On Arrival Training
Nach langer Zeit hab ich es dann doch geschafft, meinen Blogpost zu meinem On Arrival Training zu verfassen. Hat leider ein wenig länger gedauert, da der erste Versuch nicht hochgeladen werden konnte und dann ganz weg war und ich einfach nicht mehr so viel Zeit gefunden hab. Aber jetzt ist er endlich online, Bilder folgen noch
Am Freitagmorgen bin ich um 8:15 Uhr aus der Wohnung in Tartu aufgebrochen, nachdem ich am Donnerstag nach dem Sprachkurs die Nacht dort auf dem Sofa verbracht habe. Mein Mentor, der die Wohnung leitet, und zwei Inhabitants, die in dem Maarja Küla Shop in Tartu arbeiten, sind mit mir aufgebrochen. Ihr Ziel war heute Maarja Küla, dort sollte die Trauerfeier für die verstorbene Bewohnerin stattfinden. Um Anteilnahme und Mitgefühl zu zeigen, wäre ich auch gerne da gewesen. Aber mein Bus nach Tallinn ging um 9 Uhr, zufälligerweise mit einem anderen Teilnehmer des Trainings, wie wir später herausfinden sollten.
In Tallinn hatte ich noch viel Zeit und eigentlich wollte ich mir bisschen die Stadt angucken und ein paar Fotos machen, aber meine Kamera hat mir gemeldet „Objektiv wird nicht erkannt“ und deshalb konnte ich keine Bilder machen. Nach vielem Fluchen und mehrfachem An- und Ausschalten, Objektive abnehmen und wieder ransetzen und mehreren anderen Versuchen habe ich dann frustriert aufgegeben und bin schon einmal zum Tagungsort des Seminars gefahren. Erwartet hatte ich eine Jugendherberge, wie man das aus Deutschland gewöhnt ist, aber mich hat ein Drei-Sterne Spa-Hotel erwartet mit eigenem Wellnessbereich und Schwimmbad sowie Blick aufs Meer, das keine 2 Minuten zu Fuß entfernt war. So lassen sich die fünf Tage auch verbringen.
Nachdem ich in mein Zimmer eingecheckt bin, hab ich ein wenig mit meinem französischen Zimmernachbarn gequatscht, aber bald mussten wir dann auch hoch in den fünften Stock. Erst einmal gab es Mittagessen, danach die üblichen Kennenlernspiele. Am ersten Tag ging es insgesamt vor allem um Kennenlernen und ich hab auf jeden Fall viele coole Leute kennengelernt. Nach dem Abendessen haben wir noch Tischtennis und Minigolf im Hotel gespielt und waren in der Sauna. Danach haben wir noch länger gequatscht, um halb eins sind wir dann aber doch ins Bett.
Der nächste Tag hat für mich mit Schwimmen begonnen, danach noch kurz in die Sauna und dann an das Frühstücksbüfett. Thema des zweiten Tages war zum einen ein wenig die estnische Kultur, zum anderen sollten wir uns gegenseitig unsere Projekte vorstellen und es ging auch noch um die Rechte und Pflichten der verschiedenen Beteiligten am EVS. Gestartet hat der Tag mit einem estnischen Tanz, Kaks sammu, und ein wenig Sprachkurs. Das Programm des Tages war relativ straff, aber gut gemacht und nicht langweilig. Vor dem Abendessen haben wir sogar noch ein Quiz über Estland gemacht, um unsere Kenntnisse zu überprüfen. Nach dem Abendessen haben wir einen sehr interessanten Film über Estlands Weg in die Unabhängigkeit gesehen, „The Singing Revolution“. Den Abend haben wir dann noch mit Denkspielen, UNO und bescheuerten Gesprächen ausklingen lassen. Diesmal war es zwei Uhr, als wir ins Bett sind.
Trotzdem bin ich wieder um Punkt acht Uhr ins Schwimmbad und anschließend wieder in die Sauna. Nach dem Frühstück haben wir wieder einen Tanz gelernt, Kaera-Jaan, der wohl meistgetanzte estnische Volkstanz. Auch einen kleinen Sprachkurs gab es wieder, dann hat der Tag richtig angefangen. Heute ging es um Initiative, ein wichtiges Thema im EVS. Denn immer wieder muss man auch Initiative ergreifen und einfach etwas anpacken. Außerdem soll jeder Freiwillige auch mindestens ein eigenes Projekt gestalten während seines EVS. Nach einem Einstieg in das Thema am Morgen hatten wir ab 12 Uhr Zeit uns ein kleines Projekt zu überlegen, mit dem wir der estnischen Kultur näher kommen könnten. Die Idee unser Gruppe war es, ein wenig in die estnische Küche hineinzublicken und etwas typisch Estnisches zu kochen, sei es auch nur ganz einfach. Unser Ziel dafür war das YouthCenter von Pirita, dort sollten die Leute offen für so etwas sein.
