Möwen und ihre Bedeutung von Freiheit
Meine ersten Wochen des neuen Jahres sind wie im Flug vergangen und neben mehr oder weniger winterlichem Wetter, Physiotherapie, Spaß bei der Arbeit und einer überraschenden Nachricht, haben mich dabei besonders meine Lieblingstiere begleitet. (21.01.2019)
Wenn ich morgens das Haus verlasse und Richtung See laufe, dann sind es die Rufe der Möwen, die mich auf meinem Weg zur Arbeit begleiten und mir so oft ein Lächeln auf meine Lippen zaubern. In manchen Momenten würde ich am liebsten mit ihnen durch die Luft segeln und den Schnee der letzten Tage meinen von den Flügelschlägen warmen Körper kühlen lassen. Diese Tiere bedeuten für mich Freiheit und verbinden dabei zugleich meine Faszination zu Wasser und Meer sowie zur Luft und dem Fliegen. Hat es nicht etwas Magisches, dass man durch ein Element, das so wenig greifbar ist, fliegen kann ohne einfach auf den Boden zu fallen? Eine Frage, die ich mir auch immer wieder bei Flugzeugen stelle und die mich sowohl über die Evolution als auch die menschlichen Fähigkeiten staunen lässt. Ein Grund mehr daran zu glauben, dass alles möglich ist und die Freiheit dort anfängt, wo die Grenzen in unseren Köpfen enden.
Aber nicht nur die Möwen hier in Åmål lassen mich optimistisch in die Zukunft blicken. Die ersten drei Wochen im Jahr 2019 waren bereits wieder voller schöner Erlebnisse und neben nur wenig Regen hat der Winter nun auch wirklich Einzug in meiner Wahlheimatstadt gehalten. An vielen kleinen Seen kann man Schlittschuhlaufen, am Sonntag bin ich das erste Mal in meinem Leben richtig Langlaufski gefahren (vielen Dank an meinen social mentor Kristina und ihre Familie für die Einladung) und während der Arbeit aus dem Fenster zu schauen und die Schneeflocken tanzen zu sehen, motiviert mich gleich doppelt. Neben einem eigenen Theaterworkshop und einigen Projekten am Karlbergsgymnasium, die in Planung sind, kann ich als Social-Media-Verantwortliche des HUBs viele kreative Ideen umsetzen. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich es ab und zu vermisse über eine mathematischen Gleichung zu grübeln oder die kinetische Energie eines Skifahrers auszurechnen. Die Freiheit, selbst entscheiden zu können mit welchen Dingen man sich beschäftigt, erfordert eben auch ein großen Teil an Eigeninitiative.
Diese ist maßgeblich auch bei der Physiotherapie gefordert, die ich nun seit etwa zwei Wochen bekomme. Dabei muss ich mich nicht nur darauf konzentrieren bei den letzten Wiederholungen der Übungen auch ja nicht das Atmen zu vergessen, sondern nebenbei noch ständig die Haltung meines Rückens kontrollieren und aufpassen, dass mein Knie nicht nach innen eindreht (um nur einige Dinge aufzuzählen). Trotzdem bin ich froh, endlich diese Möglichkeit zu haben. Ein Hoch auf die schwedische personnummer, die ich seit Januar nun auch stolz mein Eigen nennen darf! Ohne diese Nummer geht hier nämlich nun einmal fast gar nichts und statt einer horrenden Summe für die Physio, die ich vorher hätte bezahlen müssen, bekomme ich den Rehasport als 19-Jährige jetzt sogar kostenlos. Mittwochs und Freitags heißt es für mich nun immer Frühsport, der vom Schweutsch (eine Mischung aus Schwedisch und Deutsch) meiner Physiotherapeutin begleitet wird. Aus dem Ordner wird schnell mal pärmen und die Frage „Oder?“ am Ende eines Satzes wird in Anlehnung an das schwedische „Eller hur?“ zum „Oder wie?“ ergänzt.
Einen der schönsten Momente der letzten Wochen habe ich aber weder auf Arbeit, im Schnee oder bei der Physio erlebt. Er erreichte mich in Form einer Nachricht hier auf youthreporter, die sich auf mein Gedicht zum Schreibwettbewerb „Solidarität – Define it!“ bezog. Kurze Zusammenfassung der Nachricht und meiner Antwort: mein Text steht jetzt an der Wand einer Wohnung von Europäischen Freiwilligen in Georgien. Schon alleine die Vorstellung, dass Leute mein Gedicht hier lesen können und es mögen, finde ich schön, aber dass meine eigenen Worte jemanden über 3000 km entfernt so berühren, dass sie nun für die nachfolgenden Generationen an Freiwilligen in dem Projekt sozusagen in Stein gemeißelt sind, sie ermutigen und inspirieren, das ist wirklich ein kaum beschreibbares Gefühl. Und wenn man überlegt, dass ein Mädchen aus Deutschland in Schweden ein Gedicht über eine Zugreise durch Europa schreibt, das jetzt eine Wand in Georgien ziert, dann bekommt der Begriff „Freiheit“ gleich eine viel lebhaftere Bedeutung. So sind meine Gedanken und Gefühle, die in den Text eingeflossen sind, nun also frei wie Möwen durch die Luft geflogen und am Ende in Georgien gelandet und wer weiß, welche Wege sie noch zurücklegen...