On-Arrival-Training
Für ihren Freiwilligendienst hat Karenaki das On-Arrival-Training nicht wirklich was gebracht, dafür hat sie ihr Bild von Athen komplett revidiert und ihre WG noch mehr schätzen gelernt.
Es ist ja schön, dass Ihr alle in Euren E-Mails davon ausgeht, dass bei mir super Wetter sei! Dem ist allerdings im Moment nicht so. Gerade regnet es hier in Strömen und Verena (enli) und ich haben das so richtig schön mitbekommen, weil wir gerade 'ne ganze Weile von der Bushaltestelle zum Jugendzentrum gelaufen sind. Wir sind ja gerade vom Vorbereitungsseminar aus Athen zurückgekommen.
Dieses war im Groben und Ganzen echt eine interessante Erfahrung, aber wir haben uns die ganze Zeit über auf zu Hause gefreut! Unser zu Hause ist mittlerweile in Korinth, was natürlich ein sehr gutes Zeichen ist!
Es war zwar toll, die letzten Tage mit über 50 Leuten aus ganz Europa zu verbringen, aber ich weiß meine Mitbewohner nun noch mehr zu schätzen. In unserer WG läuft alles so harmonisch ab, was mit 70 Prozent der Seminarteilnehmer sicherlich nicht der Fall wäre. Es gibt vielleicht anstrengende Charaktere!
Ein paar Leute waren jedoch echt richtig nett! Dazu gehören zum Beispiel Jonas, der ja schon mit mir auf dem Vorbereitungsseminar in Kassel war und den wir vielleicht auf Zypern besuchen werden, wenn wir einen Billigflug finden. Außerdem wurden wir von Daniela, einer sehr netten Portugiesin nach Kalamata eingeladen. Sehr gerne mochte ich auch Nikki, eine Engländerin, die nur 40 Minuten oder so von uns entfernt wohnt. Einige Teilnehmer werden wir sicherlich auch auf dem zweiten Seminar treffen... mal sehen.
Leider waren wir mal wieder eine ganze Invasion von Deutschen (13). Außerdem gab es sehr viele Franzosen und erstaunlicher Weise keine Spanier. Dafür waren sogar Leute aus Tunesien und Lichtenstein vertreten.
Für meinen Freiwilligendienst hat mir das Seminar jetzt nicht wirklich was gebracht, aber es war interessant zu hören, welch unterschiedliche Projekte es doch gibt und ich hatte ein paar sehr gute Gespräche, wie zum Beispiel eine Diskussion mit einem Schweden und einer Französin über Politik, angesichts der Wahlen in Schweden.
Auf jeden Fall hat mir das On-Arrival-Training besser gefallen als das Ausreiseseminar. Erstens habe ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem Hotel gewohnt und zweitens war das Seminar abwechslungsreicher und mit mehr Freizeit gestaltet, wodurch ich nun mal ein bisschen mehr von Athen sehen konnte.
Ich muss sagen: Ich hab meine Meinung über Athen vollständig geändert! Athen ist nicht nur groß, grau, dreckig, stickig und heiß. Athen hat auch wunderschöne Ecken, alte Gasse, schöne Häuser, gemütliche und alternative Cafés, geschmackvolle Grünanlagen und immer wieder antike Ruinen... das alles hat mir wirklich sehr gut gefallen! Und die wilden Hunde sind weniger aggressiv als die in Korinthos! Weniger toll waren die ganzen fertigen Junkies mitten auf einem zentralen Platz – ich glaube, so kaputte Menschen habe ich noch nie gesehen...
Während des Seminars haben wir auch ein paar griechische Tänze gelernt, was wirklich viel Spaß gemacht hat und Muskelkater verursachte... Außerdem hatten wir ein bisschen Griechischunterricht. Dieser war nicht wirklich sinnvoll, da ein paar Leute erst seit einer Woche, andere seit vier Monaten in Griechenland waren und man entweder unter- oder überfordert war. Etwas enttäuscht war ich auch vom griechischen Geschichtsunterricht, da dieser nur die Zeit von der Steinzeit bis zum klassischen Altertum umfasste. Da ich diese Zeit schon ausführlich während meiner Schulzeit behandelt habe, hätte ich gerne etwas über das letzte Jahrhundert und die Gegenwart erfahren! Na ja, der Unterricht sollte uns wohl auf unseren Ausflug auf die Akropolis vorbereiten. Er hat nur kaum jemanden interessiert, was ich nicht wirklich verstehe. Ich kann nicht so ganz nachvollziehen, weshalb man für so lange Zeit nach Griechenland geht, wenn man sich nicht für die griechische Kultur und Geschichte interessiert. Griechenland ist doch nicht nur Sommer, Sonne, Strand...
Da wir auf der Akropolis so eine richtige Führung mitgemacht haben, habe ich mich zum ersten Mal so richtig als Touri gefühlt, obwohl ich es nun ja eigentlich am wenigsten bin... Für mich ist so ein Ort wie die Akropolis nicht einfach eine Touristenattraktion, die man mal gesehen haben muss, ich finde eher den Gedanken faszinierend, dass ich über die selben Steine laufe, über welche die Menschen schon vor tausenden von Jahren gelaufen sind! Ich habe jedoch auch immer wieder ein schlechtes Gewissen: früher waren dies heilige Städten, nun treten diese Heiligtümer jeden Tag Mengen von Touris mit Füßen und sitzen telefonierend auf den Steinen...
Ich weiß jetzt übrigens, weshalb die Griechen die fetteste Nation Europas sind. Circa ein Drittel der Einwohner Griechenlands lebt in Athen. Trotz des Smogs und des Verkehrschaos laufen die allermeisten Griechen nie zu Fuß sondern fahren mit dem Auto oder mir öffentlichen Verkehrsmitteln. Einmal waren wir mit ein paar Leuten in einer Bar und wollten den Weg nach Hause wissen, da wurden wir systematisch davon überzeugt, dass 20 Minuten Fußweg zu viel seien. Außerdem waren wir oft die allereinzigen, die Treppen gelaufen sind und nicht Rolltreppe gefahren sind...
Ich habe jetzt bestimmt viele Dinge vergessen zu schreiben, aber ich habe jetzt keine Lust mehr und ich will Euch auch nicht zumuten, einen noch längeren Text lesen zu müssen... Übrigens weiß ich jetzt, dass dieses Tagebuch auch noch andere Leute als meine Mama lesen. Habe nämlich Samstagabend mit meinen beiden lieben Wahlschwestern Mara und Marie telefoniert *Küsschen*. Ich wollte an dem Abend eigentlich mal früher ins Bett gehen und mich ein bisschen erholen, hab dann aber doch die drei oben genannten M's angerufen und insgesamt bestimmt drei Stunden gequatscht. Verena war ganz schön verdattert, als sie mitten in der Nacht nach Hause kam und ich noch wach war :-). Aber es tat auch echt mal gut, ihre Stimmen zu hören, auch wenn ich dadurch ein bisschen Sehnsucht bekommen habe.
Ich habe gerade stark das Gefühl, krank zu werden, ich hoffe, ich bin einfach nur kaputt... Love