Ich bin ja in Polen!
SullenGirl erzählt von ihrer Arbeit. Unter all dem Stress erscheint vor ihrem Auge ein lang nicht mehr gesehenes Bild: ihre Mutter und ihr Zuhause!
Ja, da habe ich doch heute tatsächlich bemerkt, dass ich jetzt seit fast zwei Monaten nicht mehr zu Hause war!
Zu solchen Erkenntnissen kommt man hier nicht so schnell, immerhin muss man ja versuchen irgendwie eine wildfremde Sprache zu lernen oder mit wildfremden Menschen über die Organisation des Einkaufes zu diskutieren oder sich generell um den Haushalt kümmern und mal ganz abgesehen von der Arbeit, mit Tätigkeiten, die mir vorher fremd waren... Und dennoch ist mir heute unter all dem Stress ein lang nicht mehr gesehenes Bild vor meinem inneren Auge erschienen: meine Mutter, nach (freiwillig) langem Arbeitstag in der grünen Küche, groß und wir reden über irgendwas. (Das spiegelt keine konkrete Situation wieder, meine Mutter war schon oft groß und in der Küche und wir haben auch oft mal über "irgendwas" geredet) Ja, das treibt dem geneigten Mutterherz sicher Tränen in die Augen (auch wenn ein Herz vermutlich nicht zum Weinen taugt, aber dennoch für ein wenig Wehmut zu haben ist), dass mir bei der Erinnerung an meine Mutter, das verlassene "zu Hause" bewusst wird. Ja, so war das heute, auf dem Weg vom Bus zum Block Nummer 91c, als ich darüber nachdachte, dass ich mir nicht sicher bin, wie man "musi" aussprechen sollte. (Man hat sich da als Deutscher irgendwie...)
Nun gut, also daher ein Bild meiner allerliebsten Heimat: old, dirty Berlin! (Dazu übrigens an alle Nicht-Berliner: In Berlin sind zwei der populärsten Straßen zufällig die Warschauer und die Danziger Strasse.)
Naja, und sonst. Dass man Familie und Freund und Freundinnen nicht, wie sonst, quasi auf Abruf anrufen kann, nein, dass man sie nicht auf Anruf abrufen kann, ist halt so die eine Sache, aber seine grüne Küche oder den Ausblick auf den Harzburger Platz durch die selten geputzten Fensterscheiben im weißen Wohnzimmer und die dazu gehörige Stimmung vermisst man irgendwie nur subtil.
Aber genug davon. Ich werde mal das bisher nur als Namen existierende "Tagebuch" zu einem "Tage-Buch" machen und einfach ganz locker und flockig den heutigen Tag umreißen, ungezwungen aber gekürzt.
Es ist Mittwoch und das heißt: Daily-Center! (uaaah!) Aber es wird besser. (Wenn ich es so formuliere, schummel ich mich ein bisschen daran vorbei zu schreiben, dass es da NICHT cool ist). Nur kurz um noch mal das Bild in den Rahmen zu rücken: Die restliche Woche arbeite ich in einer Werkstatt mit Behinderten, die als etwas leichter behindert eingestuft worden sind (von diversen Ärzten, Lehrern, Prüfern des Staates und so) und Mittwochs arbeite ich in einem Tageszentrum, wo man nicht viele Möglichkeiten hat, da die dortigen "Teilnehmer" wesentlich hilfebedürftiger sind. Und erstaunlicher Weise auch die Pfleger, behaupte ich mal ganz subjektiv. Aber was soll’s. Das Problem ist vor allem, dass die Pädagogen dort schon seit ner geraumen Zeit arbeiten und es schwierig ist jeden Tag mit der selben Motivation am Arbeitsplatz zu erscheinen. Ich weiß, dass das ein, zwei andere Freiwillige nicht so sehr beeindruckt, aber auf mich färbt das sehr stark ab. Heute waren aber zum Glück nur Pädagogen da, die mir größtenteils sympathisch sind (da gibt es nämlich auch andere) und daher war die Stimmung gar nicht schlecht und ich hatte auch Erfolg bei der Kommunikation mit einigen "partizipans", auf Polnisch natürlich. Ja, gut. Das wäre es dann auch schon zu meinem heutigen Tag, denn danach bin ich quasi schnurstracks nach Hause (den Augenbrauenstift kauf ich mir morgen, da ich heute kein Geld dabei hatte) und habe mich gleich auf eine ersehnte E-mail meines Freundes gestürzt, der übrigens zwei Tage in Jerusalem war. Wenn ich etwas dreister wäre, würde ich glatt mal hier ein paar Fotos veröffentlichen (aufgrund der beeindruckenden Wirkung), aber da müsst ihr schon selber mal fragen. Dürfte nicht so schwer sein, er ist ganz lieb.
So, da habe ich mal wieder gekonnt einen Bogen geschlagen, von meinem heutigen Tag ins Nichts quasi und was könnte besser sein, als einen Text mit Nichts zu beenden? (Das war ja jetzt gar kein richtiger Satz und auch gar keine richtige Frage!)