La vie quotidienne
Salut mes amis!
Salut mes amis!
Es wird mal wieder höchste Zeit für einen kleinen Bericht. Nicht, dass sich in der Zwischenzeit nichts ereignet hätte, im Gegenteil! Aber inzwischen hat mein Aufenthalt hier den Geschmack von Urlaub verloren, Pascale ist von ihrem Seminar zurückgekommen und meine Arbeit hier hat offiziell begonnen! Neben dem gesprochenen Französisch werde ich definitiv auch meinen Schreibstil verbessern können, denn zu meinen Aufgaben gehören auch Briefe. Ich soll in beständiger Regelmäßigkeit Events innerhalb der Jugendherberge organisieren und dazu muss ich natürlich Kontakt mit diversen Leuten, Partnern, Assoziationen und Ähnlichem aufnehmen. Ein internationales Großprojekt befindet sich gerade in der Planungsphase, angedacht für die Realisierung ist Juni 2006. Also einiges zu tun! Neben diesen organisatorischen Angelegenheiten, bin ich zum Teil am Empfang, bei dem mir meine diversen Sprachenkenntnisse sehr nützlich sind. Im Moment allerdings habe ich große Schwierigkeiten, von Französisch auf irgendwas anderes zu wechseln, aber es wird schon besser.
Zurück zu dem Thema, mit dem ich meine letzte Mail beendet habe. Les français. Ein "Insider" ließ mich wissen, dass die Ereignisse, die da über mich kamen, vorherzusehen gewesen seien, und nun, da sich die Geschichte wiederholt, bin ich geneigt, ihm zu glauben. Man selbst ist oft blind für die augenscheinlichsten Sachen. Ich bin Jean-Patrick begegnet. Eine Kurzbeschreibung von ihm könnte wie folgt klingen: 24, Pétanque spielender Totengräber. Ernsthaft! Ich hab hier die merkwürdigsten Begegnungen.... Wie letztes Mal fing alles ganz harmlos an, wir schauten die Weltmeisterschaft in Pétanque (ich glaube, auf Deutsch heißt es Boule) und er erklärte mir die Regeln und verschiedene Strategien, bevor wir selbst ein Spiel wagten. Erst allein, zum Üben, dann mit anderen im Triplett (drei gegen drei). Ich hab mich gar nicht so schlecht angestellt! Ein Spiel verloren, eines gewonnen, macht wirklich Spaß! Ich werde mir ein paar Kugeln zulegen und importieren, dann spielen wir mal. Auf jeden Fall lernt man bei diesem Spiel wahrhaft "unfein" zu fluchen ^^.
Der Abend endete in einer Bar, und spätestens da hätte sich mein neu justiertes Alarmsystem melden sollen, aber irgendwie funktioniert es noch nicht so richtig. Na ja, eigentlich endete der Abend nicht in der Bar, sondern vor der Jugendherberge, und wieder wurde mir ein Kuss gestohlen. Obwohl bei Weitem nicht so unangenehm wie letztes Mal, blieb die Verwirrung wegen des mangelnden Wissens um eine angemessene Reaktion. Ich werde erst mal ein bisschen Zeit verstreichen lassen und mich in meine Arbeit verkriechen... Ob ich jemals damit umgehen lerne? Das geht mir hier alles viel zu schnell. Bevor ich mir irgendwelcher Gefühle bewusst werden kann, wird schon der nächste Schritt gemacht... Das Schicksal spielt glaube ich wirklich mit mir.
Woran es mir in den letzten Jahren in Deutschland mangelte, habe ich hier zu viel! Männer (nehmt's nicht persönlich)! Wenn ich in mein Telefonbuch schaue sieht es sogar noch ärger aus: Juan und Romain blieben bislang unerwähnt, weil da noch nichts passiert ist. Sie gehören zu der Clique, mit der ich hier allerlei unternehme. Hoffentlich ungefährlich. Ach ja, und der "Verrückte", dessen Namen ich nicht weiß und auch nicht wissen will. Er hat bis heute in der Jugendherberge gewohnt und hat doch tatsächlich einmal um elf Uhr Nachts an meine Tür geklopft, um zu fragen, ob wir die Nacht zusammen verbringen! Hallo? Wo bitte bin ich hier gelandet? Ein anderes Mal betrat er sogar ohne Klopfen mein Zimmer, um Mitternacht. Aber es war Wochenende und ich war Gott sei Dank nicht allein. Kathy (eine Amerikanerin) und ich hatten uns zu einer Session "Wizard" verabredet. Er zog das Weite, ohne etwas zu sagen. Tags darauf erzählte ich Pascale von den Ereignissen, die darauf hin sehr lautstark ihrem Unmut über dieses Verhalten Luft machte. Der Typ hat mich nicht mal mehr anzugucken gewagt, trotzdem ziehe ich es inzwischen vor, meine Tür fest zu verschließen.
