Mid-Term Meeting
Unerwartete Besucher, ein geniales Mid-Term Meeting, Ferienaktivitäten im Centre, ein guter Film und der internationale Frauentag
Weil ich mit dem Schreiben gerade nicht mehr hinterherkomme, gibt es hier gleich zwei spannende Wochen:
Am Dienstag begann der Tag mal wieder mit einer Überraschung: Nachdem alles gepackt war für die Abfahrt zum Mid-Term-Meeting, ich extra früh aufgestanden war, noch schnell etwas Ordnung gemacht hatte, öffnete ich schließlich die Wohnungstüre, um mich auf den Weg zu machen. Die beiden Herren, die im Treppenhaus standen, grüßten erst mal freundlich zurück, als nächstes wurde mir jedoch ein Polizeiausweis vor die Nase gehalten. Ich war doch leicht geschockt und versuchte zu verstehen, weshalb sie gekommen waren. Leider kannte ich die Hälfte der Wörter nicht und war sogar zu nervös, um im Wörterbuch was nachzuschauen. Also schnell eine Mitarbeiterin von ADVIT angerufen, die Situation erklärt und das Telefon weitergereicht. So richtig geklärt war die Sache nicht, aber der Hausbesitzer wurde anscheinend gerufen und würde in den nächsten Minuten kommen.
Mein nächstes Problem war jedoch, dass ich dringend los musste, wenn ich nicht zu spät zur Abfahrt zum Mit-Term-Meeting kommen wollte. Wohl oder übel musste ich Adrian aus seinen Träumen reißen und ihm die Situation erklären, nachdem er halbwegs aufgewacht war. Er kümmerte sich also nun um die Polizisten und ich konnte - immer noch leicht geschockt - mit Emanuelle losziehen.
Später im Bus erhielt ich dann eine beruhigende SMS von Adrian mit der Erklärung, die Polizei suche irgendeinen Mann und habe vermutet, er könnte in unserem Haus wohnen. Das machte die Angelegenheit zwar nicht weniger seltsam, aber immerhin hatte das alles nichts mit uns zu tun.
Trotz dieser Überraschung hatte ich es also noch rechtzeitig zum Treffpunkt geschafft, wo bereits ein Großteil der Gruppe und unser Minibus auf uns warteten. Wir waren insgesamt 15 Freiwillige (und eine Katze) aus Chisinau und Comrat (einer Stadt etwa 100 km südlich von hier), und ich kannte alle anderen schon vor dem Training. Dementsprechend hatten wir uns auch schnell zu einer tollen Gemeinschaft zusammengefunden und verbrachten eine tolle Zeit. Die Location war duchaus auch nicht zu verachten, denn die "Agropension Hanul lui Hanganu" ist ein liebevoll eingerichtetes kleines Hotel in einem ebenso kleinen Dorf direkt am Nistru, Moldawiens größtem Fluss. Die 2 Stunden Fahrtzeit für eigentlich nur 100 km lohnen sich... Als Freiwillige haben wir uns natürlich schon über echte Betten (anstelle der Sofas, auf denen hier in Chisinau quasi alle schlafen) und ein modern eingerichtetes Bad gefreut, aber der absolute Hit an der Herberge war definitv das Essen. Oft und viel wurde sowieso gegessen, aber es war einfach sagenhaft unbeschreiblich gut. Und so haben wir alle zwei Stunden genossen, bis wir nichts mehr in uns hineinstopfen konnten.
Das Training selbst war auch nicht schlecht. Es ging um unsere bisherigen Erfahrungen, unsere Projekte, Probleme, die wir hatten und wie wir ihnen am besten begegnen, was wir in unseren Projekten und allgemein in unserem EVS noch vorhaben, was für weitere Möglichkeiten das Programm "Youth in Action" der EU und ähnliche Programme anderer Organisationen bieten, was wir in unserer Zeit bisher gelernt haben und wie wir das am Ende in unserem Youthpass festhalten können. Von besonderem Wert waren die Methoden, die wir dabei verwendeten, etwa das Aufspalten von Problemen mithilfe von Lotosblüten oder das Entwickeln von Ideen zur Lösung dieser Probleme unter Verwendung verschiedener Hüte. Unsere Trainer waren super nett und haben uns kompetent durch die leider nur 4 Tage geführt.
