Madona und weitere Abenteuer
Ein Ausflug in die nächstgrößere Stadt bringt für regenlichtprinzessin neben Bürokratie und Schokolade eine rasante Autofahrt und einiges andere mit sich. Langweilig war ihr Tag auf jeden Fall nicht!
Um zehn Uhr war ich heute mit Anita verabredet (sie ist zwar offiziell nicht meine Tutorin, aber da sie alles tut, was eine Tutorin so zu tun hat, nenn ich sie trotzdem so). Wir wollten u.a. zwecks Aufenthaltsgenehmigung, Kontoeröffnung nach Madona fahren, der nächst größeren Stadt. Und um zehn Uhr sollte es eigentlich auch losgehen... aber Pustekuchen! Wir waren nämlich nicht die einzigen, die dorthin fahren wollten und da es nur ein "Schulauto" (also ein Auto, dass immer dann genutzt wird, wenn ein Lehrer, etc. in einer schulischen Mission unterwegs ist) gibt, mussten wir noch auf die anderen Leute warten... und warten...und warten... Aus 10 wurde schließlich dreiviertel zwölf. ^^
Besagtes Schulauto ist ein uralter VW-Bus aus Dresden mit etwa elf Sitzen, aber keinen Anschnallgurten. Total herrlich! ^^
In Madona angekommen, lief erstmal ein Freudenschauer durch meinen Körper: da liefen alternative Leute rum! Endlich mal hatte ich nicht das Gefühl, dass mich alle wegen meiner Klamotten anstarren. War das toll! (Grund dafür ist, glaub ich, das ziemlich gute Gymnasium in Madona, wo Leute aus der ganzen Region hingehen.)
Ich bin also mit Anita zum Einwohnermeldeamt und zur Bank gegangen - und hatte danach einen Stapel Formulare in den Händen. Ich hasse Bürokratie!
Daraufhin mussten wir erstmal was essen, also sind wir zu einem Bäcker gegangen und haben total leckere Mohnschnecken gegessen. Sehr niedlich war dabei, dass Anita die Wörter ''hungry'' und ''angry'' vertauscht hat.
Danach machte ich mich daran, die Stadt (die echt nicht gross ist) auf eigene Faust zu erforschen. Schon auf dem Weg zum Einwohnermeldeamt hatte ich einen Schuhladen gesehen, an dessen Fenster fett CONVERSE stand. Ich also voller Vorfreude hinein - und wurde bitter enttäuscht. Pinke Chucks sind halt irgendwie nicht so mein Geschmack... :(
Naja, danach war ich noch Lebensmittel einkaufen. In dem Dörfchen hier gibt’s nämlich zwar mehrere Läden, aber das Angebot ist doch arg beschränkt. Deshalb hab ich mich auch gleich auf die Nektarinen gestürzt und als ich 86prozentige Schokolade sah, fühlte ich mich wie im Paradies. ^^
Anschließend bin ich in den/das/die (?) ''drogas'' gegangen. So was wie dm oder Rossmann in Deutschland. Das war echt eine Erfahrung! Dass es hier in Lettland sehr viele deutsche Produkte gibt, war ich ja nun schon gewöhnt. Aber dieser Laden hatte sämtliche Billigmarken von Rossmann im Angebot. An sich ja kein Problem, aber zu welchen Preisen!? Der Rasierschaum von ISANA war grad im Sonderangebot. 1,99 LT. Das sind umgerechnet etwa 2,50 Euro. Ich kann mich nicht entsinnen, dass der in Deutschland soviel kostet...
Zur verabredeten Zeit fand ich mich am verabredeten Ort ein. Dort wartete schon eine andere Lehrerin. Und ich hab es tatsächlich geschafft, ein Gespräch auf Lettisch mit ihr zu führen. OK, ich musste schon ein paar Mal ''es nesaprotu''("ich verstehe das nicht'') sagen, aber den Grossteil hab ich echt verstanden. Mein Problem war nur, dass mein Vokabular dann meistens nicht ausreichte um ihr zu antworten, sodass ''es nezinu''("ich weiß nicht'') doch das war, was ich am meisten gebrauchte...
Zurück fuhren wir - etliches später als geplant - mit dem alten Volvo (der Schulbus hatte noch was zu erledigen) von einem Lehrer, den wir zufällig getroffen haben. Und was für eine Rückfahrt!
Erstmal war es total eng. Doch dann hatte der Fahrer noch einen echt gefährlichen Fahrstil. Schlangenlinien, gewagte Überholmanöver und fast umgefahrene Verkehrsschilder, weil er zu flott um die Kurve fuhr. Ja, ich war schon froh, als die Fahrt ein Ende hatte... auch wenn mich die wunderschöne Herbstlandschaft ein bisschen entschädigt hat.
Zurück in der Schule war ich mit im Englischunterricht. Englische Sätze vorlesen und ins Lettische übersetzen. Naja, den super Lerneffekt hatte das jetzt nicht, aber darum gings auch nicht. Ich wollte halt mal ''lettischen'' Unterricht sehen. Fazit: Es wird mehr gelacht, als in meiner Schule und allgemein ist es viel lockerer.
Nachdem ich mich danach mit Ventspils beschäftigt hab (da geht nächsten Montag eine Exkursion hin), hab ich mich erstmal ein bisschen ausgeruht. Uff!
Und leider blieben mir auch heute meine Spezies nicht erspart. Meine Spezies, das ist eine Gruppe sehr pubertierender 17-jähriger Letten, die mir immerzu ''chau'' hinterher brüllen und in der Entwicklung bei zehn stehen geblieben zu sein scheinen. Ich hing jedenfalls grad total erschöpft in meinem Sessel, als es klopfte und bevor ich meinen Mund öffnen konnte, kamen drei dieser Exemplare hereinstolziert. Ein Augenverleiern konnte ich leider nicht unterdrücken. Sie fragten mich, ob ich Air fresher hätte. Scheinbar schnüffeln die den... Auf ein ''nein'' meinerseits sind sie dann – glücklicherweise - verschwunden.
Ich hab mir dann ein Fertiggericht gemacht (irgendwie konnte ich mich nicht zum Kochen aufraffen).
Jetzt ist es acht Uhr (und schon stockduster) und ich stelle gerade fest, dass doch sehr viel an diesem Tag passiert ist! ^^
Also dann: ar labu nakti!
PS: Fotos folgen vielleicht später noch. Leider hab ich das Kabel für meine Kamera in Deutschland vergessen...