Irgendwie, irgendwo, irgendwann
Amselles Freiwilligendienst neigt sich dem Ende zu. Was kommt danach? „Plötzlich heißt es: „Auf die Tür, mutig durchmarschiert und zu. Rückfahrkarte ungewiss. Ziel ebenso.““
Da wohl auch die letzten dreieinhalb Monate, die mir hier in Madrid bleiben, wie im Nu verstreichen werden, heißt es jetzt seit geraumer Zeit auch für mich: Studiumssuche, Orientierung oder gar Lebensplanung. Und genauso groß, wie dieses Wort klingt, ist es auch für mich.
Ich habe viel nachgedacht, in der letzten Zeit und eines ist mir dabei wirklich klar geworden: Es scheint, als ob sich die wenigsten Schulabgänger wirklich tiefgründig über die Wahl ihres Studiums oder ihrer Ausbildung Gedanken machen. Ohne Zögern wird sich aus Ideenlosigkeit, wegen des „klangvollen Namens“ eines Faches oder auch der Tradition des Elternhauses wegen eingeschrieben und munter drauf los studiert. Natürlich will ich das nicht allen unterstellen, aber allein unter meinen ehemaligen Klassenkameraden finden sich einige gute Beispiele.
Selbstverständlich kann und soll das jeder für sich halten, wie er will – ich könnte es nicht. Auch wenn immer die Möglichkeit besteht, noch einzulenken, abzubrechen, das Studienfach zu wechseln – lieber vermeide ich Frust und wäge vorher ab, wohin die Reise gehen soll.
Da wären wir aber schon beim nächsten Problem: In Deutschland gibt es laut www.studieren.de 1879 Studiengänge, samt 360 internationalen, die Homepage des „Focus“ spricht sogar von 750 internationalen Studiengängen. Noch nicht miteinberechnet sind die ganzen B.A.-Studiengänge (Berufsakademie) und andere Ausbildungsmöglichkeiten an privaten Unis. Man hat wortwörtlich die „Qual der Wahl“ und auf diese wird man in der Schule eben nicht vorbereitet. Wie auf so vieles andere nicht, was im „echten Leben“ meiner Meinung nach von Relevanz wäre. Gerade die Studienwahl trägt zu einem nicht unerheblichen Teil dazu bei, was später aus einem wird. Auch der Studienort bestimmt spätere Erfahrungen, Freunde, Entwicklungen... Plötzlich heißt es: „Auf die Tür, mutig durchmarschiert und zu. Rückfahrkarte ungewiss. Ziel ebenso.“
So schön die Vorteile unserer heutigen pluralistischen und individualisierten Gesellschaft sind, die beliebige Vielfalt an Lebensmodellen macht einem die Wahl auch nicht unbedingt einfacher. Ich kann alles werden und nichts. Nie waren die Chancen größer, sich frei zu entfalten – gleiches gilt für die Zukunftsangst. Negativschlagzeilen werden einem täglich um die Ohren geschmissen. Wortmonster wie „neuer Höchststand der Arbeitslosigkeit“, „Konkurrenzkampf“, „Entlassungswelle“, „grenzenlose Flexibilität“, „Herunterschrauben der Erwartungshaltung“, „Altersfalle“, „demographischer Wandel“ wollen warnen.
Die Frage ist nun, wie ich damit umgehe. Wer sagt mir, dass nicht schwärzer gemalt wird als nötig? Wem soll ich glauben, wie handeln? Beispielsweise als Liebhaber von altorientalischen Sprachen doch meiner heimlichen Leidenschaft frönen und mich in das Orchideenfach einschreiben? Oder lieber auf der angeblich sicheren Seite fahren, am besten mit Fächern, die nicht um ihre Existenzberechtigung kämpfen müssen, weil sie der Wirtschaft zuarbeiten?
Die Antwort bleibt ungewiss.
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