Israel und Palästina
Zwei Länder-ein Traum
Gut einen Monat ist es nun her, als ich zusammen mit einer Freundin, mehr oder weniger spontan zehn Tage im Nahen Osten verbracht habe. Die Eindrücke konnten krasser nicht sein. In Kaunas sagt uns noch Schnee und Kälte auf Wiedersehen, nach vier Stunden Flug begrüßten uns Sonne und Wüste in Ovda.
Wir wurden gewarnt vor den strengen Einreisekontrollen und wir wurden nicht enttäuscht. Die Zöllner interviewten uns mit einer Penetranz, die an Unhöflichkeit grenzte und mir das Gefühl gaben nicht willkommen zu sein. Sobald wir jedoch den Stempel im Reisepass hatten, wurde wir mit Schokolade und Broschüren beschenkt. Auf dem Weg von Flughafen nach Eilat passierten wir schon einige Ausbildungslager für Soldaten. Die stetige Militärpräsenz, sogar mitten in der Wüste in Ovda und im öffentlichen Leben, ob es nun am Flughafen oder an der Busstation war, kreierte, entgegen der Intention, kein Gefühl der Sicherheit.
Unsere erste Station auf dem Reiseplan war Ramat Gan, eine Stadt bei Tel Aviv. Entgegen der Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes fuhren wir fünf Stunden mit dem Bus ohne Probleme vom äußersten Süden Israels nach Tel Aviv. Gegen Abend kamen wir bei unseren Couchsurfern Ofir und Hen an. Wir kamen unter auf ihrer Couch. Die beiden besitzen wohl die gestörteste Katze, die ich jemals gesehen habe. Sie machte keinen einzigen Laut, saß nur in einer Ecke des Zimmers und bewegte sich nicht. Wenn eine Katze seelisch abgestumpft und depressiv sein kann, dann war diese der Prototyp.
Am nächsten Tag wurden wir von den Eltern von Ofir zum Shabbatessen eingeladen. Sie besitzen eine atemberaubende Wohnung im 21. Stock mit unglaublichem Blick über Tel Aviv. Nach dem Essen ging es zusammen mit Ofir und Hen nach Jaffa. Während der Fahrt fingen sie an teilweise ihre Meinung über den Nahostkonflikt mitzuteilen. Sie sind genervt vom allgegenwärtigen Militär, dass sie Gaza und die Westbank mit Energie und Wasser versorgen, aber trotzdem mit Raketen angegriffen werden und haben mehr oder weniger aufgegeben, an Frieden in nächster Zeit zu glauben. Sie wollen keinen Schritt mehr auf Palästina zugehen, der Rückzug aus Gaza hat nur mehr Angriffe verursacht. Diese Resignation vermischte sich mit einer generellen Angst vor Palästinenser, da diese eh alle Israelis töten wollen.
Abends motivierte ich mich doch noch, trotz chronischer Müdigkeit, noch mit Ofir in einen Hardrock Club zu gehen. Ich zahlte für einen Becher umgerechnet 6 Euro. Für 0,2 Liter.
Nach vier Stunden Schlaf ging es nach Haifa (einer der wenigen Städte Israels, in der Moslems, Christen und Juden gemeinsam zusammenleben) und nach Cäsare, bevor wir uns nach Jerusalem aufmachten.
In Moza Illit, einem Vorort der Reichen Jerusalems, empfing uns spät abends Ofir und Ariel, die uns für vier Nächte aufnahmen und uns das Nachtleben von Jerusalem zeigten.
Erst am zweiten Tag sahen wir uns Jerusalem an, da wir am ersten Tag eine Führung durch Bethlehem und Umgebung hatten. Zusammen mit unserem Guide fuhren wir durch Bethlehem und die angrenzenden Dörfern.
Das erste Ziel war der Berg Herodiyum, erbaut von Herodes. Von dort hatte man einen fantasctischen Panoramablick über Palästina. Dörfer schmiegen sich sanft an die Hügel. Doch nicht alle sehen gleich aus. Immer wieder fallen Ansammlungen von Häusern mit roten Ziegeldächern auf. Das sind laut dem Völkerrecht illegale Siedlungen der israelischen Regierung mitten im palästinensischen Gebiet.
