Kurze erläuternde Geschichte über Rumänen und Rumänien.
Folge meiner vorherigen Erfahrung beschreibt in "Was macht eine Rumänin bei einem Deutsch-Griechischen Jugendaustausch? Brief an einem Vertreter des Jugendparlaments."
Ich lebe gerade seit fast 9 Monaten in Deutschland. Vor kurzem waren es erst sieben Monate. Im September habe ich vor, nach Österreich umzuziehen. Ich habe österreichische-ungarische Wurzeln, aber das bedeutet nichts für die Einfachkeit des Lernens der Deutschen Sprache für mich. Ich bin in Rumänien geboren, im Westen des Ost-europäischen Landes, nah zu dem, was viele als Transylvanien kennen. Ich habe eine schöne Kindheit gehabt, bin zu einem Englisch-sprachigen Kindergarten gegangen und habe meine Nachmittage mit meinem Papa in seinem Klassenzimmer verbracht und meine Hausaufgaben gemacht, während er Grundschüler unterrichtet hat. Wenn meine Mama dran war mich abzuholen, habe ich viel Zeit im Theater verbracht, zwischen Puppen und Kostümen. Meine Umgebung hat meine Entwicklung wesentlich beeinflusst und alles was ich am Spielplatz, in der Schule, bei Familiebegegnungen und später an der Universität und unter persönlichen Beziehungen erlebt habe, haben das heutige Ich geformt. Trotzdem, immer wenn ich von Fremden gefragt werde, wie es in Rumänien ist, antworte ich schnell und ohne nachzudenken, dass es schlecht ist, mit dem nachträglichen Hinzufügen, dass es schön zu bereisen ist, schlecht aber zu bewohnen. Ich habe es endlich begriffen, dass ich selbst für die Fortsetzung der Stereotype und des schlechten Bildes meines Landes verantwortlich bin. Ich mache das als Folge von Frustration, und meine Frustration kommt als Folge von Bevorzugung. Ich habe das Glück gehabt eine sehr gute Erziehung zu bekommen. Ich habe die Gelegenheit herumzureisen gehabt, und konnte unterschiedliche Bildungssysteme, Lebens- und Menschenarten vergleichen. Das hat mich dankbar gemacht, aber auch teilweise blind. Ich erwartete, dass alle meine Mitmenschen mindestens so viel erlebt haben wie ich. Aber die Wahrheit ist, 50% der Rumänen haben meine Chancen nicht gehabt. Ich spreche hauptsächlich von den Dorfkindern, die immer noch kilometerlang zur Schule laufen müssen. Ich spreche von Jugendlichen, die keine Unterstützung von ihren Eltern bekommen und die nicht wissen, wie anders es sein kann. Ich spreche von Erwachsenen die keine Ahnung von Freizeitaktivitäten wie Wandern, Theater, Freiwilligenarbeit haben. Entweder, weil sie am Ende des Arbeitstages so ausgelaugt sind, dass sie kein Zeit dafür finden, oder weil niemand ihnen diese Möglichkeit beigebracht hat. Das Leben der Meisten fasst sich in einem Zyklus aus Arbeiten, Essen, Fernsehen und schlafen zusammen. Wenn ich gefragt werde, was Rumänen von Deutscher unterscheidet, habe ich geantwortet, dass Deutsche sich besser um sich kümmern. Viele Rumänen wissen nicht was das bedeutet. Die Rentner, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, können sich Medikamente nicht leisten, und sehr viele brauchen diese Medikamente genau wegen der Art, wie sie ihr Leben gelebt haben. Rumänien ist also arm und relativ unfortschrittlich. Seit 1990 sind 21.000 Ärzte ausgewandert, weil sie im Ausland hochgeachtet und viel besser bezahlt werden. Es ist die Aufgabe der Regierung, sich um die Probleme des Volkes zu kümmern, aber wie können Menschen, die genau aus dieser Menschensklasse stammen, ihren eigenen Profit beiseite stellen und an das Gemeinwohl denken? Toleranz, Selbstlosigkeit und Entschlossenheit sind Sachen, an denen noch viel unter Rumänen gearbeitet werden müssen.
Zum Glück, gibt’s eine frische Welle von Jugendlichen, die für ihr Land kämpfen. Ungefähr 400.000, die gegen Ungerechtigkeit protestieren, die sich verweigern, Teil des korrupten Systems zu sein, die „westliche“ Initiativen im Land umsetzen, die sich um die Ausbildung der Bevölkerung kümmern. Das Land bietet naturbelassene Gebiete, atemberaubende Wälder und Gebierge, weil Infrastruktur und Förderung so mangelhaft sind. Viele Rumänen sind offen und freundlich und bereit, Veränderung anzunehmen, aber viele wissen nicht, welche Mittel für Veränderung es gibt. Und diejenigen die noch von der kommunistischen Zeiten geprägt sind, sterben langsam aus. Was die Europäische Union uns als Land gebracht hat ist die Möglichkeit zu wählen, ob wir auswandern wollen, um unsere Wurzeln zu vergessen (was sich viel schwieriger erwies als erwartet), oder ob wir auswandern bzw. herumreisen wollen, um das Gute in das Land zu bringen und damit unsere eigene Kultur zu schützen und auszubauen. Für diejenigen die, genau wie ich, aufgegeben haben zu hoffen, dass Rumänien noch gerettet werden kann, ich gebe euch einen Tipp: Manchmal braucht man nur einen Arschloch, der deine Gefühle verletzt, um festzustellen, das Optimismus immer eine Wahl ist, und dass wir, die die Chance gehabt haben, den Vergleich zum Ausland zu erleben, viel mehr Kraft zu Veränderungen haben als wir glauben. Ich hinterlasse damit einige Links zu ein paar der wenigen Initiativen, die ihre Arbeit auf eine positive Entwicklung Rumäniens ausrichten.
https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Rumaenien-und-Bulgarien-bluten-aus-Geistige-Eliten-im-Ausland-id28334797.html
https://www.sozialismus.info/2017/02/rumaenien-die-groessten-proteste-seit-1989/
http://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20190227IPR28908/abgeordnete-fur-laura-codruta-kovesi-als-eu-generalstaatsanwaltin
https://www.arte.tv/de/videos/081952-000-A/temeswar-die-drittgroesste-stadt-rumaeniens-boomt/?fbclid=IwAR2D3AhrZdyE6JhIStWpIhjdsmR_62kd0e6BZcLWNTD262wSn7FSXBEpmYA
https://www.patreon.com/dezaburit?fbclid=IwAR2V_GVgzgkpLkFHWmUyUpN08LA4zMiuR95NGojrI4lecwXLUe5dnQXM6Co
https://recorder.ro/
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