Neben dem Training an sich standen auch noch diverse andere Dinge auf dem Programm, nämlich eine Wanderung zum nahen Höhlenkloster Țipova, eine Fahrt mit der Pferdekutsche, Ostereier bemalen und eine Verkostung der Hauseigenen Schnäpse und Weine. An den dann immer noch freien Abenden hatten wir großen Spaß mti dem legendären Spiel Werwolf... Außerdem hatten wir etwas Zeit, wo die Teilnehmer selbst Workshops für die anderen Freiwilligen anbieten konnten. In dieser Zeit haben wir uns Filme angeschaut, die zwei Freiwillige über ihre Projekt-Region gedreht haben, moldauische und flämische Tänze gelernt, mit Pois jongliert und ich habe Marțișoare mit den Anderen gebastelt. Das sind kleine Anstecker aus roter und weißer Schnur, die am 1. März als Symbol für den Frühlingsanfang verschenkt werden. Auch hier in Chisinau sieht man viele Leute, die diese Marțișoare tragen, und sie werden mittlerweile seit gut zwei Wochen überall auf den Straßen verkauft.
Und auch die neue Woche hielt wieder genug Aktion bereit, denn die Kinder haben Frühjahrsferien. Heißt für uns natürlich, einige Aktivitäten anzubieten, und zwar wie immer sehr spontan, weil Vorausplanung nicht so ganz die Stärke in unserem Zentrum ist. Also am Montag schnell ein paar Ideen aus den Fingern saugen, Material kaufen, Beispielexeplare basteln, und schon kanns losgehen.
Am Dienstag wurden fleißig Perlenarmbänder gefädelt, und am Mittwoch konnten die nicht zu Ende gebrachten Exemplare noch fertiggestellt werden, und außerdem haben wir Karten gebastelt für den 8. März, der hier nämlich ein Feiertag ist. Buntes Papier, einfache Faltmethode und alle hatten Spaß daran.
Am Mittwoch kam ich in den lang ersehnten Genuss des Films "Mama illegal". Das ist ein österreichischer Dokumentarfilm, der sich mit dem Problem der illegalen Emigration aus Moldawien beschäftigt. Der Regiseur begleitete 7 Jahre lang 3 moldawische Frauen, die ihre Familien zurückgelassen haben, um illegal in Österreich und Italien zu arbeiten. Ich hatte schon vor Monaten im Internet von dem Film gelesen und konnte ihn nun endlich sehen, eine gekürzte Version zumindest. Es war sehr interessant und ich kann den Film nur jedem empfehlen, der sich für Moldawien und die Probleme des Landes interessiert. Darauf folgte dann auch noch eine recht interessante Podiumsdiskussion über eben die Themen und Probleme, die der Film aufzeigt.
Gestern wurde in unserem Zentrum der Frühling gefeiert, wie immer mit Besuch von Großeltern/Onkel/Tanten/sonstigen Verwandten zu Besuch, einem Theaterstück der Kinder, kleinen Geschenken und einer traumhaften Torte. Danach sind auch ein paar Kinder für die letzten Ferientage nach Hause gegangen, aber es waren dieses Mal nur recht wenige. Trotzdem kam es wie jedes Mal zum Drama, wenn ein paar Kinder nach Hause gehen können/dürfen und der Rest sich nichts sehnlicher wünscht als eben das, aber es in der aktuellen Situation nicht möglich ist.
Heute hatte ich frei, denn der Internationale Frauentag existiert hier nicht nur irgendwo auf dem Papier, sondern wird tatsächlich als Feiertag begangen. Heißt, dass man mitten in der Stadt als Frau einfach Glückwunschkarten und sogar Papierblumen geschenkt bekommt, und bei einem Treffen der Freiwilligen hat uns ein Mentor Pralinen mitgebracht. So viel zur Gleichberechtigung...
Zum guten Schluss:
Seit Dienstag hat Moldawien nach einem Misstrauensvotum keine Regierung mehr. Ich habe nocht nicht besonders viel davon mitbekommen. Allerdings ist die Situation definitv spannend, denn von der neuen Regierung hängt der komplette Kurs des Landes zwischen EU und Russland und damit ziemlich viele wichtige Fragen ab.