Dann ging es weiter zur Geburtskirche Jesu. Die befindet sich mitten in Bethlehem. Hier brummt das Leben. Händler bieten lautstark ihre Waren an, an der Ecke wird Shisha geraucht, während sich einige der wenigen Touristen vor dem überdimensionalen Christbaum fotografieren lassen. Kein Militär weit und breit, nur ein paar Polizisten. Der Christbaum ist aber auch das einzig Botanische in der Stadt. Durch Bestimmungen und fehlenden Baugenehmigungen (für Zone B braucht man das OK durch Israel, in Zone C darf generell nicht gebaut werden) kann nur in Zone A gebaut werden. Und das ist nur ein kleiner Teil des Oslo-II-Gebietes, das immer noch nicht von Israel umgesetzt wurde. Dadurch verdichtet sich die Stadtbebauung immens. Die Häuser drängen sich dicht an dicht. Unser Guide erzählte uns, dass viele Palästinenser enttäuscht über die nicht eingehaltenen Versprechen Israels waren und deswegen mit Gewalt und Attentaten versucht hatten, Israel unter Druck zu setzen. Was überraschenderweise nicht funktioniert hatte. Sondern zum Bau des Sicherheitszauns mit einer Länge von fast 700 Kilometer führte. Dieser soll laut Nathanjahu Jerusalem vor Selbstmordanschlägen schützen soll. Die Statistik gibt ihm Recht. Dennoch ist der Zaun nicht fertig gestellt, es gibt viele Lücken, die grüne Grenze ist nicht vollständig gesichert. Auffallend an dem Verlauf der bis zu 15 Meter hohen Mauer ist, dass sie teilweise mitten durch palästinensischen Dörfer führt und nicht auf der offiziellen Grenze des Oslo-II-Abkommen liegt. Sondern weit hinein in die Zone C.
Im Jeep fahren wir durch ein Flüchtlingsheim. Einschusslöcher und die Namen der Menschen, die getötet wurden, säumen die Hauswände. Einige leben dort schon ihr ganzes Leben, da sie nicht ihre Dörfer zurückkehren können, da diese zerstört oder im heutigen Israel, die die Rückkehr entgegen den Genfer Konventionen verhindern, liegen. Ihre Schlüssel zu ihren Häusern haben sie immer noch.
Wir verlassen Zone A und begeben uns auf den Weg in den Westen zum kleinen Dorf Battir, das hinter der Mauer in Zone C liegt. Sobald wir Zone A verlassen, schnallt sich der Fahrer an. Angst vor drakonischen Strafen der israelischen Polizei. Müll liegt überall herum. Die Lebensbedingungen in Zone A, B und C unterscheiden sich. In Zone A spielt sich das Leben in Palästina ab, dort haben die Palästinenser Autonomie, dürfen Entscheidungen treffen. In Zone B, das so wie Zone C auch unter Kontrolle der Israelis steht, sammelt sich der Müll, da Palästinenser dort keine öffentlichen Aufgaben erledigen dürfen. Somit auch keine Müllabfuhr. Sie brauchen von den Israelis Baugehnemigungen. Wird „illegal“ gebaut, reißt die israelische Regierung die Gebäude ab und stellt es den Eigentümern in Rechnung. Was sich viele nicht leisten können, sodass manche Palästinenser ihre eigenen Wohnungen abreißen, um sich nicht zu verschulden. Wir erreichen Battir und kehren zurück nach Jerusalem.
Die nächsten Tage waren geprägt von Sightseeing in Jerusalem. Dann verbrachten wir Weihnachten in Eilat, einer Touristenhochburg am Roten Meer, voll mit Russen. Die Stadt ist berühmt für ihre Korallen und Delfinstrände, die einzigartig in der Welt sind.
Die Reise bestätigte mir, dass Israel immer nach Sicherheit strebt, Palästina nach Freiheit und Selbstbestimmung, die beiden Länder aber nach Jahren von Krieg, Hass und Angst nicht ohne Hilfe von Amerika und Europa Frieden stiften können. Dies sollte jetzt passieren, da beide Gesellschaften immer mehr rechts-konservativer werden, da die Liberalen weniger Kinder bekommen. Sonst rückt ein Kompromiss in den nächsten Jahrzehnten in weite Ferne. Und das wäre das Schlechteste für beide Völker. Die sich von nichts anderem als Freiheit, Sicherheit und Frieden träumen