zu den Lokalwahlen im Juni zeigte sich auch, dass die Sozialdemokraten (PSD), welchen auch Ponta angehörte, sich in vielen Orten durchsetzen und auch den ersten Platz vor den Nationalliberalen (PNL) behaupten konnten. Die Mehrheit der wichtigen Städte ging an die PSD, da spielte es auch keine Rolle, ob der Kandidat unter Korruptionsanklage stand oder sogar im Gefängnis saß. Die PSD kann sich also auf ihre lokalen, von Korruption und persönlicher Affiliation geprägten Netzwerke verlassen. Ein Beispiel dazu gibt es auch in Baia Mare, denn die DNA hat gegen den derzeitigen Bürgermeister von Baia Mare Cătălin Cherecheş (UNPR) wegen Amtsmissbrauchs, Beihilfe zu Steuerbetrug und Fälschung ermittelt. Trotzdem wurde er wiedergewählt während er in Untersuchungshaft saß. Nur in der Hauptstadt konnte sich erstmals eine zivile Partei (Union zur Rettung Bukarests) auf Anhieb stark in Szene setzten und den zweiten Platz einnehmen.
In den letzten Jahren war die Wahlbeteiligung zudem meist eher niedrig, nur bei der Präsidentenwahl 2014 war sie höher. Eine niedrige Wahlbeteiligung bevorzugt aber die etablierten Parteien, und nicht die neuen.
Ein Rumäne, der einige Jahre in Dänemark gelebt hat, hatte eine sehr pessimistische Einstellung. Seiner Meinung nach sei das rumänische Volk bereit für grundlegende Veränderungen und wolle sich von der Korruption befreien, aber den Menschen werde gar nicht die Möglichkeit gegeben (ganz) neue Politiker zu wählen. Er meinte, dass man entweder Korruption oder Korruption wählen könne. Auf meine Frage, ob denn die Demonstrationen wegen des Brandunglücks im letzten Jahr nicht ein Schritt zur Besserung gewesen seien, meinte er, dass das eventuell so sei, aber seiner Meinung nach seien Rumänen kein Volk, das viel demonstriere oder sich energisch politisch engagiere. Dies sei aber für eine grundlegende Veränderung ausschlaggebend.
Für die Parlamentswahl Anfang Dezember wird demnach wahrscheinlich vieles ähnlich bleiben, nach dem Prinzip „neue Gesichter – altes System“: Die Großparteien werden vermutlich das Geschehen bestimmen.
Aber zwei Aspekte wird es dabei zu beachten geben: Erstens wird die zivile Union eine Partei zur Rettung Rumäniens ins Rennen werfen und zweitens könnten den oftmals kritischeren religiösen Minderheitengruppen eine wichtige Rolle zukommen. Es bleibt also abzuwarten, was letztendlich bei den Parlamentswahlen herauskommt.