Und wir haben Recht behalten, eine sehr süße, ältere Dame war dort. Gefragt haben wir sogar auf Estnisch, ob die paar Sätze, die ich als der mit dem größten Lernfortschritt von mir gegeben habe, so richtig waren, weiß ich nicht. Aber sie hat uns verstanden und uns erst einmal einkaufen geschickt, nur Kefir, alles andere habe sie da.
Als wir dann wiedergekommen sind, ging es auch schon los. Es sollte ein Getränk werden, Kama gemischt mit Kefir und Zucker. Kama ist geröstetes Mehl aller Art, Roggen, Gerste, Hafer, Weizen, Erbsen und auch Bohnen. Die Frau hat uns dann erzählt, dass Kama ursprünglich ein Arme-Leute-Essen war, das aus den unverwertbaren Resten der Ernte gemacht wurde und gerne an heißen Erntetagen zur Erfrischung getrunken wurde. Erfrischend war es auf jeden Fall und hat sehr lecker geschmeckt. Zur Kommunikation waren wir schon längst auf Englisch umgestiegen, das Gespräch war ganz locker und sehr interessant. Wir haben auch noch ein paar Kinderlieder zusammen gesungen, deren Text sie ausgedruckt hatte. Zuerst hat sie angefangen zu schreiben, aber dann sagte sie: „Why am I writing? We can take it from the internet!“, und ist dann zu ihrem Arbeitscomputer entschwunden. Der große Fortschritt Estlands im IT-Sektor ist anscheinend auch schon bis in die älteren Generationen vorgedrungen. Nach einiger Zeit haben wir uns dann doch verabschiedet, mit dem restlichen Kama und Kefir, vielen Gedanken und einer tollen Geschichte im Gepäck.
Im Hotel haben wir dann die Videos und Fotos, die wir gemacht haben, uns angeguckt, da wir es auch noch später den Anderen zeigen wollten. Unser Lunch-Paket haben wir auch noch verdrückt, sehr sättigend war Kama leider nicht.
Es war sehr interessant zu sehen, was die Anderen gemacht haben. Es waren vor allem Umfragen auf der Straße, in die Häuser der Leute haben sie sich wohl nicht ganz getraut. Aber auch sie haben tolle neue Erkenntnisse gesammelt, wir konnten dann Videos und Fotos zeigen, ein wenig erzählen und schließlich durfte auch jeder ein bisschen probieren von dem, was wir noch übrig hatten.
Den Abend haben wir dann in der Sauna ausklingen lassen und außerdem noch Fangen im Schwimmbecken gespielt. Danach bin ich mehrfach eingeschlafen auf verschiedenen Sofas beim Quatschen und hab mich dann doch ins Bett verabschiedet. Die anderen waren wohl noch bis drei Uhr wach.
Der nächste Tag hat wie jeder Tag mit Schwimmen, Sauna, Frühstück, Sprachkurs und estnischem Volkstanz begonnen. Den Tag hab wir ab der Kaffeepause um 11 Uhr mit unseren Mentoren oder Supervisoren zusammen verbracht. Doch kurz bevor wir anfangen wollten mit dem thematischen Teil, ging der Feueralarm los, ein ohrenbetäubender Lärm! Das ging einige Zeit, unser Trainer meinte, dass wir aber nicht gehen müssten, weil der richtige Feueralarm erst morgen sei. Irgendwie haben wir die Sirene dann mit Pullovern und Schals abgedeckt, sodass sie nicht mehr so laut war. Als wir dann anfangen wollten, kam eine Mitarbeiterin, die uns doch hinausführen sollte, es war ja ein Feueralarm. Unser Trainer hat länger mit ihr diskutiert, da er sich vorher genau darüber an der Rezeption erkundigt hatte. Als wir dann aber doch losgezogen sind, haben wir gemerkt, dass es ganz gut war, eine Probe zu haben, denn die Mitarbeiterin hatte überhaupt keine Ahnung, wohin wir genau gehen mussten und wo der Fluchtweg ist. Also eigentlich gar nicht schlecht. Als es dann zu Ende war, sind wir wieder in unseren Raum und haben dort mit dem Programm angefangen.
Es ging um unsere Organisation, wie sind wir aufgebaut, was wollen wir eigentlich und warum bin gerade ich als Freiwilliger dort. Auch den Kulturschock haben wir behandelt und wie wir uns gegenseitig in den guten und in den schlechten Zeiten auch unterstützen können. Wichtiger Punkt war die Kommunikation und mit der sollte es nach dem gemeinsamen Mittagessen gleich weitergehen. Nun ging es um uns Freiwillige und was wir gerne in unserem Projekt machen würden, was unsere Ziele sind, was unsere Stärken sind, was vielleicht auch unsere Schwächen sind, wie wir all das in das Projekt einbringen können und was wir als unser kleines, eigenes Projekt machen wollen. Erst hatte ich nur wenige Ideen, aber schließlich sind die Ideen und die Projekte nur so aus mir herausgesprudelt. Es war sehr inspirierend und es war schön, auch einmal ganz alleine mit meinem Mentor quatschen zu können, viel der Zeit haben wir auch einfach über Maarja Küla geredet, er hat ein wenig erzählt, wir haben ein paar Gedanken miteinander geteilt. Es war sehr cool und ich weiß jetzt auch immer mehr, was ich selber auch machen will.
