Nachrichten von piep
Nach drei Monaten Alleinsein bekommt piep in Schweden endlich Gesellschaft von einer anderen Freiwilligen. Außerdem will sie bald zwei ägyptische Freiwillige kennen lernen, die noch weiter im Norden stecken als sie.
Drei Monate sind eine verdammt lange Zeit, ein Viertel meiner Gesamtzeit hier in Schweden. Was habe ich bisher erlebt? Hmm, ehrlich gesagt sind mir neben schönen Dingen - wie zum Beispiel Taccoessen bei Helena (Arbeitskollegin) - vor allem die vielen einsamen Stunden in meiner Wohnung in Erinnerung geblieben. Die Heulattacken, die Verzweiflung und das Gefühl, verrückt zu werden.
Als Titel für diese erste Zeit hier würde ich: "Der krasseste Selbsttrip" wählen. Es war echt eine sehr harte, aber auch sehr erfahrungsreiche Zeit, gerade was das Entdecken meines Selbst angeht.
Nun bin ich aber heilfroh, dass übermorgen endlich meine zukünftige Mitbewohnerin ankommt und die Einsamkeit ein Ende findet. Drei Monate alleine sind nämlich mein persönliches Limit.
Mein Sozialleben nimmt ganz langsam immer mehr Gestalt an, gerade was den Kontakt zu anderen Freiwilligen angeht. Bin momentan dabei, mir Kontakt zu Freiwilligen hier im Norden aufzubauen, woraus sich hoffentlich die Möglichkeit gegenseitiger Besuche ergibt. Was ich ja nicht für möglich gehalten hätte: Es gibt sogar Freiwillige, die noch nördlicher leben als ich. Und das Interessante ist, es sind zwei Ägypter. Habe noch nie einen Ägypter getroffen und fände das ja mal sehr interessant. Die Telefonnummer hab ich schonmal :-) So schön es auch ist, hier auf dem Land zu leben, für ein paar Tage in der Stadt zu sein, hat auch so seine Vorzüge.
Gastfreundschaft
Die Schweden, denen ich hier begegnet bin, waren meist sehr nett und überaus Gastfreundlich. Sei es zum Taccoessen, Kuchen backen, Tee trinken oder "Adoption auf Zeit". Solch eine Gastfreundschaft hatte ich nicht erwartet, und es ist sehr schön, in einem fremden Land auf so nette Menschen zu treffen. Gerade hier im Nirgendwo, wo es leider keine Jugendlichen gibt - die ziehen in die nächste Stadt, um dort auf die weiterführende Schule oder zur Uni zu gehen.
Adoption auf Zeit
So ungefähr vor zwei Wochen, als ich in etwa meinen Tiefpunkt erreicht hatte und einfach nur noch schlafen und arbeiten wollte, ohne groß nachzudenken, da kam Astrid Erriksson und lud mich ein, für ein paar Tage bei ihr zu wohnen. Nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, fand ich mich in einem Haus wirklich im Nirgendwo wieder, der nächste Nachbar wohnte 300 Meter entfernt. Das Schöne war, dass zu Astrids Familie neben Ehemann und zwei erwachsenen Söhnen auch zwei total knuffige Hunde gehören - ich liebe Hunde! Ich schlief im Gästezimmer, half Astrid bei der Hausarbeit, beim Kartoffeln ernten, Erdbeerpflänzchen setzen und fuhr mit ihr zur Arbeit. Sie arbeitet in Örndsköldsvik in einer Medborgskolan (vergleichbar mit deutscher Volkshochschule, nur kleiner).
Den Höhepunkt meines einwöchigen Aufenthaltes stellte der Besuch eines Eishockeymatches dar (mein erstes Eishockeymatch), wo ich kostenlos reinkam! Astrid hatte nach einem kostenlosen Ticket für einen deutschen Volunteer gefragt und es hat geklappt. Und ich muss sagen, ich mag Eishockey. Sieht zwar zeitweise etwas brutal aus, wie die sich da gegenseitig anrempeln, aber das Feld ist schön übersichtlich.
Sprache
Nach nunmehr drei Monaten fange ich wenigstens an, das Schwedisch meiner Mitmenschen hier etwas zu verstehen *freu*. Selbst spreche ich immer noch sehr wenig, weiche dann doch lieber aufs mir geläufigere Englisch aus. Aber ich hoffe, wenn nun nächste Woche endlich (!) mein Sprachkurs beginnt, dass ich mich bald zumindest halbwegs verständigen kann. Ich mag die schwedische Sprache nämlich gerne und würde mich freuen, sie auch selbst bald sprechen zu können. Bis dahin bleibt „Jag talar bara lite svenska“ (Ich spreche nur wenig Schwedisch) mein Standardsatz. Und Körpersprache ist schließlich auch noch eine Möglichkeit.
Was ich immer ganz lustig finde, wenn die Leute hören, dass ich aus Deutschland komme: dann kommen immer ein paar Wörter, wenn nicht sogar ganze Sätze auf Deutsch. Meistens ist aber Englisch Konversationssprache.
So, Ihr Lieben. Soweit erstmal wieder von mir, aber wie gesagt: bald mehr.
Hey då, Eure Anja (piep)