Aber zurück zu den positiveren Seiten meines Abenteuers! Durch Julie habe ich die Bekanntschaft von Sonia gemacht und wir waren uns auf anhieb sympathisch. Könnte an den Gemeinsamkeiten liegen: sie spricht auch ein bisschen Spanisch, tanzt gerne, interessiert sich für Japan und ich brauchte sie nicht lang zu überzeugen, mal mit mir zum Karaoke zu gehen! Kennen gelernt haben wir uns in der Nacht, als ich mit meinen französischen Freunden das erste Mal eine "Boîte de nuit" besucht habe, und eines kann ich Euch sagen: die Discos hier in Frankreich sind definitiv GANZ anders als man es von uns kennt... Vor zwei, drei Uhr ist nicht viel los, aber danach ist "du monde" (alle Welt) auf der Tanzfläche, und das meine ich wieder mal wörtlich! Hier gibt es keine ungeschriebene Altersgrenze, ich habe Leute gesehen, die vermutlich älter als meine Eltern waren. Männliche Wesen bewegten sich rhythmisch zur Musik und es gab keine alkoholbedingten Entgleisungen, wie sie bei uns manchmal vorkommen. Alkohol wird hier in der Regel GENOSSEN, meist zu Hause, und dient nicht dazu, sich zu betrinken. Es geht einfach "nur" ums Tanzen! Welch Wohltat für meine überstrapazierte Seele! Ich hab mich gut amüsiert, getanzt, gelacht und ein bisschen vergessen... Comme il faut.
Freitag darauf jedenfalls hatte ich mich mit Sonia zum Eislaufen verabredet. Zunächst sind wir ins "MacDo" essen gefahren, was bei mir leichte Heimatgefühle aufkommen lies, und danach ging es auch schon los. Ein echtes Wagnis, denn ich hab seit drei oder vier Jahren nicht mehr auf dem Eis gestanden! Das ging mir aber nicht alleine so, drei von insgesamt fünf konnten ebenso wenig Eislaufen. Bei mir allerdings stellte sich nach einer Stunde wieder eine gewisse Sicherheit ein, und ich habe es sogar wieder hingekriegt, rückwärts zu fahren. Freitag ist wie bei uns in good old Kassel Eisdisco und einige der Anwesenden hatten echt krasse Tricks drauf. Stepptanz auf Eis und solche Geschichten, bissl Breakdance zur Abwechslung und zur Krönung eine Pirouette! Ein paar Figuren hab ich auch gewagt, was dazu führte, dass ich mich einmal alleine zu Fall gebracht hab und ein zweites Mal durch die "Mithilfe" von Phillipe gestürzt bin... Das tat schon bös weh, er ist nämlich mit hingefallen, und zwar auf meinen Arm! Aber inzwischen ist da nur noch ein blauer Fleck und eine Entschuldigungs-Cola hab ich auch gekriegt ^^.
Ansonsten hab ich mein Alltagsleben endlich vollständig geregelt: Pascale kümmert sich um meine Wäsche, damit nicht mein ganzes Geld im Waschsalon draufgeht, ich hab ein Konto bei Credit Agricole eröffnet (wobei ich wieder mal feststellen durfte, wo meine Schwächen in der Sprache liegen), mir einen Bibliotheksausweis besorgt und die ersten Bücher ausgeliehen (Demian von Hermann Hesse und zwei Bücher von Camus und Sartre), wieder einmal Großeinkauf gemacht, Bahn- und Buskarte besorgt und erste Briefe nach Deutschland abgeschickt. Meine kulinarische Missionsarbeit hat begonnen und die "Ahle Wurscht" hat tatsächlich schon erste Anhänger gefunden, wobei von den Chips nichts zum Probieren übrig geblieben ist. Inzwischen hab ich doch tatsächlich eine Pizzeria ausfindig gemacht, die auch Salami-Pizza macht, aber tiefgekühlt muss ich mich mit Margherita begnügen... C'est la vie!
Als einzige Repräsentantin Europas in Corrèze werde ich im Dezember zu einem internationalen Treffen geschickt, aber als nächstes steht erst mal das sogenannte "On-Arrival-Training" in Burgund auf dem Programm, nächsten Sonntag geht's los! Dort treffen sich alle ausländischen Freiwilligen, die in Frankreich arbeiten. Vielleicht sehe ich ja die EVSler wieder, die ich in Köln kennen gelernt habe, Jogi und Anne. Was wir da so machen werden... keine Ahnung! Aber ich werd’s Euch erzählen! Auf jeden Fall bringt es ein bisschen Abwechslung, non?
Liebe Grüße aus Frankreich Bianca J.