Für das Abendessen sind wir nach Tallinn gelaufen, was eine gute Stunde gedauert hat. Unsere Mentoren und Supervisoren waren davor schon abgereist bis auf Eine, die nicht mehr an dem Tag nach Hause gekommen wäre, weil sie auf Hiiumaa lebt, der zweitgrößten Insel Estlands. Das Essen hat nicht durch Quantität sondern durch Qualität überzeugt. Aber die Gespräche am Tisch waren sehr nett und interessant, nach den letzten vier Tagen kannte man sich doch schon echt gut. Nach dem Essen sind wir noch ins Zentrum von Tallinn gelaufen und haben dort im Red Emperor, der für einen Montagabend doch sehr voll war, unseren letzten Abend verbracht. Von der Einrichtung, der Stimmung und den Leuten her hat es mich sehr an Berlin Friedrichshain erinnert, Mega-Jenga und Bierpong in einer Bar sind schon außergewöhnlich. Auch an der Karaoke haben wir uns gut beteiligt und es war dann schon drei Uhr, als die letzten von uns, darunter auch ich, nach Hause aufgebrochen sind. Dafür haben wir uns den Luxus eines Taxis geleistet, sodass wir früher da waren, als die Anderen, die über eine Stunde früher aufgebrochen sind, aber zu Fuß. In der Hotellobby haben wir dann noch ein wenig Musik gehört, gequatscht und getanzt, bis wir dann schließlich um 4 Uhr alle ins Bett gefallen sind.
Der Morgen hat für mich mal nicht mit Schwimmbad angefangen, ich wollte jede Sekunde Schlaf nutzen, die ich bekommen konnte. Der Tag hat sogar erst um 10 Uhr angefangen, davor hab ich schon alle meine Sachen gepackt. Um 10 Uhr wurde ich dann von der Sirene des Feueralarms vom Frühstückstisch gerissen, heute war es sogar wirklich eine Probe für alle. Wir sind alle sehr schnell an der Rezeption gelandet, dort haben wir ausgecheckt und sind dann wieder in unseren Tagungsraum zurück. Dort haben wir wieder getanzt, alle Tänze, die wir an den letzten Tagen gelernt haben, und wieder ein bisschen Sprachkurs gemacht.
Der letzte Tag war vor allem Reflexion, wir haben uns noch einmal angeguckt, was wir alles gelernt haben und wie wir das in unsere Projekte einbringen können, was wir konkret für Ziele für dieses Jahr haben und was wir schaffen wollen. Nach dem Mittagessen sind dann alle langsam aufgebrochen, ich bin sehr schnell in Richtung Tartu aufgebrochen, zusammen mit einem Freiwilligen aus der Nähe von Võru. Für uns gab es nämlich sonst keine direkte Verbindung mehr nach Hause. Die Anderen sind noch ein wenig durch Tallinn gepilgert, viele wohnen auch dort oder in Narva, das ist direkt an der russischen Grenze und hat eine direkte, schnelle Verbindung von Tallinn aus.
In Tartu hab ich (natürlich) meinen Anschluss nach Maarja Küla verpasst, aber netterweise haben mich meine Mitfreiwilligen im nächsten Ort abgeholt, wohin noch ein Bus gefahren ist. So war ich dann doch schon um 20 Uhr zuhause und nicht erst um 23 Uhr mit dem letzten Bus. Es war schon wie nach Hause kommen und ich hab mich doch gefreut, wieder in Maarja Küla zu sein, mitten im Nirgendwo.
Auf diesem Wochenende hab ich viele neue Leute kennengelernt, sehr nette und freundliche Menschen. Und ich hab auch eine viel bessere Vorstellung, was ich schon kann und was ich noch lernen muss. Schön war, als einer sagte, dass ich ihn inspiriert habe und ihm Kraft gegeben habe, als ich am Initiativtag mit der Frau im YouthCenter Estnisch gesprochen habe. Das war für mich ein schöner Satz. Auch die estnische Kultur ist mir näher gekommen und ich will echt gerne dazulernen, würde gerne einer estnischen Volkstanzgruppe beitreten und einem Orchester und einem Chor. Ich hab große Pläne, aber ich weiß, dass ich das alles irgendwie schaffen kann. Ich lerne immer mehr und immer häufiger auch in meiner Freizeit Estnisch, zumindest hab ich mir das vorgenommen.
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